# taz.de -- Kommentar zu Turnhallen: Auf dem richtigen Weg | |
> Jeder Tag, an dem ein Mensch nicht mehr in einer Turnhalle leben muss, | |
> ist ein gewonnener Tag. Und mit jeder freien Halle bricht eine einfache | |
> Handhabe weg, gegen Flüchtlinge zu polemisieren. | |
Bild: Voll, laut, ohne Privatsphäre: Notunterkunft in einer Turnhalle. | |
Ist es nun gut, dass überhaupt die ersten der von Flüchtlingen belegten | |
Sporthallen wieder frei werden? Oder schlecht, dass das für alle Hallen nun | |
wahrscheinlich doch nicht schon bis zum Sommer, sondern schrittweise erst | |
bis Jahresende gilt? Die Antwort ist in jedem Fall gleich, nämlich Ja. | |
Zum einen ist jeder Tag, an dem ein Flüchtling nicht mehr in einer | |
Turnhalle mit null Privatsphäre leben muss, sondern in eine besser | |
ausgestattete Unterkunft wechseln kann, ein gewonnener Tag. Zum anderen | |
bricht mit jeder freien Halle eine einfache Handhabe weg, gegen Flüchtlinge | |
zu polemisieren. Es war schon bezeichnend, wie viele Eltern just in dem | |
Moment die Wichtigkeit des Sportunterrichts entdeckten, als die Flüchtlinge | |
kamen. Auch Eltern, die man nie zuvor über Sport hatte reden hören. | |
Es sind die belegten Hallen, und auch wenn es nur 63 von über 1.000 in der | |
Stadt sind, die für die meisten Berliner den einzigen echten | |
Berührungspunkt mit Flüchtlingen bilden. Wer einen konkreten Grund suchte, | |
sich gegen die Merkel’sche Aufnahmepolitik zu stellen, er fand ihn nicht am | |
Lageso, wo die Flüchtlinge und nicht die Einheimischen die Leidtragenden | |
waren, sondern in der Beschlagnahme. Das Korber-Zentrum und die | |
Harbig-Halle als Erste wieder für den Sport frei zu machen, ist deshalb | |
alternativlos – sie im letzten September von einem Tag auf den anderen für | |
den Sport zu schließen, hatte eine ungeheure negative Breitenwirkung, weil | |
dort Sportler aus der ganzen Stadt trainieren. | |
„Juli oder August“ wünschte sich Senator Czaja am Dienstag als Zeitpunkt, | |
an dem alle Hallen wieder frei sind, beugte sich aber der Lebenserfahrung | |
des 28 Jahre älteren Staatssekretärs Glietsch, der von der Jahresende | |
ausgeht. Schön wär es ja gewesen mit dem früheren Termin: Am 18. September | |
ist Abgeordnetenhauswahl, und da kann bei manchem leider eine belegte | |
Sporthalle über ein Stimme zugunsten der AfD entscheiden. Doch ein nicht | |
einhaltbares Versprechen würde der AfD noch mehr Zulauf verschaffen als ein | |
ehrlicher Zeitplan. | |
19 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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