# taz.de -- Nato beschließt Kampf gegen Flüchtlinge: Die Zurückschlepperbande | |
> Nato-Kriegsschiffe überwachen künftig in der Ägäis Überfahrten von | |
> Flüchtlingen. Schiffbrüchige werden in die Türkei zurückgebracht. | |
Bild: Beinahe am Ziel: Flüchtlinge haben den Seeweg von der Türkei nach Lesbo… | |
GENF taz | Die Nato wird auf Betreiben Deutschlands, der Türkei und | |
Griechenlands erstmals in der Geschichte des Militärbündnisses zur | |
Bekämpfung von Flüchtlingsbewegungen nach Europa eingesetzt. Das haben die | |
Verteidigungsminister der 28 Nato-Mitgliedsstaaten am Donnerstag in Brüssel | |
beschlossen. Ein bislang vor Zypern liegender Marineverband unter Führung | |
des deutschen Kriegsschiffs „Bonn“ erhielt unmittelbar danach vom obersten | |
Nato-Kommandeur in Europa, Philip Breedlove, den Befehl, in die Ägäis | |
aufzubrechen. | |
Im Seegebiet zwischen der Türkei und Griechenland sollen die unter | |
deutschem Befehl stehenden Kriegsschiffe „Aufklärungs- und | |
Überwachungsaufgaben übernehmen, um bei der Bewältigung der größten | |
Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg zu helfen“, verkündete | |
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. | |
Die Schiffe sollen Informationen über Flüchtlings- und Schlepperboote in | |
der Ägäis an die türkischen und griechischen Küstenwachen sowie an die | |
bereits in griechischen Hoheitsgewässern mit Kriegs-und Polizeischiffen | |
operierende europäische Grenzschutzagentur Frontex liefern, die die Boote | |
aufbringen und stoppen sollen. Der Nato-Verband selbst darf nicht gegen die | |
Boote vorgehen. | |
Nach Angaben von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen habe | |
sich die Türkei auch zur Wiederaufnahme der Bootsinsassen verpflichtet, die | |
die Nato aus Seenot rettet. Das von den 28 Nato-Ministern beschlossene | |
Einsatzmandat enthält allerdings keinen Auftrag an den Marineverband zur | |
Seenotrettung. | |
Die Initiative für den Einsatz gegen Flüchtlinge hatten Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel und der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu bei ihrem | |
Treffen am Montag in Ankara ergriffen. Griechenland schloss sich an. Die | |
drei Regierungen brachten die Nato ins Spiel, weil die Frontex im | |
türkischen Teil der Ägäis keine exekutiven Befugnisse hat. | |
Ein Mandat des Bundestages für den Einsatz deutscher Kriegsschiffe hält von | |
der Leyen „im Augenblick nicht für nötig“, denn es gehe „lediglich um | |
Seeraumüberwachung auf Nato-Gebiet“. Der grüne Außenpolitiker Jürgen | |
Trittin kritisierte den Nato-Beschluss als „schädliche Symbolpolitik“. Dazu | |
verbreite Ministerin von der Leyen „einmal mehr das Märchen, Schlepper | |
könnten zur See bekämpft werden“. Zudem gehe es bei der Nato-Mission | |
tatsächlich „gar nicht um Schlepperabwehr, sondern in Wirklichkeit um | |
Flüchtlingsabwehr“. | |
Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte die geplante | |
Rückführung aufgegriffener Flüchtlinge in die Türkei. Denn dort gebe es | |
kein staatliches Schutzsystem nach der Genfer Flüchtlingskonvention, sagte | |
Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Die Nato werde mit ihrer Mission | |
„Beihilfe zur Aushebelung von Flüchtlingsrechten“ leisten. Burkhardt sprach | |
von einer „Militarisierung der Flüchtlingsabwehr“. | |
11 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
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