# taz.de -- Vor dem EU-Türkei-Flüchtlingsgipfel: Bitten und warnen | |
> Merkel verlangt, den bisherigen EU-Beschlüssen Taten folgen zu lassen. | |
> Überschattet wird der Gipfel vom De-facto-Verbot der türkischen Zeitung | |
> „Zaman“. | |
Bild: Warten auf Entscheidungen der Politik: Geflüchtete entladen einen Contai… | |
BRÜSSEL/BERLIN dpa | Die EU-Staats- und Regierungschefs setzen beim | |
Flüchtlingsgipfel mit der Türkei auf Zusagen Ankaras für eine rasche | |
Rücknahme von Migranten ohne Asylanspruch. Damit komme die EU ihrem | |
obersten Ziel näher, den Zustrom einzudämmen, berichteten Diplomaten | |
unmittelbar vor dem Sondergipfel an diesem Montag in Brüssel. Gerade noch | |
rechtzeitig wurden letzte Details des Nato-Einsatzes zur [1][Bekämpfung der | |
Schlepperkriminalität in der Ägäis geklärt]. Dabei ging es darum, das | |
Seegebiet festzulegen, in dem die Schiffe operieren. | |
Die Gespräche mit der Türkei werden belastet von der staatlichen | |
[2][Übernahme der regierungskritischen türkischen Zeitung Zaman] und dem | |
Umgang Ankaras mit Menschen- und Grundrechten wie der Pressefreiheit. Die | |
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verlangte, „dass die Türkei als | |
Beitrittskandidat hohe demokratische Maßstäbe respektieren und fördern | |
muss, einschließlich der Pressefreiheit.“ | |
Es sei klar, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, dass „die EU bei | |
der Einhaltung ihrer Grundwerte keine Abstriche machen wird“. Die Grünen | |
warnten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die EU davor, sich in der | |
Flüchtlingspolitik von der Türkei erpressen zu lassen. | |
Die 28 EU-Staaten treffen sich am Montag bereits zum zweiten Mal innerhalb | |
von gut drei Monaten mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet | |
Davutoglu. Der eintägige Gipfel ist eine wichtige Wegmarke für Kanzlerin | |
Merkel. Sie hat in der Krise nur noch wenig europäische Verbündete – zu | |
ihnen gehört EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. | |
Merkel verlangt, den bisherigen EU-Beschlüssen Taten folgen zu lassen. „Ich | |
erwarte, dass wir Schritt für Schritt das praktisch umsetzen, worauf wir | |
uns beim letzten Europäischen Rat im Februar mit allen 28 Mitgliedstaaten | |
geeinigt haben. Wir können diese Herausforderung nur gemeinsam bewältigen“, | |
sagte sie der Bild am Sonntag. Es gehe um die Verwendung der Ankara | |
zugesagten drei Milliarden Euro Flüchtlingshilfe, den Schutz der | |
EU-Außengrenzen und Hilfen für Griechenland. | |
## Merkel rügt Griechenland | |
Nach der weitgehenden Abschottung der Balkanroute campieren derzeit | |
[3][Tausende Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze]. Der | |
Sprecher des UN-Hilfswerks UNHCR im Flüchtlingslager Idomeni sprach am | |
Sonntag von einer „humanitären Krise“ und einem „Weckruf für die führe… | |
Politiker der EU.“ Täglich träfen in Idomeni immer noch zehnmal mehr | |
Flüchtlinge ein, als Mazedonien auf der sogenannten Balkanroute | |
weiterreisen lasse. | |
Merkel rügte Griechenland dafür, nicht rechtzeitig bis Ende 2015 die | |
zugesagten 50.000 Aufnahmeplätze geschaffen zu haben. Die Bundesregierung | |
will vorerst keine der in Griechenland gestrandeten Migranten in | |
Deutschland aufnehmen. Griechenland sei in einer schwierigen, aber lösbaren | |
Situation, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Deutschland und | |
andere EU-Staaten hätten pro Kopf viel mehr Asylsuchende im Land. | |
Nach dem Treffen mit Davutoglu werden die 28 EU-Chefs unter sich beraten. | |
Sie wollen dem Vernehmen nach ein deutliches Zeichen setzen, dass die Lage | |
auf dem Kontinent nicht aus Ruder läuft. Nach dem Willen der EU-Chefs soll | |
auf dem Weg über den westlichen Balkan die Politik des „Durchwinkens“ bis | |
nach Deutschland enden. Das käme einer dauerhaften Schließung dieser Route | |
gleich. Juncker pocht zudem darauf, das Schengen-System für den passfreien | |
Reiseverkehr zu retten. Dafür soll der Schutz der Außengrenzen gestärkt | |
werden. Um einen humanitären Notstand in Griechenland abzuwenden, hat die | |
EU-Kommission eine Nothilfe von 700 Millionen Euro vorgeschlagen. | |
Nach Einschätzung des EVP-Fraktionschefs Manfred Weber (CSU) wird die EU | |
nicht darum herumkommen, der Türkei eine bestimmte Zahl an Flüchtlingen | |
abzunehmen. Wichtig sei es, in absehbarer Zeit mit einer geregelten | |
Aufnahme zu beginnen, sagte Weber der dpa. Im Einladungsbrief von | |
Gipfelchef Tusk ist von Kontingenten keine Rede. | |
Die Grünen-Politikerin Claudia Roth warnte davor, sich von der Türkei | |
erpressen zu lassen. „Die EU hat sich in eine fatale Abhängigkeit von | |
Präsident Recep Tayyip Erdogan begeben und ist nun in der Hand dieses | |
Autokraten“, sagte sie der Welt. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte, Merkel | |
müsse aufhören, „absichtlich jede menschenrechtliche Sauerei in der Türkei | |
zu übersehen“. Es wäre fatal, wenn vom Gipfel in Brüssel das Signal | |
ausginge, dass die EU „über Menschenrechtsverletzungen hinwegsieht, weil | |
ihr die Zugeständnisse in der Flüchtlingspolitik wichtiger sind“, sagte er | |
den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. | |
6 Mar 2016 | |
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