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# taz.de -- Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa: Die Balkanroute ist dicht
> Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien machen ihre Grenzen dicht. An
> der Kooperation zwischen der EU und der Türkei gibt es Kritik.
Bild: An der Grenze zwischen Serbien und Mazedonien im Dezember.
Ljubljana afp | Die Flüchtlingsroute von der Türkei Richtung Nordwesteuropa
ist faktisch dicht: Slowenien hat am Dienstag angekündigt, keine
Flüchtlinge mehr durchzulassen. Künftig dürften Schutzsuchende nur nach
Slowenien kommen, wenn sie dort Asyl beantragen wollten oder in
Einzelfällen aus humanitären Gründen, erklärte das Innenministerium. Als
Reaktion kündigten Serbien, Kroatien und Mazedonien ihrerseits an, ebenso
zu verfahren.
Slowenien setzte die neuen Maßnahmen um Mitternacht in Kraft. Die serbische
Regierung in Belgrad teilte nach der Ankündigung Sloweniens mit, ihrerseits
an den Grenzen zu Mazedonien und Bulgarien ebenso zu verfahren. Serbien
könne nicht „akzeptieren, ein Aufnahmezentrum für Flüchtlinge“ zu werden.
Auch der kroatische Innenminister Vlaho Orepic sagte dem Fernsehsender RTL,
sein Land werde nur noch Flüchtlinge mit gültigen Visa einlassen.
Mazedonien schloss sich den Maßnahmen ebenfalls an.
Ende Februar hatten Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien bereits
drastisch die Einreisemöglichkeiten beschränkt, indem sie Tagesobergrenzen
von 580 Flüchtlingen einführten. Das an Griechenland grenzende Mazedonien
ließ nur noch wenige hundert Flüchtlinge pro Tag passieren. Nach den neuen
Ankündigungen ist die Balkanroute nun faktisch dicht.
Andere EU-Staaten wie Deutschland hatten zuvor nationale Alleingänge
kritisiert und eine EU-weite Antwort auf die Flüchtlingskrise gefordert. In
Griechenland bildete sich inzwischen ein Rückstau von 36.000 Flüchtlingen,
die nicht mehr über die mazedonische Grenze gelassen werden.
## Eine „Schande für unsere Kultur“
Die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Griechenland sei von „zentraler“
Bedeutung, sagte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu bei einem
Treffen mit seinem griechischen Kollegen Alexis Tsipras in Izmir. Die Ägäis
dürfe nicht länger „ein Meer der Trauer und der Hoffnungslosigkeit sein“,
fügte Davutoğlu unter Hinweis auf die zahlreichen Flüchtlinge hinzu, die
beim Versuch der Überfahrt nach Griechenland ertranken. Auch Tsipras sagte,
die gefährliche Überfahrt mit behelfsmäßigen Booten sei ein „Schande für
unsere Kultur“.
Davutoğlu hatte zuvor mit seinem Angebot zur Rückübernahme von Flüchtlingen
die Teilnehmer des EU-Gipfeltreffens in Brüssel überrascht. Während bisher
der gemeinsame Kampf gegen Schlepper im Vordergrund stand, schlug Davutoğlu
nun vor, alle neu eintreffenden Flüchtlinge aus Griechenland
zurückzunehmen. Für jeden zurückgebrachten Syrer solle die EU jedoch einen
Syrer auf legalem Weg aufnehmen.
In der Gipfelerklärung wird der Vorschlag „herzlich begrüßt“. Alle 28
EU-Staaten erklärten, dass sie die Eckpunkte mittragen. Dem Geschäft der
Schlepper soll das Wasser abgegraben werden, da sich die gefährliche Reise
über die Ägäis nicht mehr lohnen würde. Eine Schließung der Balkanroute,
über die im vergangenen Jahr mehr als 850.000 Menschen kamen, steht nicht
wie von einigen Ländern gewünscht in den Eckpunkten.
Die Türkei fordert als Gegenleistung, dass der Visa-Zwang für türkische
Bürger „spätestens im Juni“ entfällt. Darüber hinaus will Ankara, dass …
neue Verhandlungskapitel in den EU-Beitrittsgesprächen „so schnell wie
möglich“ eröffnet werden. Zudem erwartet die Türkei mehr Geld für die
Versorgung der 2,7 Millionen syrischen Flüchtlinge im eigenen Land. Zu den
zugesagten drei Milliarden Euro bis 2017 sollen für 2018 nochmals drei
Milliarden Euro hinzukommen.
EU-Rat und Kommission wollen am Mittwoch die Ergebnisse im Europaparlament
präsentieren. Die Kritik an den Plänen hielt unterdessen an.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der Passauer Neuen Presse
(Mittwochsausgabe), die Europäer würden gegenüber der Türkei nur noch als
Bittsteller auftreten. „Die EU schweigt zu den brutalen
Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Das ist beschämend.“ Dabei
brauche die Türkei die EU genauso wie umgekehrt.
9 Mar 2016
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