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# taz.de -- Debatte bei Hamburger Ökopartei: Die politische Blässe der Grünen
> Der Altgrüne Kurt Edler wirft seiner Partei Identitätsschwäche und das
> Versiegen ihrer Diskurskultur vor: Bei Themen wie dem Islamismus gäbe es
> viele blinde Flecken
Bild: Islamismus? Feminismus? Debatte nix muss bei den Grünen? Diskursunfähig…
HAMBURG taz | Er kann starke Worte und kühne Thesen. Auch wenn
Polit-Urgestein Kurt Edler längst nicht mehr in den Grünen aktiv ist,
wirbeln seine Analysen zur Lage der Partei diese immer wieder gehörig
durcheinander. So auch am Wochende, als der heute 65jährige in der “Welt„
sich die Grünen mal wieder zur Brust nahm und damit eine hektische Debatte
auslöste.
Im Interview machte der Mitbegründer und Ex-Landeschef der GAL bei den
heutigen Grünen „einen Debatten- und Diskursverlust“ aus, „der fast schon
ein Politikverlust“ sei. Politik werde „nur noch als Fertigprodukt
serviert“, die Mitglieder seien „Zuschauer im eigenen Laden“ und die
Nachwuchs-Grünen handzahm: „Die Angst einen kantigen Gedanken
auszusprechen, ist bei jungen Grünen vorhanden, die ein konfliktscheues
Grundmuster von Politik so verinnerlicht haben, dass es zu ihrer Identität
gehört.“
Dass die innerparteiliche „Diskussionskultur auf den Hund gekommen“ ist,
führe dazu, dass es in der Partei keine „politische Sicht auf die neue
Weltlage“ gäbe und etwa „der Islamismus ein blinder Fleck“ bei den Grün…
sei. Nach den Kölner und Hamburger Neujahrsattacken und den Meldungen über
Übergriffe in den Flüchtlingsheimen habe sich die Partei nicht „mit dem
despotischen Patriarchat“ auseinander gesetzt, sondern sich mehrheitlich
für „eine Parteinahme für ´die´ Migranten“ und damit gegen Frauenrechte
entschieden.
Diese Breitseite wollen die Grünen so nicht auf sich sitzen lassen und
feuerten am Sonntag aus allen Rohren zurück. Edlers Kritik sei teilweise
„infam“ befand Justizsenator Till Steffen: gerade die Grünen hätten nach
den Sislvesterübergriffen gegen Frauen „eben nicht bagatellisiert“ sondern
„mit der Forderung nach einem deutlich klareren Sexualstrafrecht reagiert“,
in dem die Maxime „Nein heißt Nein!“ im Fokus stehe.
Zudem hätten gerade Hamburgs Grüne „gegen anfängliches Zögern der SPD
getrennte Unterbringungsbereiche für Frauen gefordert“ und schon seit
Jahren Diskussionen über die „Entstehungsformen von Islamismus“
organisiert. Lediglich der Kritik Edlers an einer lahmenden Diskurskultur
gibt Steffen teilweise Recht: Die „innerparteiliche Dabatte“ sei „schon m…
lebhafter“gewesen, „mehr Mut sich vorzuwagen könnte gut tun.“
Während die Grüne Landesvorständlerin Katja Husen beklagt, Frauen seien in
der Kritik des „neuentdeckten Frauenrechtlers“ Kurt Edler nur Mittel zum
Zweck“ verweist Parteichef Michael Gwosdz darauf, dass Hamburgs Grünen sich
in einer gut besuchten Arbeitsgruppe mit dem Thema Salafismus „über einen
längeren Zeitpunkt intensiv“ beschäftigt hätten. Die
Bürgerschaftsabgeordnete Stefanie von Berg im Gespräch mit der taz Edler
vor, „mit seiner Kritik, wir würden den Feminismus auf dem Altar der
Toleranz gegenüber den muslimischen Verbänden opfern, vollständig die
innerparteilichen Debatten“ auszublenden. Es gehe darum „den Islam
differenziert zu betrachten und zugleich für die Frauenrechte zu streiten“.
Während alle führenden Funktionsträger der Hamburger Grünen die Kritik
Edlers abkanzelten, erhielt der grüne Kritiker in den sozialen Medien viel
Zuspruch. Und hat damit ein Ziel erreicht: Die Diskussion in und um die
Grünen mal wieder ordentlich zu beleben.
3 Apr 2016
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Sexismusdebatte
Islamismus
Feminismus
Grüne Hamburg
Hamburg
Justiz
Sexuelle Gewalt
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