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# taz.de -- „Kid's Festival“ in Sarajevo: Fanal gegen den Nationalismus
> Seit 13 Jahren organisiert eine Deutsche in Sarajevo ein Festival für
> zehntausende Kinder. Endlich darf sie es im Stadtzentrum ausrichten.
Bild: In Sarajevo versteht man es, zu feiern: Familienamusement auf einem Berg …
Sarajevo taz | Endlich hat sie es geschafft. Das „Kids Festival“ findet
nicht mehr auf dem verfallenden Gelände des ehemaligen Olympiazentrums in
Sarajevo, sondern genau in der Stadtmitte statt. „Bis zum Schluss musste
ich den Bezirksbürgermeister und die Stadtoberen überzeugen“, sprudelt es
aus der knapp 50-jährigen Susanne Prahl heraus. „Es gab administrative,
aber auch politische Bedenken.“
Als die in Kiel geborene und in Paris ausgebildete Kunsthistorikerin,
Produktions- und Eventmanagerin, die schon während des Krieges im
Zusammenhang mit einem Dokumentarfilm 1994 nach Sarajevo kam und bis heute
geblieben ist, das Kids-Festival vor 13 Jahren gründete, „dachten viele
Freunde und Bekannte, ich sei bekloppt“. Denn sie verstieß gegen alle
politischen und diplomatischen Regeln.
Ihr gingen acht Jahre nach Kriegsende die sich weiter verfestigenden
Konflikte zwischen den nationalen Lagern der Volksgruppen der Serben,
Muslime und Kroaten auf die Nerven. Sie wollte dem etwas entgegensetzen.
„Das Kids-Festival war also von Beginn an ein politisches Projekt“, sagt
Susanne Prahl.
Denn die Kinder in Bosnien und Herzegowina, gleich welcher Herkunft,
sollten ihrer Meinung nach – gegen die Politik der Trennung – gemeinsam
feiern, gemeinsam etwas lernen, positive Gefühle mit nach Hause nehmen.
## 30.000 Kinder sind eine echte Herausforderung
Natürlich hatte sie Schwierigkeiten, Geld aufzutreiben. Die Botschaften
zierten sich, die EU gab zwar später einen zeitlich begrenzten Zuschuss,
war aber nicht begeistert. Warum, zeigte die OSZE ganz offen: Nach ihrer
Version sollten die Kinder erst als Bosniaken, Serben und Kroaten getrennt
und dann wieder als Projekt zusammengeführt werden.
„Das war natürlich Irrsinn, für mich sind Kinder Kinder und nicht Serben,
Kroaten oder Muslime“, sagt Prahl. Eltern und Kinder sollten sich selbst
organisieren. „Das hat dann auch geklappt, wir haben Lehrer und
Bürgermeister, Eltern und Institutionen angesprochen und natürlich vor
allem die Kinder. Einige Medien haben uns geholfen.“
Dass in manchen Jahren 30.000 Kinder nach Sarajevo kamen, war logistisch
eine große Herausforderung, „Man glaubt es kaum, die Bundeswehr hat mir
Rückendeckung gegeben, ohne sie wären die ersten Kids Festivals gar nicht
zustande gekommen“, freut sich Susanne Prahl. Als keineswegs groß
gewachsene und nicht gerade schwergewichtige Frau war sie gefordert, den
regionalen Politikern und Repräsentanten der internationalen Gemeinschaft
die Stirn zu bieten, um das Konzept der sich selbst organisierenden
Initiativen durchzusetzen.
## Unterstützung, aber nicht aus Deutschland
Viel Unterstützung bekam die Deutsche über all die Jahre von der deutschen
Seite nicht. „Dagegen haben sich der italienische und französische
Botschafter für eine Deutsche eingesetzt, die das größte Kinderfestival des
Balkans organisiert.“ Seit dem 3. Juni feierten die Kinder im Stadtzentrum,
begannen mit einer Demonstration durch die historische Altstadt, der
Bascarsija.
Diesmal berichteten die Medien breit über das Ereignis. Hunderte von
freiwilligen HelferInnen zeugen zudem vom Erfolg des nichtnationalistischen
Selbstverwaltungskonzepts. Die meisten von ihnen waren vor Jahren noch
selbst Kinder. Jetzt sind sie Organisatoren. In Tunesien, in Bulgarien,
Nigeria und Italien folgen neue Initiativen dem Beispiel Sarajevos.
5 Jun 2016
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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