# taz.de -- Flüchtlingsintegration: Turnhallen bleiben vorerst voll | |
> Sozialsenator fordert, schnell mehr Wohnungen für Flüchtlinge zu bauen. | |
> Zwar kommen weniger, aber ihre Anträge werden immer schneller anerkannt. | |
Bild: Zwei große temporäre Hallen stehen auf dem Vorfeld des ehemaligen Flugh… | |
Nach Ansicht von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) muss Berlin seine Pläne | |
zur Unterbringung von Flüchtlingen aufgrund der aktuellen Entwicklungen | |
überarbeiten. So sei im März die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge auf | |
knapp unter 1.000 gesunken, sagte er am Freitag. Daher gebe es weniger | |
Druck, neue Gemeinschafts- oder Notunterkünfte zu errichten. Derzeit habe | |
man dort einen Leerstand von vier Prozent. Belegte Turnhallen werde man | |
aber erst „leer ziehen“, wenn der Zuzug über „x Wochen“ gleich niedrig | |
bleibe und man einen Sicherheitspuffer von fünf Prozent habe. Schließlich | |
wisse niemand, ob die Zahlen nicht wieder nach oben gehen. Im November | |
waren noch 8.000 Flüchtlinge in Berlin angekommen. | |
Auch beschleunigt sich laut Czaja die Arbeit des Bundesamts für Migration | |
(BAMF), das derzeit rund 50 Prozent der Asylanträge anerkenne. Wenn dessen | |
Pläne, ab Mai 5.000 Verfahren pro Monat abzuschließen, Realität würden, | |
seien am Ende des Sommers die Hälfte der Berliner Anträge entschieden. Bei | |
aktuell 43.000 Flüchtlingen in den Unterkünften „brauchen wir in wenigen | |
Wochen also 10.000 Wohnungen“, so der Senator. | |
## Alles geht langsamer | |
Derzeit plant der Senat, bis Juni Containerdörfer mit rund 15.000 Plätzen | |
zu errichten, vor allem um die Turnhallen leer zu bekommen, in denen rund | |
10.000 Asylbwerber leben müssen. Zudem sollten in diesem und dem kommenden | |
Jahr 60 Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUFs) für rund 34.000 | |
Menschen errichtet werden. Beides geht allerdings langsamer als gedacht und | |
benötigt. Bei den Containern gibt es offenbar Lieferengpässe, bei den MUFs | |
hieß es schon länger, die ersten würden erst im letzten Quartal 2016 fertig | |
werden. | |
Czaja will nun zum einen mit Brandenburg klären, ob nicht „leer stehende | |
Wohnungen im S-Bahn-Bereich“ für anerkannte Berliner Flüchtlinge zur | |
Verfügung gestellt werden könnten. Ähnliche Forderungen seinerseits waren | |
allerdings schon einmal in Potsdam auf taube Ohren gestoßen. Zum andern | |
erklärte der Senator, die Konzeption der MUFs müsse den neuen Gegebenheiten | |
angepasst werden. „Wir müssen schneller als geplant mehr Wohnungen und | |
weniger Gemeinschaftsunterkünfte bauen.“ | |
Die Baupläne der MUFs ließen das zu, bislang seien dort 75 Prozent der | |
Fläche als Gemeinschaftsunterkünfte geplant und 25 Prozent als „normale“ | |
Wohnungen. Dieser letzte Anteil müsse nun drastisch erhöht werden. All dies | |
bedeute allerdings, dass „der Arbeitsdruck“ auf die | |
Wohnungsbaugesellschaften und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung | |
„zunimmt“. | |
Drittens kündigte der Senator eine Änderung der Ausführungsverordnung (AV) | |
Wohnen an, um vor allem Familien die Anmietung von Wohnungen zu | |
erleichtern. Die AV Wohnen regelt die „Angemessenheitsgrenzen“, bis zu | |
denen das Jobcenter Miet- und Heizkosten übernimmt. Bereits im Herbst hatte | |
der Senat die Vorschrift dahingehend geändert, dass Wohnungslose auch | |
Mieten erstattet bekommen, die 20 Prozent über dieser Grenze liegen. Zu | |
Wohnungslosen zählen Flüchtlinge in Heimen, aber auch Obdachlose oder | |
Frauen in Frauenhäuern. | |
Die Änderung, die Sozialsenator Czaja noch im April durch den Senat boxen | |
will, soll es möglich machen, auch Wohnungen anzumieten, die formal als zu | |
klein gelten. Denn es kommt gar nicht selten vor, dass das Jobcenter einer | |
vierköpfigen Familie selbst die Zustimmung zu einer Drei-Zimmer-Wohnung | |
verweigert. | |
1 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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