| # taz.de -- Flüchtlinge in Idomeni: Warten im Schlamm | |
| > An der Grenze zu Mazedonien warten 13.000 Menschen. Starke Regenfälle | |
| > machen das Leben im Flüchtlingslager noch unerträglicher. | |
| Bild: Zelte neben Wasserlachen: das Lager Idomeni. | |
| Idomeni taz | Diese Nacht werden 13.000 Menschen noch lange in Erinnerung | |
| behalten. Denn als sich am Montagnachmittag um 17 Uhr der Himmel verdüstert | |
| und ein Gewitter aufzieht, sind die Flüchtlinge an der griechischen Grenze | |
| zu Mazedonien einem Regenguss ausgesetzt, der das Lager Idomeni in wenigen | |
| Minuten in eine Sumpflandschaft verwandelt. | |
| „Womit haben die das verdient“, stöhnt eine junge Helferin aus Erfurt. Die | |
| Gruppe von internationalen Freiwilligen hatte gerade ihren Lieferwagen | |
| geparkt, um warme Suppe an die Flüchtlinge zu verteilen. Nun stecken sie | |
| selbst im Sumpf und können ihr Auto nicht mehr auf die Straße bewegen. | |
| Die Menschen verkriechen sich in ihre Zelte, doch nicht alle bleiben dicht. | |
| Wasser dringt ein. „Ich habe nur eine Stunde schlafen können“, sagt | |
| Abdullah Mehmedi, 33 Jahre alt, der aus einem kleinen Ort im Norden Syriens | |
| stammt, am nächsten Morgen. Seine Frau und die beiden Kinder haben immerhin | |
| trockene Sachen an, die sie noch im Gepäck hatten. „Alles andere ist feucht | |
| geworden.“ | |
| Wie dieser Familie ergeht es auch den meisten anderen. In der Sonne dieses | |
| Morgens sind Kleider und Decken auf den Zelten zum Trocknen ausgebreitet. | |
| Die Menschen bewegen sich niedergeschlagen zwischen den Zelten hin und her. | |
| ## Nicht mehr weiter | |
| „Es war ja nicht nur der Regen, der uns jetzt so zu schaffen macht, sondern | |
| auch die Verhandlungen der EU mit der Türkei. Was soll jetzt werden? Wir | |
| können also wirklich nicht mehr weiter“, sagt ein Mann in gutem Englisch, | |
| der sich Islam nennt und als ehemaliger Kämpfer in der Freien syrischen | |
| Armee seinen Namen nicht nennen will. | |
| Die Hoffnungen, schnell auf der Balkanroute voranzukommen, sind weiter | |
| geschwunden. Die meisten Menschen beginnen, sich auf eine längere Wartezeit | |
| einzurichten. Viele wandern zu einem naheliegenden Dorf, wo findige | |
| griechische Händler Verkaufsstände eingerichtet haben. Tomaten für einen | |
| Euro das Kilo, Orangen für zwei Euro, Kartoffel, Weißbrot für 80 Cent das | |
| Kilo. Vor dem Minimarkt im Ort hat sich eine lange Schlange gebildet. Die | |
| Käufer kommen mit Taschen gefüllt mit Reis, Eiern und Nudeln aus dem | |
| Geschäft. | |
| Im Lager selbst wird auch gehandelt. Zigaretten, Schokolade und andere | |
| Süßigkeiten verkaufen Flüchtlinge an Flüchtlinge, einige haben von den | |
| Hilfsorganisationen Zelte vorgeblich für den Eigenbedarf bekommen, die sie | |
| nun an unwissende Neuankömmlinge für 40 Euro verkaufen. Denn es strömen | |
| immer noch Menschen von der Autobahn kommend hin zum Lager. | |
| Die Lagerfeuer brennen wieder – zum Leidwesen der Helfer wird auch | |
| Plastikmüll verbrannt. Der giftige Rauch ist gerade für Kinder gefährlich. | |
| Doch niemand protestiert. Wird in den arabischen Ländern der Müll so | |
| beseitigt? „In Deutschland“, witzelt ein Kameramann, „werden die wohl als | |
| erstes die Mülltrennung lernen müssen.“ | |
| ## Menschenunwürdiges Lager | |
| Die Menschen richten sich auf eine längere Wartezeit ein. Das ehemalige | |
| Durchgangslager Idomeni scheint verstetigt zu werden. Zum wiederholten Male | |
| erklärt UNHCR-Sprecher Barbar Baloch, dass dieses Lager menschenunwürdig | |
| sei und vor allem für Kinder ungeeignet. | |
| Doch der Forderung an die griechischen Behörden, den hier anwesenden | |
| Menschen Alternativen anzubieten, kommt noch niemand nach. Doch in den | |
| nächsten Tagen soll es so weit sein, erklären griechische Freiwillige von | |
| der Organisation Praksis. „Dann kommen jene, die das wollen, in eine andere | |
| Unterkunft.“ | |
| 8 Mar 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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