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# taz.de -- Blankenese Chainsaw Massacre: Kahlschlag bleibt aus
> Nachdem Anwohner in Blankenese den Bau einer Flüchtlingsunterkunft
> blockierten, kamen Linke – mit Sägen im Gepäck
Bild: Protest gegen die Anwohner: Demonstranten sägen an einem Baum in Blanken…
hamburg taz | Der Aufruf klingt martialisch. Ein „Kettensägenmassaker“
hatten AktivistInnen der „Interventionistischen Linken“ am Donnerstag in
Blankenese angekündigt – als Reaktion auf den gerichtlich verfügten Stopp
der Baumfällarbeiten für eine Flüchtlingsunterkunft im Elbvorort. Ein
Blutbad im beschaulichen Nobelviertel? Doch zu einem waschechten Massaker
sollte es nicht kommen. Die Aktivisten wollten vielmehr einer Botschaft
Ausdruck verleihen: Ja zur Unterbringung von Flüchtlingen in Blankenese.
Nein zu den Protesten einiger AnwohnerInnen gegen die geplante Unterkunft.
Etwa 50 AktivistInnen waren am frühen Abend vom Bahnhof Altona nach
Blankenese geradelt: Über die Elbchaussee ging es vorbei an stattlichen
Villen, eskortiert wurde die Gruppe von mehreren Polizeiwagen und vier
Motorradpolizisten. Per Lautsprecher rief ein Aktivist das Motto der Aktion
aus: „Flüchtlingssolidarität wird jetzt zur Handarbeit, denn Hamburg ist
für alle da.“
Am Björnsonweg in Blankenese sollten 42 Bäume gefällt werden, um neun
Holzpavillons für 192 Flüchtlinge aufzustellen – eigentlich. Dann aber
hatten AnwohnerInnen Anfang der Woche erst nötige Fällarbeiten sabotiert:
Rund 20 Autos versperrten am Dienstag den Baumfällern den Weg, Unbekannte
markierten willkürlich 200 Bäume, um die Vorarbeiten zu erschweren.
Anschließend erwirkten sie einen Baustopp beim Verwaltungsgericht. Wann und
ob der Bau am Björnsonweg jetzt noch beginnen kann, ist derzeit unklar. Die
AktivistInnen aber wollen nicht warten. Deshalb legten Sie am Donnerstag
selbst Hand an.
Am Björnsonweg angekommen, ruft Sandra Peters von der Interventionistischen
Linken ins Megafon: „Wir fällen jetzt die Bäume, die von den Rassisten und
Wohlstandschauvinisten blockiert werden!“ Umringt von dutzenden Fotografen
machten sich die AktivistInnen ans Werk und bearbeiteten eine Birke. Erst
mit einer kleinen Handsäge, dann mit einer Motorsäge arbeitet sich ein
Aktivist in den schmalen Baumstamm hinein. Die anwesenden Polizisten
beobachteten das Geschehen. Wenige Minuten später ist die Aktion vorbei.
„Liebe Blankeneser, wir haben den Anfang gemacht und gezeigt, wie leicht
das Bäumefällen ist“, sagt ein Aktivist.
## Kein Baum ist tot
Dass am Ende kein einziger Baum dem angekündigten Massaker zum Opfer fiel,
war vorher zwischen den Organisatoren der als Eilversammlung angemeldeten
Aktion und der Polizei abgesprochen worden, wie Aktivist Tobias verrät.
„Die Polizisten haben sich wohlwollend zu unserer Aktion geäußert“, sagt
er. Aus Sicherheitsgründen sei die Auflage erteilt worden, keinen Baum zu
fällen. Natürlich sei es paradox, wenn Linke zum Bäumefällen aufrufen, sagt
er. Es gehe darum, Platz für geflüchtete Menschen zu schaffen. „Die
Blankeneser schieben den Naturschutz doch nur vor, weil sie in ihrem
Perlenketten-Club unter sich bleiben wollen“, glaubt er.
Das Umweltargument steht auch im Mittelpunkt des Rechtsstreits: In seiner
Begründung zum vorläufigen Baustopp hatte das Verwaltungsgericht darauf
verwiesen, dass insbesondere die geltend gemachten umweltrechtlichen
Ansprüche zu prüfen seien. Weil die offizielle Fällsaison vorbei ist,
hätten die Bäume auf dem ausgewiesenen Gelände nur noch bis Freitag mit
einer Sondergenehmigung gefällt werden können.
Doch eines zeigte sich bei der Aktion auch: Längst nicht alle Blankeneser
sind gegen Flüchtlinge im Stadtteil. Rund 30 AnwohnerInnen stießen laut
Polizei zur Kundgebung am Björnsonweg dazu, von mehreren Gartenzäunen und
Balkonen hingen „Refugees Welcome“-Transparente. „Wir freuen uns, dass es
auch Blankeneser gibt, die Solidarität mit Geflüchteten ausdrücken“, sagte
Tobias.
## Anzeige erstattet
Mit ihrem Protest stellt sich die „Interventionistische Linke“ klar gegen
jene AnwohnerInnen, die lieber auf anonyme Sabotage setzen. Ganz ohne
rechtliche Folgen bleibt die Protestaktion aber nicht: Gegen den
Aktivisten, der den Baum mit der Motorsäge ansägte, wurde Anzeige
erstattet, wie Polizeisprecherin Tanja von der Ahe der taz bestätigte. Er
habe gegen die Baumschutzverordnung verstoßen.
Am Freitag legte auch die Stadt gegen den verhängten Baustopp in Blankenese
Beschwerde ein. Nach Ansicht der Behörden „tragen die Kläger keine
Verletzung von eigenen Rechten vor“, hieß es am Freitag in einer
Mitteilung. „Damit können sie sich nicht auf das vorgetragene
Umweltverfahrensrecht berufen.“ Es handle sich um die erste und bisher
einzige Unterkunft in Blankenese. „Wir halten nach wie vor an unserem
Vorhaben fest, diese Unterkunft zu errichten“, sagt Anselm Sprandel, Leiter
des Zentralen Koordinierungsstabes Flüchtlinge.
8 Apr 2016
## AUTOREN
Annika Lasarzik
## TAGS
Blankenese
Unterbringung von Geflüchteten
Bäume
Interventionistische Linke
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