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# taz.de -- Deutsche Beziehungen zu Nordafrika: Algerische Panzertechniker dür…
> Abschiebungen stocken, Minister drohen mit Geldentzug. Dabei sind
> Wirtschaftsbeziehungen mit Algerien und Marokko für Deutschland wichtig.
Bild: Gewalt erzeugt Gegenwehr: Frau demonstriert gegen Polizeigewalt, Anfang d…
BERLINtaz | Die Antwort auf die Frage, warum Leute in Marokko oder Algerien
auf die Idee kommen könnten, nach Deutschland auszuwandern, liefern die
Webseiten der deutschen Botschaften in Rabat und Algier. „Sie möchten in
Deutschland leben und arbeiten? Deutschland bietet Fachkräften gute
Perspektiven“, steht da auf Deutsch, Französisch und Arabisch. Wer
weiterklickt, liest: „Deutschland ist ein attraktives Einwanderungsland …
Willkommen in Deutschland, das Land für Ihre Ideen.“
Seit Silvester sind Nordafrikaner in Deutschland nicht mehr willkommen.
Politiker empören sich über „unkooperative Herkunftsländer“. Der
außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hart,
erklärte: „Algerien und Marokko haben wie alle Staaten selbstverständlich
die Pflicht, eigene Staatsbürger wieder aufzunehmen.“ Es müsse „ein
Zurückfahren der Hilfe“ diskutiert werden.
Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) tönte: „Es kann nicht
sein, dass man die Entwicklungshilfe nimmt, aber die eigenen Bürger nicht.“
Deutschland sei nur dann bereit, in diesen Ländern zu helfen, wenn diese
ihre Bürger wieder einreisen ließen.
Mit „Hilfe“ haben die deutschen Beziehungen zu Nordafrika wenig zu tun.
Erst vor zehn Monaten unterschrieb Gabriel in Berlin mit einem algerischen
Minister die Gründung einer deutsch-algerischen Energiepartnerschaft.
Algerien sei „ein attraktiver Partner für Deutschland“, sagte er.
## Größtes Rüstungsgeschäft in Afrika
Im Sommer 2014 hatte Gabriel dem Rüstungskonzern Rheinmetall die Ausfuhr
einer kompletten Panzerfabrik nach Algerien genehmigt – das größte deutsche
Rüstungsgeschäft in Afrika. Die Fabrik soll fast 1.000 „Fuchs“-Radpanzer …
Lizenz herstellen, die Mitarbeiter dafür werden vorab in Deutschland
ausgebildet. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hatte den Deal bei ihrem
Algerienbesuch 2008 eingefädelt.
Algeriens Asylsuchende will Deutschland nicht – es schult stattdessen
autoritär regierte Algerier im Bau von Panzern. In Marokko liegt der
Schwerpunkt der Beziehungen zu Deutschland in einem Bereich, in dem die
Bundesregierung mit Kürzungen vor allem ihrem eigenen Ruf schaden würde:
dem Ausbau erneuerbarer Energien.
Mit Krediten von insgesamt 654 Millionen Euro unterstützt die Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW) den Bau des größten Solarkraftwerk-Komplexes der
Welt, der im marokkanischen Ouarzazate entsteht.
## Bekämpfung von Fluchtursachen
Bei der Unterzeichnung der Kreditverträge im Dezember 2014 sagte
Bundesumweltminiserin Barbara Hendricks (SPD): „Durch unsere Unterstützung
zeigen wir, dass Deutschland seine Verantwortung für den globalen
Klimaschutz ernst nimmt.“ Der Ausbau erneuerbarer Energien sei „die
Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung“ – also auch ein Beitrag zur
Bekämpfung von Fluchtursachen.
Marokko gilt als Vorreiter bei der Entwicklung der Sonnenenergie; dies ist
ein Überbleibsel der Zeiten, als deutsche Umweltschützer und interessierte
Firmen gemeinsam im Konsortium Desertec von gigantischen Solarkraftwerken
in ganz Nordafrika träumten.
Algerien ist Deutschlands drittgrößter Handelspartner in Afrika, mit
Exporten dorthin, zumeist Autos und Autoteile, im Wert von 2,6 Milliarden
Euro im Jahr 2014, ein Zuwachs von einem Viertel gegenüber dem Vorjahr; die
Importe, hauptsächlich Öl und Gas und Chemieprodukte, lagen leicht
darunter, aber Deutschland bezieht aus Algerien mehr Waren als aus
Griechenland oder Israel.
## „Erschließung weiterer Märkte“
„Ich freue mich, dass sich unsere Partnerschaft auf Augenhöhe so positiv
entwickelt“, sagte Gabriels Staatssekretär Matthias Machnig im vergangenen
April zur Eröffnung der 5. Deutsch-Algerischen Gemischten
Wirtschaftskommission. Ein offizieller Schwerpunkt dieser Kommission ist
die Förderung der Beschäftigung für junge Algerier.
Marokko liegt auf der Liste der afrikanischen Handelspartner Deutschlands
gleich hinter Algerien und ist derzeit Partnerland der Grünen Woche in
Berlin. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Marokko ist sehr
aktiv.
Im November 2015 hieß es auf einem „Wirtschaftstag Marokko“ in Mainz,
Marokko sei „ein kostengünstiger Produktionsstandort“, „ein aufstrebender
Abnehmer“ und „ein guter Ausgangspunkt für die Erschließung weiterer
Märkte“. Ab 1. März 2016 fördert Gabriels Ministerium eine
„Geschäftsanbahnungsreise“ nach Marokko für die deutsche
Automobilindustrie. Das Geschäftsklima pflegt der Minister schon mal
selbst.
20 Jan 2016
## AUTOREN
Dominic Johnson
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