# taz.de -- Flüchtlinge in Idomeni: Nicht vor und nicht zurück | |
> Seit die Grenzen geschlossen sind, stecken die Flüchtlinge entlang der | |
> Balkanroute fest. Aber der griechische Staat hilft ihnen nicht, Idomeni | |
> zu verlassen. | |
Bild: Wenig Hoffnung: ein Flüchtling in Idomeni. | |
Idomeni taz Ireni Kakavoulia ist erleichtert. Die junge Griechin, die für | |
die Hilfsorganisation International Rescue Committee arbeitet, hat eine | |
Schicht von acht Stunden hinter sich. „Wir mit unserer Gruppe von zehn | |
Leuten sind dabei, den Müll im Lager aufzuräumen, und viele der Flüchtlinge | |
helfen uns. Es sieht doch schon besser aus!“, ruft sie mit Blick auf die | |
umliegenden Zelte. | |
Der immer noch am Morgen strömende Regen hat sich gelegt. Wieder werden | |
Feuer angezündet. Aber: „Die Leute haben gelernt, dass Plastikmüll nicht | |
mehr verbrannt werden darf“, sagt sie triumphierend. | |
So gute Laune wie Ireni verbreiten an diesem Donnerstagmittag nur wenige | |
Leute. Immerhin wurden von den Hilfsorganisationen grüne Regenmäntel mit | |
Kapuzen ausgegeben. Fast alle Flüchtlinge tragen die jetzt. Auch Abdul | |
Meshed Bussi, 65, der vorhatte, nach Österreich zu fliehen. „Ich weiß auch | |
nicht, warum Österreich, nach allem, was die jetzt durchgesetzt haben“, | |
sagt er in fließendem Englisch. | |
Der aus der Gegend um Homs stammende Mann ist allein unterwegs und völlig | |
enttäuscht. Wegen eines falschen Eintrags in seinen Papiere hat er es nicht | |
mehr geschafft, vor der Grenzschließung weiterzukommen. Sein Geburtstag | |
wurde mit 15. 5.1951 eingetragen, international werde aber nur die | |
englische Schreibweise akzeptiert, also May 15th. | |
Vier Mal habe er angestanden, um die Schreibweise ändern zu lassen. „Und | |
jetzt sitze ich da im Schlamm.“ Er möchte in ein anderes Lager | |
transportiert werden. „Doch die Busfahrer verlangen für die Fahrt Geld, 25 | |
Euro pro Person, um uns nach Athen zu bringen, fünf Euro nach Thessaloniki. | |
Ich habe doch kein Geld mehr.“ | |
## Die Fahrt kostet Geld | |
Überall im Lager stecken die Leute die Köpfe zusammen. Wie soll es jetzt | |
weitergehen? Eine Gruppe von Männern aus dem Irak, die sagen, sie seien | |
Jessiden, und ihre Namen nicht nennen wollen, fragen den Reporter: Gibt es | |
wirklich keine Chance mehr weiterzukommen? Sie warten die Antwort nicht ab. | |
Sie wissen sie. Auch sie bestätigen, dass die Fahrt mit den Bussen Geld | |
kostet. Noch hoffen sie darauf, dass die griechische Regierung sie in ein | |
anderes Lager bringt. | |
Vier Busse sind schon am Mittwoch vollbesetzt aus dem Lager weggefahren. | |
Vier Busse oder mehr werden es heute wieder sein. „Doch das sind | |
Privatunternehmer, die bringen die Leute nach Athen oder Thessaloniki und | |
setzen sie dort in einer Lagerhalle ab“, sagt ein griechischer Kollege in | |
dem Pulk von Journalisten, die über die Lage diskutieren. Der Staat habe | |
keine Anstalten gemacht, den Transport zu übernehmen. „Denn dann müsste die | |
griechische Regierung ja die Verantwortung dafür übernehmen, die Leute in | |
ein neues und besseres Lager zu bringen.“ Die anderen Lager seien aber | |
voll. | |
„Die Griechen wollen Geld von Brüssel und sie lassen uns deshalb im Lager | |
schmoren, und dieser türkische Präsident will noch mehr als drei Milliarden | |
Euro. Die machen doch alle ein Geschäft mit uns“, mutmaßt Abdul Bussi. | |
10 Mar 2016 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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