| # taz.de -- Platz schaffen für Flüchtlinge: Die neuen Nachbarn können kommen | |
| > Mit modularen Unterkünften und Containerdörfern wird Platz für mindestens | |
| > 34.000 Menschen geschaffen. Mit der Einigung sind die Bezirke weitgehend | |
| > zufrieden. | |
| Bild: Weitgehende Einigkeit herrscht nun über 69 Standorte für Mobile Unterk�… | |
| Nach wochenlangem Gefeilsche mit dem Senat sind die Bezirke mit den neuen | |
| Standorten für „Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge“ (MUFs) und | |
| Containerdörfer weitgehend zufrieden. So erklärt der stellvertretende | |
| Bürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, Michael Karnetzki (SPD), am | |
| Mittwoch, man habe die neue Liste der Finanzverwaltung geprüft „und als | |
| machbar angesehen“. Die Lichtenberger Bürgermeisterin Birgit Monteiro (SPD) | |
| lobt, dass nun stärker die bereits untergebrachten Flüchtlinge | |
| berücksichtigt würden – in Lichtenberg leben schon jetzt mit 5.700 die | |
| meisten. Daher habe man nun eine „gute Grundlage für weitere | |
| Abstimmungsgespräche“, so Monteiro zur taz. | |
| Am Dienstag hatte der Senat die aktualisierten Standorte für MUFs und | |
| Containersiedlungen veröffentlicht. Die erste Liste von vor zwei Wochen war | |
| in den Bezirken zum Teil auf heftigen Widerstand gestoßen, einige fühlten | |
| sich benachteiligt, andere nicht einbezogen. Nach intensiven Verhandlungen | |
| besteht nun weitgehend Einigkeit über 69 Standorte, davon 26 | |
| Containersiedlungen und 43 MUFs. Letztere waren besonders umstritten, da | |
| sie Jahrzehnte bestehen werden – zunächst für Flüchtlinge, später auch f�… | |
| andere Bevölkerungsgruppen. | |
| Insgesamt will der Senat ab Juni 30 Containerdörfer für 15.000 Menschen | |
| bauen, sie sollen die bislang mit rund 10.000 Flüchtlingen belegten | |
| Turnhallen ersetzen. Die noch fehlenden vier Container-Standorte sollen in | |
| den nächsten Tagen festgelegt werden. | |
| ## Auf Bedenken eingegangen | |
| Zudem sollen in diesem und nächstem Jahr 72 MUFs gebaut werden, 12 davon | |
| durch städtische Wohnungsbaugesellschaften. Für zwei MUFs sind Bauaufträge | |
| erteilt. Für 29 MUFs fehlen allerdings weiterhin die Grundstücke, darüber | |
| soll im Frühjahr erneut beraten werden. Dann, so Sozialsenator Mario Czaja | |
| (CDU) am Dienstag, werde man hoffentlich auch besser absehen können, wie | |
| viele Flüchtlinge in diesem Jahr nach Berlin kommen werden. | |
| Ohnehin, sagt die Sprecherin von Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen | |
| (SPD), könne sich an der Liste noch einiges ändern: Die Bezirke könnten | |
| unliebsame Grundstücke mit anderen im selben Bezirk tauschen. | |
| Anerkennend bemerken einige Bezirke, dass der Senat bei der Auswahl der | |
| Standorte auf Bedenken eingegangen sei. Vor eineinhalb Jahren war dies | |
| anders gewesen: Damals hatte der Senat sechs Standorte für Containerdörfer | |
| bekannt gegeben – und die Bezirke hatten die Adressen erst zeitgleich mit | |
| Medienvertretern erfahren. | |
| Nun aber lobt der Pankower Bürgermeister Matthias Köhne (SPD): „Wir können | |
| uns nicht beklagen. Unsere Wünsche, welche Standorte ausgewählt werden | |
| sollen und welche nicht, wurden berücksichtigt.“ Ähnliches berichtet | |
| Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD): So habe der Bezirk große | |
| Bedenken wegen eines Standorts gehabt, der auf der ersten Liste gestanden | |
| hatte. Im Schlosserweg 10 B residiere der Neuköllner Mitmachzirkus, ein | |
| Bildungsprojekt, das der Bezirk jährlich mit 80.000 Euro finanziere. Dass | |
| diese Adresse von der neuen Liste der Finanzverwaltung verschwunden ist, | |
| wertet Giffey gegenüber der taz als „politischen Erfolg“ ihrer | |
| Interventionen beim Senat. | |
| ## Heckeshorn ist vom Tisch | |
| Auch in Steglitz-Zehlendorf ist die Zufriedenheit rapide gestiegen, weil | |
| der Senat nun davon Abstand genommen hat, das Gelände der ehemaligen | |
| Lungenklinik Heckeshorn auszubauen. Zwei MUFs sollten dort entstehen, | |
| mehrere Gebäude saniert werden – zusammen mit der bereits bestehenden | |
| Flüchtlingsunterkunft wären das 1.800 Plätze geworden. Dem Bezirk war das | |
| zu viel, in dem dünn besiedelten Gebiet hätten dann „mehr Flüchtlinge als | |
| eingesessene Bevölkerung“ gelebt, so Stadtrat Karnetzki. Stattdessen habe | |
| man ein Grundstück am Ostpreußendamm 84 vorgeschlagen, das wird laut Liste | |
| nun „geprüft“. | |
| Wichtig ist für die Bezirke vor allem, dass der Senat rings um die | |
| geplanten Unterkünfte genügend soziale Infrastruktur schafft. Pankows | |
| Bürgermeister Köhne: „Wir sind nicht in der Lage, mehr Flüchtlingskinder in | |
| Schulen aufzunehmen. Der Senat muss Sorge dafür tragen, dass die | |
| Kapazitäten angepasst werden.“ In dieselbe Richtung lenkt Spandaus | |
| Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) die Debatte. „Mit der Standortfrage ist | |
| noch nichts gelöst. Entscheidend wird sein, wie der Integrationsprozess | |
| gesteuert wird. Die hohen Platzzahlen sind eine ganz neue Herausforderung.“ | |
| Auch Monteiro aus Lichtenberg betont, nun müsse für jeden Standort einzeln | |
| „durchdekliniert“ werden, ob und wie dort die Anbindung an Kitas und | |
| Schulen gelingen könne. | |
| Ohnehin bleiben bei aller demonstrativ vorgetragenen Einigungsbereitschaft | |
| Fragen offen. Spandaus Kleebank sieht „noch Nachsteuerungsbedarf“, weil | |
| zwei MUFs sehr nahe beieinanderliegen, wie er sagt. Aus Reinickendorf | |
| meldet Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU) Bedenken an wegen der | |
| geplanten Unterkunft Am Springebruch 69. Die Pläne der Senatsverwaltung | |
| seien Makulatur, sagt er, da „dies baurechtlich nicht möglich ist“. | |
| Bezirksbürgermeisterin Monteiro hofft in den weiteren Verhandlungen mit dem | |
| Senat zu erreichen, dass die eine oder andere MUF vielleicht doch nicht | |
| gebaut wird. Und in Charlottenburg-Wilmersdorf weiß der stellvertretende | |
| Bürgermeister Carsten Engelmann (CDU) bis heute nicht, wieso auf der neuen | |
| Liste steht, der Bezirk habe einem Containerdorf im ehemaligen Familienbad | |
| des Olympiaparks zugestimmt. „Da habe ich am Donnerstag beim Rat der | |
| Bürgermeister schon noch Aufklärungsbedarf.“ | |
| 24 Feb 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
| David Joram | |
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