# taz.de -- EU-Flüchtlingsgipfel: Merkel will keine Grenzerin sein | |
> Die Bundeskanzlerin hat sich gegen die Schließung der Balkanroute | |
> ausgesprochen. Und Ratspräsident Tusk will den Gipfel länger laufen | |
> lassen als geplant. | |
Bild: Oder ist es nur Schönwetterpolitik? Noch ist das letzte Wort nicht gespr… | |
Brüssel rtr/dpa | | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat unmittelbar vor dem | |
EU-Gipfel zur Flüchtlingszuwanderung der Forderung nach Schließung der | |
Balkanroute widersprochen. „Es kann nicht sein, dass irgendetwas | |
geschlossen wird“, sagte sie am Montag beim Eintreffen im Gipfelgebäude. | |
Die Zahl der Flüchtlinge müsse nicht nur für einige Länder, sondern für | |
alle verringert werden. Dazu sei eine „nachhaltige Lösung“ gemeinsam mit | |
der Türkei erforderlich. | |
Das Land spiele dafür eine Schlüsselrolle, sagte Merkel am Montag in | |
Brüssel vor Beginn des EU-Türkei-Gipfels. So müsse einerseits die Situation | |
der Flüchtlinge in der Türkei verbessert werden, um Fluchtursachen zu | |
bekämpfen. Andererseits müsse die Zahl der in die EU kommenden illegalen | |
Flüchtlinge verringert werden. Dafür müsse man gemeinsam die | |
EU-Außengrenzen schützen und mit der Türkei zusammenarbeiten. | |
Den Gipfel will EU-Ratschef Donald Tusk deutlich länger laufen als zunächst | |
geplant. Es solle ein – bisher nicht angekündigtes – Abendessen mit dem | |
türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu geben, berichteten | |
Diplomaten am Montag in Brüssel. Davutoglu habe „neue und ehrgeizige Ideen“ | |
vorgelegt. Dem Vernehmen nach geht es darum, dass Ankara mehr Flüchtlinge | |
aus Griechenland zurücknehmen könnte als bisher angekündigt. | |
Bei der Gipfelvorbereitung war lediglich davon die Rede gewesen, dass | |
Wirtschaftsflüchtlinge übernommen werden sollen. Am Rande des | |
Spitzentreffens berichteten Diplomaten, dass möglicherweise auch Syrer in | |
die Türkei zurückgeschickt werden könnten. | |
Merkel kritisierte, ohne einzelne osteuropäische Länder oder Österreich | |
beim Namen zu nennen, einseitige Maßnahmen, die nur einigen wenigen | |
EU-Staaten helfen würden. Österreich und einige Staaten auf der sogenannten | |
Balkanroute hatten unilateral nationale Obergrenzen für die Aufnahme von | |
Asylbewerbern oder durchreisende Migranten aufgestellt. Deshalb stranden | |
immer mehr zurückgewiesene Migranten an der teilweise geschlossenen | |
griechisch-mazedonischen Grenze im EU-Staat Griechenland. | |
Nötig sei es, allen EU-Staaten zu helfen, auch Griechenland, sagte die | |
Kanzlerin. „Ich hoffe, dass wir beim Erreichen dieser Ziele einen Schritt | |
weiterkommen“, sagte Merkel mit Blick auf den Gipfel. Sie erwarte aber | |
schwierige Verhandlungen. In der Nacht hatte sie bereits ein mehr als | |
fünfstündiges Gespräch mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark | |
Rutte und dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoglu. Am Morgen traf sie | |
in Brüssel unter anderem mit Rutte und EU-Ratspräsident Donald Tusk | |
zusammen. | |
## SPD verteidigt Türkei | |
Die SPD hat die Zusammenarbeit mit Ankara trotz der jüngsten Repressalien | |
gegen regierungskritische Medien verteidigt. Das Vorgehen der türkischen | |
Regierung gegen die Redaktionen von Zaman und anderen Medien sei | |
„erschreckend und in keiner Weise akzeptabel“, sagte SPD-Generalsekretärin | |
Katarina Barley der Passauer Neuen Presse. Darüber müsse es mit dem | |
Nato-Partner „eine harte und kritische Auseinandersetzung geben“. Es gebe | |
aber keine Alternative zur Zusammenarbeit. | |
„Wenn die Türkei mit der EU ein Abkommen über die Sicherung der Außengrenze | |
schließt, wird eine große Zahl von Flüchtlingen im Land bleiben müssen“, | |
sagte die SPD-Generalsekretärin. „Für die Aufnahme dieser Flüchtlinge muss | |
die EU die Türkei finanziell entlasten.“ | |
Kritik kam von der Linkspartei im Bundestag. Die Fraktionsvorsitzende Sahra | |
Wagenknecht sagte den Ruhr Nachrichten: „Sich jetzt auch noch von | |
(Präsident Recep Tayyip) Erdogan erpressbar zu machen, der die | |
Meinungsfreiheit im eigenen Land mit Füßen tritt, Krieg gegen die kurdische | |
Bevölkerung führt und terroristische Islamisten in Syrien unterstützt, ist | |
ein Armutszeugnis und das genaue Gegenteil einer europäischen Lösung.“ | |
7 Mar 2016 | |
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