# taz.de -- Karneval der Geflüchteten in Berlin: Großes Theater gegen Rassism… | |
> Zum Internationalen Tag gegen Rassismus ziehen am Sonntag Tausende durch | |
> Kreuzberg. Mit Musik und Tanz fordern sie Bleiberecht für alle. | |
Bild: Mit Masken und Musik gegen Grenzen und für ein Bleiberecht für alle | |
Der Karneval der Geflüchteten beginnt mit einem symbolischen Einreißen und | |
Abschaffen von Grenzen. Hunderte Menschen strecken ihre Hände über die | |
Köpfe. Sie ziehen an einer über 20 Meter langen und etwa fünf Meter breiten | |
Stoffbahn. Von einem Lautsprecherwagen aus entrollen sie so nach und nach | |
über ihren Köpfen ein Banner, auf dem das Wort „Grenzen“ in verschiedenen | |
Sprachen steht. Am Ende ist das Banner über den Köpfen eines Großteils der | |
Menschen ausgebreitet, die sich am Sonntagmittag am Platz der Luftbrücke | |
zum „Karneval der Geflüchteten“ versammelt haben. Das Banner aus dünnem, | |
weißen Stoff wird dann in kleine Fetzen zerrissen, fallen gelassen und auf | |
dem Boden zertrampelt. Kurz darauf setzt sich der Zug in Richtung | |
Mehringdamm in Bewegung. | |
Rund 2.300 Menschen nahmen nach Angaben der Polizei an dem Umzug teil, die | |
Veranstalter selbst sprachen von mindestens 5.000 Menschen. Darunter waren | |
viele Geflüchtete, doch gemessen an der Zahl der Menschen, die im | |
vergangenen Jahr in der Stadt angekommen sind, wirkte ihr Anteil eher | |
gering. | |
Vom Platz der Luftbrücke ging es mit Musikwagen und Tanz über den | |
Mehringdamm, durch die Bergmannstraße, durch Kreuzberg, bis zur Ohlauer | |
Straße und zum Spreewaldplatz. Weil es allerdings wenig Zuschauer an der | |
Strecke gab, wirkte der Umzug statt als Karneval eher wie eine | |
Demonstration. Die Teilnehmer forderten laut Bleiberechte für Geflüchtete | |
ein. | |
Die Kundgebung am Platz der Luftbrücke sollte ein Zeichen gegen die | |
geplante Massenunterkunft auf dem Tempelhofer Flughafengelände setzen. Aus | |
der bereits bestehenden Notunterkunft in den Hangars des ehemaligen | |
Flughafens seien allerdings kaum Bewohner gekommen, sagt Bashir Mustafa aus | |
Syrien, der zurzeit selbst dort lebt. „Viele kennen die Kultur noch nicht | |
und wissen nicht, was Karneval ist“, vermutet er. In der Unterkunft habe es | |
vorher Flyer gegeben. Doch nach seiner Einschätzung hätten viele die | |
Hoffnung aufgegeben, dass sich etwas ändert. „Wir haben das Gefühl, dass | |
niemand unsere Stimme hört und dass es keine Regierung der Welt wirklich | |
kümmert, was in Syrien seit fünf Jahren passiert.“ | |
## Kritik an den Veranstaltern | |
Flüchtlingsselbstorganisationen, Theatermacher und Kulturschaffende hatten | |
zum globalen Aktionstag gegen Rassismus zu dem Umzug aufgerufen und sich | |
dafür in dem Bündnis „My Right is your Right“ zusammengeschlossen. | |
Initiator war das Theaterkollektiv Refugee Club Impulse. Daneben | |
beteiligten sich unter anderem das Deutsche Theater, Gorki, Grips und die | |
Schaubühne. | |
Im Vorfeld hatte unter anderem die Gruppe „Antisemit*innen blockieren“ das | |
Bündnis auf Indymedia kritisiert. Sie warfen den VeranstalterInnen vor, | |
dass sie mit „offen antisemitisch beziehungsweise israelfeindlich | |
auftretenden Gruppen“ zusammenarbeiteten, da Gruppen wie „For-Palestine“ | |
und „BDS Berlin“, die sich für einen Boykott Israels stark machen, an der | |
Demo teilnahmen. Aus dem Bündnis selbst hieß es am Sonntag, man wolle sich | |
jetzt auf das Event konzentrieren, werde aber in den nächsten Tagen zu den | |
Vorwürfen Stellung nehmen. „Es ärgert mich, dass die Arbeit der Gruppen mit | |
dem Vorwurf des Antisemitismus so in den Dreck gezogen wird“, sagte | |
Mohammed Jouni von der Organisation Jugendliche ohne Grenzen. | |
20 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Uta Schleiermacher | |
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