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# taz.de -- Kommentar Hamburger Flüchtlingsheim: Wölfe in Blankenese
> Will man den Stadtteil wirklich begrünen, sollte man ihn einebnen,
> absperren, sich selbst überlassen. Nach 20 Jahren wäre er ein
> vorbildliches Biotop.
Bild: Vielleicht sind dies zukünftig die einzigen Einwohner in Blankenese
In Blankenese sollen 192 Asylbewerber untergebracht werden. Man sollte
meinen, die passten umstandslos in die Ruheräume des Dienstpersonals der
dortigen Villen. Dennoch holen die Bewohner des Hamburger Wohlstandsgettos
ihre Drittwagen aus den Garagen und versperren mit ihnen die Zufahrt zum
Baugelände der geplanten Unterkunft. Natürlich nicht, weil sie etwas gegen
Ausländer hätten, man ist schließlich nicht beim sächsischen Pöbel. Sondern
wegen des Naturschutzes. Weil dort, wo Flüchtlinge hinsollen, Bäume
wachsen.
Man kennt das mit diesen Ökosystemen: Entfernt man ein Steinchen, bricht
das ganze Gebäude zusammen. Und dann: Artensterben, Klimakatastrophe,
Apokalypse. Und die Flüchtlinge würden sich da doch gar nicht wohlfühlen.
Die könnten da ja nicht mal was einkaufen! Versace-Taschen kann man
schließlich nicht aufs Brot legen. Es wäre also nur im Interesse der
Flüchtlinge selbst, sie zu ihren 39.808 Schicksalsgenossen im Rest der
Hansestadt zu gesellen.
Zumal die Blankeneser anderweitig genug für Asylbewerber tun. Im Grunde
zahlen sie im Alleingang deren Versorgung. Von ihrem in Panama hart
erarbeiteten Geld. Allein die Grunderwerbsteuer auf die bescheidenen
Altersruhesitze! Und beim letzten Charitydinner haben sie pro Person mehr
gespendet, als die Bewohner der versifften Elendsviertel Hamburgs insgesamt
zum Bruttosozialprodukt beitragen. Da können die ja wohl wenigstens die
Flüchtlinge aufnehmen.
Zumal es doch so ist: Die Abschiebung gerade dem Kriege entronnener
Menschen in den asozialen Brennpunkt Blankenese verbietet sich schon aus
humanitären Gründen. Da sind sie gerade Assad entkommen, und dann sollen
sie in die Nachbarschaft seiner engsten Geschäftspartner ziehen? Das ist
zynisch.
In Sachen Naturschutz böte sich eh ein anderes Szenario an: Planierraupen
rufen, Stadtteil einebnen, absperren, sich selbst überlassen. Es wird keine
20 Jahre dauern, bis er sich in ein dann tatsächlich schützenswertes Biotop
verwandelt hat. Mit erheblich sympathischeren Einwohnern zudem. Wir freuen
uns auf die Erdkröten, Blindschleichen und Wölfe von Blankenese!
8 Apr 2016
## AUTOREN
Heiko Werning
## TAGS
Blankenese
Hamburg
Schwerpunkt Flucht
Flüchtlinge
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Blankenese
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