# taz.de -- Berliner Sporthallen als Flüchtlingslager: Ausquartierte machen Dr… | |
> In Berlin dienen nach wie vor Sporthallen als Obdach für Geflüchtete. Die | |
> Sportvereine drängen auf „ein koordiniertes Ausstiegsszenario“. | |
Bild: Immer noch Heimstätte für Flüchtlinge: das Horst-Korber-Zentrum im Oly… | |
BERLIN taz | Zunächst schien alles gut damals im September 2015. In Berlin | |
brachten die Sportvereine größtenteils Verständnis dafür auf, dass ihre | |
Trainingshallen künftig in Flüchtlingsunterkünfte umgemodelt werden | |
sollten. | |
Jetzt reicht’s den Sportfunktionären allerdings – das haben sie bei einer | |
am Dienstag vom Landessportbund (LSB) anberaumten Pressekonferenz deutlich | |
gemacht. Flüchtlinge raus aus den Hallen, Sportler wieder rein, und zwar | |
möglichst bald! Auf ein „koordiniertes Ausstiegsszenario“ drängen | |
Leichtathleten, Handballer oder Volleyballer. Parallel zum LSB haben sieben | |
Vereine und drei Verbände ein Volksbegehren gestartet. Das Ziel ist | |
dasselbe, den Weg hält man beim LSB aber für falsch. „Das würde viel zu | |
lange dauern“, sagt Präsident Klaus Böger. | |
Er verweist stattdessen auf Bremen, wo man längst dabei sei, dem Sport | |
wieder seine Stammplätze zurückzugeben. In Berlin fühlt man sich derweil | |
überhaupt nicht ernst genommen. Einen „Hallengipfel“ noch in diesem Monat | |
mit führenden Politikern fordert Böger also. Denn: „Es wurde immer gesagt, | |
dass die Unterbringung nur temporär sei. Der Sport braucht Hallen, sonst | |
kann auch keine Integration durch den Sport gelingen.“ | |
Kaweh Niroomand, Sprecher der Berliner Profivereine und Manager der BR | |
Volleys, sagt: „Wir haben den Eindruck, der Senat reagiert überhaupt nicht | |
auf unsere Forderungen. De facto passiert nämlich nichts, es wurde noch | |
keine Halle freigegeben.“ | |
Konkret geht es um 62 von insgesamt 1.000 Hallen. Relativ gesehen ist das | |
nicht viel, die 100 betroffenen Vereine klagen allerdings laut. Die | |
Mitgliederzahlen schrumpften, zusätzliche Fahrtkosten fielen an, | |
mancherorts müsse der Trainingsbetrieb gar eingestellt werden – und | |
Spitzentalente könnten in andere Städte abwandern. Je nach Verein liegen | |
die Beschwerden unterschiedlich. | |
## „Sporthallen sind als Unterkünfte nicht geeignet“ | |
Volleys-Manager Niroomand klagt auf hohem Niveau, sein Verein würde gern | |
die Möglichkeiten im Horst-Korber-Zentrum wieder ausnutzen. Dort stünden | |
den Profis schließlich an einem Ort gebündelt „Kraftraum, Physiotherapie | |
und Sauna zur Verfügung.“ Weil Bizeps aufpumpen, Schenkel kneten und | |
Saunieren derzeit nur dezentral möglich ist, fielen pro Tag „ein bis zwei | |
Stunden mehr an Fahrzeit an“. | |
Am Horst-Korber-Sportzentrum, wo die Zahl der Flüchtlinge laut Böger von | |
1.000 auf 100 bis 150 zurückgegangen sei, hängt auch das Herz der | |
Handballerinnen. Verbandspräsident Thomas Ludewig sagt: „Weil nur eine | |
Hallenhälfte nutzbar ist, fallen mindestens 50 Prozent der Talentförderung | |
weg.“ Doch nicht nur die Spitze sei betroffen – gerade im Breitensport | |
schlage sich die verknappte Hallensituation nieder. „Anders als nach dem | |
WM-Titel 2007 ist ein Mitgliederzuwachs nach dem letzten EM-Sieg diesmal | |
nicht möglich.“ Des Weiteren hätten 1.500 Spiele umgelegt werden müssen. Im | |
Hockey hat man das nicht ganz so gut gemeistert. „Wir mussten ein Viertel | |
aller Spiele komplett streichen“, so Verbandspräsident Jürgen Häner. | |
Wie so viele frage er sich: „Warum werden für die Unterbringung der | |
Flüchtlinge keine alternativen Standorte genutzt? Böger argumentiert | |
ähnlich: „Sporthallen sind als Unterkünfte nicht geeignet.“ Dieser Satz | |
stimmt zwar, so richtig abnehmen mag man ihn Böger aber nicht. Sein | |
Hinweis, Berlins Hallen könnten entlastet werden, weil es ja freie | |
Kapazitäten in Brandenburg gebe, begründet er so: „Dort stehen viele Hallen | |
leer.“ | |
Klar ist für den LSB-Chef jedenfalls, der Berliner Senat möge die | |
Flüchtlinge doch möglichst schnell umquartieren. Tatsächlich sind | |
sogenannte Mufs (modulare Unterkünfte) als Heimat für Geflüchtete bereits | |
in Planung. Die Sportler drängen nun darauf, dass zuerst sie davon | |
profitieren, indem die Hallen freigeräumt werden. Das | |
Horst-Korber-Sportzentrum am besten noch vor dem anvisierten 8. August. | |
„Das halte ich für möglich“, sagt Böger, der weiß, dass nach dem Auszug… | |
meisten Hallen renoviert werden müssen. Die Sportler haben nun bemerkt, | |
dass ihnen die Zeit, dies alles zu regeln, davonläuft. Die neue Saison | |
naht, jetzt wird der Druck verstärkt. | |
6 Apr 2016 | |
## AUTOREN | |
David Joram | |
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