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# taz.de -- Flüchtlingsfrage auf der SiKo: Wohin mit den Schiffbrüchigen?
> Die Bundesregierung will Flüchtlinge aus der Ägäis zurück in die Türkei
> bringen. Dass die Türkei sie aufnimmt, steht aber nicht fest.
Bild: Szenen, die sich in der Ägäis wiederholen werden: Bootsflüchtlinge an …
München taz | Der erste Tag der Münchner Sicherheitskonferenz neigt sich
dem Ende zu, da meint Mevlüt Çavuşoğlu noch etwas richtig stellen zu
müssen. „Vielleicht gibt es da ein Missverständnis hinsichtlich der Rolle
der Nato-Mission in der Ägäis“, setzt der türkische Außenminister am
Freitagabend um kurz vor 20 Uhr an. Die Nato werde die türkische
Küstenwache informieren, „wenn es einen Vorfall im türkischen Seeraum
gibt“, sagt der AKP-Politiker. Mit Griechenland werde das genauso gemacht,
„wenn es erforderlich ist, Menschen zu retten“.
Es ist eine Aussage mit Sprengkraft. Denn da Schiffe der griechischen
Küstenwache nicht die türkische Küste anlaufen dürfen, würde vom jeweiligen
Hoheitsgewässer abhängen, an welches Ufer es ein von der Nato in Seenot
identifizierter Flüchtling schafft. Das allerdings widerspricht der
Darstellung der Bundesregierung. Doch Kanzleramtsminister Peter Altmaier
(CDU), der neben Çavuşoğlu sitzt, erhebt keinen Widerspruch.
Dafür behauptet Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) später
im ZDF-“heute journal“, Ankara habe bei den Verhandlungen am vergangenen
Mittwoch „sofort eingewilligt“, dass „alle“ aus der Türkei kommenden
Flüchtlinge, die aufgenommen werden, „wieder in die Türkei zurückgebracht
werden“. Das sei „entscheidend“ und „ein klares Signal“ – nur: stim…
auch?
Wessen Wort gilt, das der deutschen Verteidigungsministerin oder das des
türkischen Außenministers, wird sich bald in der Praxis zeigen. Der bislang
vor Zypern lagernde Nato-Marineverband SNMG2 ist bereits auf dem Weg von
Zypern in die Ägäis. Er wird vom deutschen Versorgungsschiff „Bonn“ gefü…
und steht unter dem Kommando des deutschen Flottillenadmirals Jörg Klein.
## Legale Einreise nicht in Sicht
Der Verband soll, so von der Leyen, „gemeinsam mit Frontex die griechischen
und türkischen Küstenschutzverbände in ihrem Kampf gegen das
Schleuserunwesen“ unterstützen. Vor allem soll er jedoch der
Flüchtlingsabwehr dienen. Denn zur Schleuserbekämpfung gäbe es ein weit
wirksameres Mittel: die Ermöglichung einer legalen und sicheren Einreise
von Flüchtlinge in die EU - doch die ist nicht in Sicht.
Die Flüchtlingskrise ist das dominierende Thema des ersten Konferenztages
im altmodischen Luxushotel Bayerischer Hof. Sie habe eine wirtschaftliche,
eine geopolitische, eine humanitäre, eine soziale, eine nationale, eine
geostrategische und eine sicherheitspolitische Dimension, sagte der bereits
oben erwähnte Peter Altmaier. Doch dafür wurde die Debatte zu unterkomplex
geführt. Was möglicherweise auch an der Auswahl der Diskutanten lag. So ist
die griechische Syriza-Regierung überhaupt nicht auf der Konferenz
vertreten.
In zahlreichen Beiträgen wurde die Menschenrechte und die Humanität
beschworen. Doch das wirkte zumeist schal und zynisch. Ein Musterbeispiel
dafür lieferte ausgerechnet Altmaier. „Wann immer das Leben von Menschen
gefährdet ist, dann müssen wir unseren europäischen und humanitären
Verpflichtungen nachkommen und müssen sie retten“, sagte er – um dann
direkt einschränkend hinzuzufügen: „Das schließt aber nicht aus, dass wir
sie vielleicht in ein anderes Land zurückschicken, woher sie kommen, wenn
dieses Land sicher ist und wenn sie dort anständig behandelt werden.“
## Lob für die Türkei
Welches Land er damit insbesondere meint, auch daran ließ er keinen
Zweifel. Über den grünen Klee lobte er die Türkei. Die habe sich bei der
Aufnahme von Flüchtlingen nicht nur „so verhalten, dass sie sich mehr den
humanitären Werten und den Werten der internationalen Staatengemeinschaft
verpflichtet sieht als viele andere Staaten außerhalb dieses
Bürgerkriegsgebiets“. Er sei zudem der Überzeugung, „dass die Türkei
zumindest für Flüchtlinge ein sicherer Staat ist“.
Zumindest für Flüchtlinge? Die Einschränkung hat einen guten Grund. Denn so
brauchte Altmaier mit keinem Wort mehr das brutale militärische Vorgehen
der türkischen Armee in den kurdischen Gebieten und die desolate
Menschenrechtssituation in dem Land am Bosporus thematisieren. Das wäre ja
auch störend.
Mit einem gewissen Bedauern in der Stimme konstatierte Italiens
Außenminister Paolo Gentiloni, dass mit einem solchen Taschenspielertrick
den Problemen der römischen Regierung nicht beizukommen ist. Denn die
Flüchtlinge, die in Italien landen, kommen zu einem Großteil aus Libyen.
Und dieses Land sei „ganz sicher kein sicheres Land“, sagte Gentiloni.
13 Feb 2016
## AUTOREN
Pascal Beucker
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