| # taz.de -- NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe: „Verdient, dahinzuvegetieren“ | |
| > Im Verbotsverfahren wird die Gefahr der rechtsextremen Partei diskutiert. | |
| > Die angehörten Experten sind sich in der Sache nicht einig. | |
| Bild: Aufgrund der Verhandlungen im Rampenlicht: NPD-Chef Frank Franz. | |
| KARLSRUHE taz | Am Mittwochmittag besinnt sich Peter Richter eines | |
| Besseren. Vehement hatte der NPD-Anwalt zuvor abgelehnt, sich zu den | |
| Vorwürfen gegen die NPD im seit Dienstag geführten Verbotsverfahren vor dem | |
| Bundesverfassungsgericht zu äußern. Nicht möglich sei dies, so Richter, da | |
| man eine Überwachung fürchte. Nun macht er die Kehrtwende. | |
| „Wir werden uns doch einlassen“, sagt Richter plötzlich. Er habe, so gut es | |
| ging, ein „kurzes Papier“ vorbereitet. Dann öffnet Richter seinen | |
| Aktenkoffer, legt einen Ordner mit hunderten Seiten auf die Richterbank. | |
| Kurzes Erstaunen unter den Robenträgern, dann Gelächter. Ein spontanes, | |
| „kurzes Papier“? Soso. | |
| Peter Richter blieb keine andere Wahl. Der Strafsenat hatte zuvor | |
| bekanntgegeben, dass er – anders als beim ersten Verbotsversuch 2002 – | |
| keine Verfahrenshindernisse sieht, kein V-Leute-Problem. Am | |
| Mittwochnachmittag nun ging es damit ans Eingemachte: die Vorwürfe gegen | |
| die rechtsextreme Partei. | |
| Der Senat befragte dafür vorerst vier geladene Auskunftspersonen, allesamt | |
| Rechtsextremismus-Experten. Und die stritten kontrovers über ein | |
| NPD-Verbot. | |
| Als klarer Gegner trat der Chemnitzer Politikprofessor Eckhard Jesse auf. | |
| „Die NPD ist keine Bedrohung, sie spielt keinerlei Rolle“, sagte er. Die | |
| Partei sei in der Krise, in Parlamenten isoliert, ihre Dominanzansprüche | |
| seien nur Floskeln. „Die NPD verdient es, weiter dahinzuvegetieren.“ | |
| ## „Ein Grundwiderspruch zum demokratischen System“ | |
| Steffen Kailitz, auch er Politikprofessor in Sachsen, ein Schüler Jesses, | |
| widersprach. Die NPD sei ein „Kristallationspunkt“ der rechtsextremen | |
| Szene. Sie fordere in ihren Programmen die „Rückführung“ von Migranten, | |
| spreche von „Mischlingen“ und „Bastarden“, die nicht zur | |
| „Volksgemeinschaft“ gehörten. Für Kailitz sei allein dies „ein derartig… | |
| Grundwiderspruch zum demokratischen System, dass die NPD verboten gehört“. | |
| Der Dortmunder Politikprofessor Dierk Borstel warnte vor Gefahren im | |
| Lokalen. Jahrelang forschte er über die NPD in der Region Anklam | |
| (Mecklenburg-Vorpommern). Die Partei sei dort Normalität geworden, | |
| berichtete Borstel. Widerspruch trauten sich nur wenige Bürger. Vor allem | |
| Flüchtlinge hätten Angst vor rechtsextremer Gewalt. „Dort gibt es massive | |
| Probleme der demokratischen Kultur.“ | |
| Die Rechtsextremismusexpertin und Journalisten Andrea Röpke wies | |
| schließlich auf die Gewalttätigkeit der NPD hin. Gegner der NPD würden | |
| eingeschüchtert, auch Funktionäre seien gewalttätig geworden. Sie selbst | |
| werde regelmäßig bedroht und von Veranstaltungen ausgesperrt, schilderte | |
| Röpke. Nebenher bildeten NPD-Mitglieder „völkische Netzwerke“, stimmten | |
| auch schon mal ein Lied der Hitlerjugend an, wenn sie unter sich seien. | |
| „Wir sollten nicht warten, bis sie wieder stärker werden.“ Die Richter | |
| hörten aufmerksam zu. | |
| 2 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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