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# taz.de -- Flüchtlingsabwehr in der Ägäis: Nato-Schiffe müssen warten
> Der Anti-Schleuser-Einsatz der Bundeswehr im Mittelmeer stockt. Wird die
> Türkei aufgegriffene Flüchtlinge überhaupt zurücknehmen?
Bild: Einsatzgruppenversorger „Bonn“ wartet auf den Einsatz in griechischen…
Berlin taz | Der zur Flüchtlingsabwehr in die Ägäis entsandte
Nato-Schiffsverband befindet sich weiterhin in Wartestellung. Die
Kriegsschiffe kreuzen derzeit noch außerhalb der Hoheitsgewässer der Türkei
und [1][Griechenlands, wo derzeit Tausende Flüchtlinge festsitzen]. Es
fänden noch „letzte Ausplanungen“ statt, bis die Mitte Februar beschlossene
Mission „finalisiert beginnen“ könne, sagte ein Sprecher des
Bundesverteidigungsministeriums der taz.
Hintergrund sind bislang noch fehlende Absprachen mit Griechenland und der
Türkei, welche nationalen Gewässer der beiden Länder die Kriegsschiffe der
„Standing NATO Maritime Group 2“ befahren dürfen. Der Einsatzverband wird
vom deutschen Versorgungsschiff „Bonn“ geführt und steht unter dem Kommando
des deutschen Flottillenadmirals Jörg Klein. Offizieller Auftrag ist die
„Überwachung der Flüchtlingsbewegungen und Schlepperaktivitäten in den
Gewässern zwischen Griechenland und der Türkei“.
Die gesammelten Informationen sollen an die türkischen und griechischen
Küstenwachen sowie an die bereits in griechischen Hoheitsgewässern
operierende europäische Grenzschutzagentur Frontex geliefert werden, die
dann die Flüchtlingsboote aufbringen und stoppen sollen. Ein entsprechender
„Arbeitskanal“ sei bereits eingerichtet worden, so der
Ministeriumssprecher.
## Missverständliche Angaben
Zumindest missverständliche Angaben gibt es von der Nato und der
Bundesregierung darüber, was mit den aufgebrachten Flüchtlingen geschehen
soll. So verkündete Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg Mitte vergangener
Woche: „Falls Menschen gerettet werden, die über die Türkei gekommen sind,
werden sie in die Türkei zurückgebracht.“ Trickreich fügte er eine
vermeintliche Banalität hinzu: „Bei der Ausführung dieser Aufgabe werden
sich unsere Mitgliedsländer an die nationalen und internationalen Gesetze
halten.“
Zuvor hatte sich die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
bereits ähnlich geäußert. Ankara habe „sofort eingewilligt“, dass „all…
aus der Türkei kommenden Flüchtlinge „wieder in die Türkei zurückgebracht
werden“, sagte sie am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz.
Noch auf der Regierungspressekonferenz am Montag antwortete der Leiter
ihres Pressestabes, Jens Flosdorff, auf die Frage, ob die Rückführung von
Flüchtlingen von griechischem Hoheitsgebiet in die Türkei durch das
Völkerrecht gerechtfertigt sei: „Wenn es von griechischem Hoheitsgebiet zu
Rückführungen kommt, dann wird das durch die griechische Küstenwache oder
durch Frontex vollzogen.“
## Alles Nebelkerzen?
Doch das sind Nebelkerzen. Denn „Rückführungen“ aus dem griechischen
Hoheitsgebiet in die Türkei wird es nicht geben, wie das
Verteidigungsministerium der taz auf Nachfrage bestätigte. Da weder die
griechische Küstenwache noch Frontex die türkische Küste anlaufen dürfen,
würde vom jeweiligen Hoheitsgewässer abhängen, an welchem Ufer die
Passagiere eines von der Nato gemeldeten Bootes landen werden.
Noch ungeklärt ist die Frage, ob Flüchtlinge, die in griechischen Gewässern
von einem Nato-Schiff aus Seenot gerettet werden, in die Türkei
zurückgebracht werden können. Allerdings ist die Seenotrettung, wie das
Verteidigungsministerium betont, ohnehin „nicht ausdrücklich Teil des
militärischen Auftrages“. Sie bleibe „aber weiterhin die ständige Pflicht
eines jeden Seefahrers“, versichert das Ministerium.
## Kritik am Einsatz
Die Opposition im Bundestag lehnt den Nato-Einsatz so oder so ab. Sie
bezweifelt die Rechtmäßigkeit der Mission. „Dass die Nato jetzt die
Flüchtlingspolitik der EU militarisiert, ist nicht nur ein Missbrauch der
Nato. Solange die Genfer Flüchtlingskonvention von der Türkei noch nicht
vollständig ratifiziert ist, sind die Pläne der Bundesregierung auch
rechtlich mehr als fragwürdig“, sagte der Grünen-Außenpolitiker Jürgen
Trittin.
Dass sich der Beginn der Mission nun verzögere, hält er für ein Manöver der
türkischen Regierung im Vorfeld des EU-Türkei-Gipfels. „Dass sich mit der
Türkei weiterhin noch nicht auf die entsprechenden Regelungen verständigt
wurde, hat nur einen Grund: Erdoğan will den Preis hochtreiben“, sagte
Trittin.
Noch weiter geht Sevim Dağdelen. „Berlin und Brüssel haben sich im Glauben
an Erdogans Versprechen, die Türkei in ein Flüchtlingsgefängnis zu
verwandeln, für jede Art von Zugeständnissen erpressbar gemacht“, sagte die
Abgeordnete der Linkspartei. Ihre Schlussfolgerung aus dem Hin und Her um
den Ägäis-Einsatz: Die Nato gehöre aufgelöst.
Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind im Jahr 2016 bisher etwa
123.000 Flüchtlinge aus der Türkei über das Mittelmeer nach Griechenland
gekommen. 410 Menschen hätten ihr Leben verloren, teilte das UNHCR am
Dienstag mit. Die griechische Küstenwache und die Frontex-Patrouillen
konnten nach eigenen Angaben in den letzten acht Tagen mehr als 8.000
Flüchtlinge aus den Fluten der Ägäis retten.
1 Mar 2016
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## AUTOREN
Pascal Beucker
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