# taz.de -- Flüchtlingsunterkunft in Blankenese: Wenn Schnösel auf öko machen | |
> Im Elbvorort Blankenese haben Anwohner handgreiflich den Bau eines | |
> Flüchtlingsheims gestoppt. Schlimm, finden andere Hamburger. Zu Recht? | |
Bild: BlankeneserInnen haben mit einer geklauten Spühdose alles markiert, was … | |
HAMBURG taz | „Von wegen fein“, titelte die Hamburger Morgenpost. Und: „So | |
rabiat kämpft Blankenese gegen Flüchtlinge.“ Das war schon fast | |
Selbstironie, erwähnt das Boulevardblatt den Stadtteil doch fast nie ohne | |
den Zusatz „fein“, „nobel“ oder „vornehm“. Blankenese – das ist f… | |
Hamburger eine Chiffre für die Elbvororte, in die sich das Großbürgertum | |
zurückgezogen hat, und die Normalhamburger höchstens vom | |
Sonntagsspaziergang kennen. | |
Deswegen erfasst die Empörung, wenn sich auch Blankeneser gegen eine | |
Flüchtlingsunterkunft wehren, fast die gesamte übrige Stadt – ähnlich wie | |
beim Protest gegen das Flüchtlingsheim an der Sophienterrasse im | |
alsternahen Villenviertel Harvestehude. Das sind eben diese Schnösel, die | |
ihren meist ererbten Wohlstand nicht teilen wollen. Durchschnittshamburger | |
müssen sich in diesen Tagen entscheiden: Überwiegt ihr Ressentiment | |
gegenüber den wohlhabenden Mitbürgern oder gegenüber den ärmsten | |
Neubürgern? | |
Widerstand gegen neue Unterkünfte gibt es fast überall in der Stadt. Meist | |
argumentieren die Anwohner mit den vielfältigen sozialen „Belastungen“, die | |
sie bereits zu tragen hätten und zu denen die Flüchtlinge nun hinzukämen. | |
In den wohlhabenden Gegenden um Alster, Elbe und in den sogenannten | |
Walddörfern am nördlichen Stadtrand kann man sich darauf schlecht berufen. | |
Da ist das Maximum an Zumutung meist der Kindergarten für die eigene Brut. | |
Also bemüht man dort andersherum schützenswerte Güter, um weniger | |
Flüchtlinge zugewiesen zu bekommen als eigentlich vorgesehen: in | |
Harvestehude – mit Erfolg vor Gericht! – das „besonders geschützte | |
Wohngebiet“, in Ohlstedt die „familiäre Struktur“ und immer wieder die | |
Natur. | |
## Plötzlich Feministen und Ökologen | |
Es ist so ähnlich wie nach den Kölner Silvesterübergriffen, als plötzlich | |
viele Flüchtlingsgegner zu [1][selbsternannten Feministen] wurden: Am | |
Hamburger Stadtrand verteidigen nun ziemlich viele frisch berufene Ökologen | |
besonders wertvolle Flächen gegen die Besiedelung mit Menschen, die in | |
ihren Herkunftsländern meist noch nicht an den Ökologiegedanken | |
herangeführt worden waren. Nicht selten finden sie dabei „Ja, | |
aber“-Verbündete in der eher linksliberal verwurzelten Umweltbewegung. | |
Zu der gehören die Blankeneser Flüchtlingsgegner nach allem, was man weiß, | |
nicht. Zwar haben sie einer Biologin, die Bäume zur Fällung markieren | |
wollte, kurzerhand die Sprühdose entrissen und damit verwirrungshalber | |
alles bezeichnet, was irgendwie aus Holz war, inklusive Straßenpoller. Aber | |
gegen Öko-Rächer spricht schon, dass sie die anrückenden Baumfäller mit | |
einer Blockade aus ihren mutmaßlich übermotorisierten Autos behindert | |
haben. Davon haben sie, wie in Hamburg jedes Kind weiß, schließlich genug | |
in der Garage stehen. | |
Dumm auch, dass auf dem Gelände, auf dem die Stadt 192 Geflüchtete in | |
schnuckeligen Holzhäuschen unterbringen möchte, schon bis 2008 eine | |
Flüchtlingsunterkunft gestanden hatte. Allzu viele Jahresringe können die | |
42 gefährdeten Bäume in dem Grünstreifen also nicht haben. | |
Eine Schonfrist bekommen sie nun aber doch: [2][Ein Gericht gab einem | |
Eilantrag gegen die Rodung statt]. Sie kann dann frühestens im Herbst | |
stattfinden – wegen der strengen „Hamburger Baumschutzverordnung“. Die wi… | |
in den Elbvororten recht selektiv angewandt: Immer wieder lassen | |
Grundstückseigentümer am Elbhang großflächig alte Bäume abmähen, die ihnen | |
die Sicht auf den Fluss verstellen. Mit den handgreiflichen Baumschützern | |
gemeinsam haben sie das Bewusstsein: „Das gehört hier alles uns. Und | |
darüber bestimmen wir.“ | |
7 Apr 2016 | |
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## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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