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# taz.de -- Kommentar Merkels Flüchtlingspolitik: Europa braucht mehr Seehofers
> Die Kanzlerin braucht Unterstützung aus Europa. Ob sie die bekommt, ist
> aber mehr als fraglich. Ihr CSU-Partner ist dagegen richtig handzahm.
Bild: Links der Kanzlerin scheint europaweit niemand mehr zu stehen.
Eine kurze Frage vor dem EU-Gipfel, bei dem es um die weitere Aufnahme von
Flüchtlingen gehen wird: Wissen Sie, wer Angela Merkels bester und
großzügigster Helfer in ganz Europa ist? Horst Seehofer. Und zwar mit
weitem Abstand.
Hä? Der Seehofer? Der tut doch nichts anderes, als Merkel zu beschimpfen
und zu bremsen. Ja, gewiss. Aber der CSU-Chef hat immerhin sein
Einverständnis dazu erklärt, dass 200.000 neue Flüchtlinge pro Jahr nach
Deutschland kommen können, anteilige Aufnahme in Bayern eingeschlossen.
Das reicht natürlich hinten und vorne nicht und ist viel weniger, als
Merkel zulassen würde – aber: Es sind fast 200.000 mehr als in allen
anderen EU-Staaten zusammen. Deren Angebote liegen derzeit bei explizit
null (Osteuropa, Frankreich, Großbritannien), verschwurbelt null
(restliches Westeuropa) oder null Komma irgendwas (Luxemburg, Schweden).
Konkrete Zusagen: keine.
Mit anderen Worten: Könnte Merkel beim EU-Gipfel Ende der Woche mit 27
Seehofers verhandeln, wäre sie überglücklich. Rechts außen in Deutschland
bedeutet zurzeit links außen in Europa. Das muss man sich klar machen,
bevor man überlegt, was Merkel in Brüssel erreichen kann.
## Ministaaten für Minikontingente
Sie braucht: die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingskontingenten aus
der Türkei, damit die Türkei bei der Sicherung der EU-Grenzen hilft. Sie
bekommt: ein paar Schulterklopfer und – vielleicht – Zusagen von
Ministaaten für Minikontingente, irgendwann. Und das wäre schon viel. Der
kleinste und wohl einzige gemeinsame Nenner wird lauten: Sicherung der
EU-Außengrenzen. Sofort und mit immer rabiateren Mitteln.
Was wird Merkel dann tun? Kapitulieren oder weiterkämpfen?
Kapitulieren hieße, der ganzen Welt zu erklären, dass wir es leider doch
nicht schaffen – und wie alle anderen auf Abschottung zu setzen.
Weiterkämpfen hieße, den Deutschen offen und ehrlich zu erklären, dass die
anderen Europäer leider nicht mitmachen, dass wir es aber trotzdem allein
schaffen wollen, ohne Obergrenze weiter Flüchtlinge aufzunehmen.
Wahrscheinlich wählt Merkel jedoch den Mittelweg. Sie wird eine verstärkte
EU-Abschottung unterstützen und von den Menschen, die trotzdem kommen, nur
noch so viele aufnehmen, wie sie innenpolitisch durchsetzen kann. Was
bleibt ihr auch anderes übrig?
17 Feb 2016
## AUTOREN
Lukas Wallraff
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