Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Urteil zum Bosnienkrieg: Feigheit bleibt unbestraft
> Der Genozid von Srebrenica wird keine Folgen für den damaligen Chef der
> Blauhelme haben. Was bleibt, ist die Erinnerung an das Versagen der UN.
Bild: Niederländische Soldaten in Potocari 1995 vor hunderten muslimischen Ziv…
Wer sich jemals mit dem Genozid in Srebrenica 1995 beschäftigt hat, der
erinnert sich an die Bilder des niederländischen Offiziers Thomas
Karremans, als dieser nach und während des Mordens an über 8.000 Menschen
mit dem serbischen Oberkommandierenden Ratko Mladic gemeinsam das Glas hob.
Karremans ist seitdem für viele der Inbegriff eines vor dem Massenmörder
eingeknickten rückgratlosen, ja feigen Offiziers der UN-Blauhelme geworden.
Dass der Mann und seine gesamte Truppe noch 2006 für „seine Tapferkeit“ mit
einem Orden des niederländischen Staates ausgezeichnet wurde, bedeutete für
die überlebenden Angehörigen der Opfer eine doppelte Verhöhnung. In der Tat
haben sich die niederländischen UN-Truppen damals nicht mit Ruhm
bekleckert. Als 40.000 Menschen aus der „UN-Schutzzone“ Srebrencia in das
UN-Lager in Potocari flohen, waren sie jedoch auch überfordert. Mit 400
Mann gegen Tausende Serben standen sie auf verlorenem Posten. Und trotz der
Bitten Karremans um Luftunterstützung blieb diese aus.
Die wirkliche Entscheidung über die Aufgabe Srebrenicas und anderer
Enklaven mit all den schrecklichen Folgen wurde weiter oben getroffen, von
der niederländischen Regierung, den Verantwortlichen der UN, den
Mitgliedern des Weltsicherheitsrates, also den wichtigsten Mächten der
Welt.
Trotzdem war es wichtig, dass der ehemalige Übersetzer Hasan Nuhanović, der
drei niederländische Blauhelme bat, seinen Bruder in den rettenden Konvoi
nach Tuzla mitzunehmen, ein Gerichtsverfahren gegen diese angestrengt hat.
Während er selbst mitfahren durfte, wurde sein Bruder von diesen Männern
„wissentlich“ in den Tod geschickt, erklärte er.
2013 erzielten er und seine Mitkläger einen Teilerfolg, das Oberste
niederländische Gericht gestand immerhin eine Entschädigung zu. In der
Sache über die Verstrickung der Blauhelme aber blieb es hart. Am Donnerstag
hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg das Urteil
aus den Niederlanden bestätigt, der Völkermord werde keine strafrechtlichen
Folgen für den damaligen UN-Kommandanten Thomas Karremans haben.
Das niederländische Gericht hätte in dem Fall ausreichend ermittelt. Das
juristische Verfahren im Fall Nuhanović ist damit offenbar abgeschlossen.
Was bleibt, ist die Erinnerung an das Versagen der Vereinten Nationen in
Bosnien. Auch daran, dass Mitarbeiter der Vereinten Nationen – selbst bei
gravierendem Fehlverhalten – über eine Art diplomatischer Immunität
verfügen.
23 Sep 2016
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Srebrenica
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Jugoslawien-Krieg
UN-Blauhelme
Ratko Mladić
Serbien
UN-Tribunal Ex-Jugoslawien
Radovan Karadžić
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien: Die Schuld des General Mladić
Der Prozess gegen Ratko Mladić steht vor dem Ende. Die Anklage hält ihn
verantwortlich für Vergewaltigungen, Vertreibung und Völkermord.
Kommentar Referendum in Bosnien: Eine gefährliche Provokation
Die Republika Srpska hat über ihren Nationalfeiertag abgestimmt. Das Votum
könnte Bosnien-Herzegowina erneut in den Abgrund reißen.
Ex-Sprecherin von UN-Chefanklägerin: Verhaftet vor dem Gericht
Wurden beim UN-Tribunal für Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien politische
Absprachen getroffen? Der Fall Hartmann könnte das nahelegen.
Prozess gegen Ex-Serbenführer: 40 Jahre Haft für Karadžić
Er gilt als Hauptverantwortlicher des Massakers in Srebrenica: Radovan
Karadžić. Das UN-Tribunal verurteilt ihn wegen Völkermordes.
UN-Tribunal in Den Haag: Lebenslang für zwei Srebrenica-Mörder
Zwei Mittäter des Massakers von Srebrenica 1995 wegen Völkermords
verurteilt. Hohe Haftstrafen für weitere Angeklagte.
Kriegsverbrechen: Serbien entschuldigt sich für Srebrenica
Fast 15 Jahre nach dem Massaker in der ostbosnischen Stadt Srebrenica hat
das serbische Parlament die Gräueltat verurteilt. Das Massaker gilt als das
größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.