# taz.de -- Prozess gegen Ex-Serbenführer: 40 Jahre Haft für Karadžić | |
> Er gilt als Hauptverantwortlicher des Massakers in Srebrenica: Radovan | |
> Karadžić. Das UN-Tribunal verurteilt ihn wegen Völkermordes. | |
Bild: „Er verfolgte den Plan, alle Nicht-Serben dauerhaft von bosnischem Gebi… | |
Sarajevo taz | Nicht lebenslänglich wie von der Anklage gefordert, sondern | |
nur 40 Jahre Gefängnis. So lautet das Urteil des UN-Tribunals für | |
Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien gegen den Ex-Serbenführer und | |
Präsidenten der sogenannten Republika Srpska in Bosnien und Herzegowina, | |
Radovan Karadžić. Es wird erwartet, dass dieser in Berufung geht. Das | |
Urteil hat in Sarajevo und Belgrad aus unterschiedlichen Gründen Kritik und | |
Betroffenheit ausgelöst. | |
Das Gericht unter Richter O-Gon Kwon befand den 70-Jährigen in zehn von elf | |
Anklagepunkten wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen | |
die Menschlichkeit schuldig. Die Richter verurteilten Karadžić für schwere | |
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Mord, | |
Ausrottung, Deportationen, Terror und Vertreibung. Opfer waren bosnische | |
Muslime und Kroaten. „Er verfolgte gemeinsam mit anderen den Plan, alle | |
Nicht-Serben dauerhaft von bosnischem Gebiet zu vertreiben“, so der Richter | |
O-Gon Kwon. | |
Bei dem am meisten beachteten Anklagepunkt, dem Genozid in Srebrenica, | |
stellte das Gericht Karadžić‘ Verantwortung fest. Das Gericht sah ihn unter | |
anderem „strafrechtlich verantwortlich“ für das Massaker von Srebrenica, | |
bei dem 1995 nach bisherigen Erkenntnissen 8.372 bosnische Männer ermordet | |
worden sind. | |
Karadžić hätte den Plan zur Einnahme der Enklave Srebrenica schon im März | |
1995 mit dem Oberkommandierenden der Armee, Ratko Mladic, besprochen. Er | |
sei zwar nicht direkt an der Ausführung des Genozides an den Männern von | |
Srebrenica beteiligt gewesen, er habe als Oberkommandierender der Truppen | |
allerdings auch nicht versucht, das Massaker an den Männern von Srebrenica | |
zu verhindern. | |
Karadžić trägt auch die Verantwortung für die 44-monatige Belagerung | |
Sarajevos. Der Beschuss der Stadt mit Artillerie und der Einsatz von | |
Snipern habe sich vor allem gegen Zivilisten gerichtet, so das Gericht. | |
Auch bei allen anderen Anklagepunkten wurde er wegen Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit schuldig gesprochen. | |
## Ein Freispruch | |
Vom Anklagepunkt des Völkermordes in sieben bosnischen Kommunen im Jahre | |
1992 wurde Karadžić allerdings freigesprochen. Die dort von serbischen | |
Einheiten begangenen Verbrechen waren nach Ansicht der Richter kein | |
Völkermord. | |
Obwohl das Gericht konstatierte, dass 1992 von der politischen Führung | |
Krisenstäbe in den betroffenen Gemeinden Bratunac, Foca, Prijedor, Kljuc, | |
Sanski Most, Vlasenica, Zvornik eingerichtet worden waren, erklärte es, | |
dass es sich hier um individuelle Verbrechen handele und nicht um einen | |
systematischen Völkermord. | |
Die Negierung des Völkermordes durch das Gericht an diesem Punkt hat zu | |
großer Betroffenheit bei den Opferverbänden der genannten Gemeinden | |
geführt. Das Urteil könne so nicht akzeptiert werden, erklärte der Verband | |
der Lagerinsassen in der der Gemeinde Prijedor, wo 1992 mindestens 3.500 in | |
den berüchteten Konzentrationslagern Omarska, Keraterm und Trnopolje ums | |
Leben kamen und 50.000 Menschen vertrieben wurden. Die „ethnischen | |
Säuberungen 1992“ seien systematisch geplant und durchgesetzt worden, so | |
der Verband. | |
In Sarajevo zeigten sich viele Mitglieder der Zivilgesellschaft betroffen | |
über das ihrer Meinung nach zu milde Urteil. Die serbische Regierung an, am | |
Freitag zu einer Sondersitzung zusammenzukommen. Die Serbisch Demokratsiche | |
Partei SDS, der Karadžić selbst angehörte, hofft, dass im Berufungsprozess | |
„das Unrecht gegenüber Radovan Karadžić korrigiert wird“. Die | |
nicht-nationalistischen Sozialdemokraten erklärten dagegen, „Karadžić wird | |
in die Geschichte als einer der größten Verbrecher eingehen.“ | |
24 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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