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# taz.de -- Das war die Woche in Berlin II: Willkommen im Reich der Jobcenter
> Je Menge Flüchtlinge haben 1-Euro-Jobs. Ist das eine gute Nachricht?
Bild: Viele Flüchtlinge verdienen 1 Euro mit der Ausgabe von Essen.
Seit der Erfindung der im Volksmund 1-Euro-Jobs genannten
„Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“ vor über zehn Jahren
streiten Befürworter und Gegner, ob und wem diese Jobs nutzen respektive
schaden. Nun hat am Dienstag Sozialsenator Mario Czaja (CDU) verkündet,
dass fast 4.000 Flüchtlinge in Berlin in 1-Euro-Jobs beschäftigt werden –
und es noch 1.000 mehr werden sollen. Ist das nun eine gute Nachricht?
Die Befürworter sagen: Klar. Die meisten – Flüchtlinge ebenso wie
Langzeitarbeitslose – wollen arbeiten, sind aber nicht in den ersten
Arbeitsmarkt vermittelbar. Was liegt da näher, als ihnen zusätzliche
Aufgaben zum Wohle der Gemeinschaft zu geben? Besser als rumsitzen und
Trübsal blasen. Und die Flüchtlinge können dabei noch ihr Deutsch
verbessern und hiesige Gepflogenheiten der Arbeitswelt kennenlernen.
Die Gegenseite trumpft allerdings mit dem bekannten Argument auf, dass es
extrem schwer zu definieren ist, was ein „zusätzlicher“ gemeinnütziger Job
ist. Die Flüchtlinge helfen nun bei der Essensausgabe in den Heimen, putzen
oder machen Sprachvermittlung. Aber, so fragt man sich, wer hat diese
Arbeit vorher gemacht? Gehört es nicht zu den Aufgaben des Heimbetreibers,
das Essen auszuteilen, bekommt er dafür nicht Geld vom Staat? Genauso wie
für Übersetzer, Kinderbetreuer, Putzkolonnen? Sparen sich die Betreiber nun
die „echten“ Essenausgeber, Putzleute und Pädagogen, weil die Flüchtlinge
die Arbeit selbst und fast für lau erledigen?
Bei den 1-Euro-Jobs für Langzeitarbeitslose war es so: Sie haben bundesweit
Tausende reguläre Arbeitsplätze vernichtet. Nicht zuletzt deshalb wollten
CDU und SPD sie zwischenzeitlich wieder abschaffen, bevor sie in der
aktuellen „Flüchtlingskrise“ wiederentdeckt wurden.
Aber nehmen wir mal an, Czaja hat einen Weg gefunden, wie er die
Vernichtung von Arbeitsplätzen durch 1-Euro-Jobs verhindert. Dann bleiben
zwei Fragen. Erstens: Warum stellt Czaja die Flüchtlinge nicht als reguläre
Putz- und Kochleute in den Unterkünften an? Antwort: Weil die dann
Deutschen die Arbeit wegnehmen. Deshalb dürfen Flüchtlinge in den ersten 15
Monaten auch nur Jobs annehmen, für die sich kein Deutscher findet.
Zweite Frage: Wenn Flüchtlinge de facto also zunächst gar nicht arbeiten
dürfen, wofür dann 1-Euro-Jobs? Antwort (Achtung, zynisch): In diesem Fall
dienen 1-Euro-Jobs nicht der Integration in den Arbeitsmarkt (was ohnehin
selten klappt), sondern der Integration in die Maßnahmenwelt der Jobcenter.
2 Apr 2016
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
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Mario Czaja
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