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# taz.de -- Gleichstellung der Religionen? Läuft nicht.: Zur Gleichberechtigun…
> Niedersachsens Regierung will islamischen Glaubensgemeinschaften ähnliche
> Rechte einräumen wie christlichen Kirchen – doch die Opposition bremst.
Bild: Wollen sie überhaupt Gebetsräume in Schulen? Das werden muslimische Sch…
Hannover taz | Die Gleichstellung islamischer Religionsgemeinschaften mit
christlichen Kirchen lässt in Niedersachsen auf sich warten. Die Opposition
aus CDU und FDP, aber auch einzelne sozialdemokratische Abgeordnete haben
massive Bedenken gegen die Verträge, die die rot-grüne Landesregierung mit
dem Dachverband der türkischen Moscheegemeinden (Ditib), dem Landesverband
der Muslime (Schura) und den alevitischen Gemeinden abschließen will. „In
der jetzigen Form sind die Verträge für uns nicht zustimmungsfähig“, sagt
der Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Eike Frenzel. Eine „kurzfristige
Beschlussfassung“ sei nicht denkbar, betont auch der stellvertretende
Fraktionschef der FDP, Stefan Birkner.
Die Landesregierung von SPD-Ministerpräsident Stephan Weil will mit den
Verträgen die „Vertrauensbasis“ zwischen den islamischen
Religionsgemeinschaften und der Gesamtbevölkerung stärken sowie Muslime
„zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung“ ermutigen, heißt es in d…
Präambel eines Entwurfs, der der taz vorliegt. Dazu sollen Ditib, Schura
und Aleviten ähnliche Rechte eingeräumt werden, wie sie etwa christliche
Kirchen seit Jahrzehnten genießen. Hamburg und Bremen haben schon 2012 und
2013 entsprechende Staatsverträge geschlossen.
Jetzt will sich auch Niedersachsen etwa zum Bau von Moscheen bekennen – die
sich allerdings „in ihre jeweilige Umgebung einfügen“ sollen. Außerdem
sollen islamische Feiertage wie das Opferfest in das Feiertagsgesetz
aufgenommen werden – islamische Arbeitnehmer könnten an diesem Tag
unbezahlt freinehmen. Auch Bestattungen nach islamischen Ritus – also in
Leichentüchern statt Särgen – könnten leichter möglich sein. Außerdem
sollen Schulen versuchen, „für das Beten geeignete Räume zur Verfügung zu
stellen“.
Doch für die Christdemokraten scheint besonders dieser Vorstoß eine
Provokation zu sein. „Auf der einen Seite fordert das
Bundesverfassungsgericht, dass alle Kreuze aus öffentlichen Schulen müssen;
auf der anderen Seite sollen jetzt Gebetsräume eingerichtet werden“,
kritisierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Björn Thümler bereits in der
vergangenen Woche bei einem „Grundwerteforum“ seiner Partei im Hildesheimer
Dommuseum. „Da machen wir nicht mit.“
Auch die SPD-Angeordnete Thela Wernstedt warnte gegenüber der
Nordwest-Zeitung davor, „eine Religion zu privilegieren – den Islam“. Es
sei „prinzipiell schwierig, wenn ein Raum extra für die Ausübung von
Religion bereitgehalten wird“.
Wernstedts Fraktion allerdings will davon nichts wissen. Niemand plane die
Einführung spezieller Gebetsräume exklusiv für Muslime, versichern die
Sozialdemokraten. Bestenfalls sei an einen „Raum der Stille“ gedacht, der
Gläubigen aller Religionen, aber auch Atheisten offen stehen soll. Falls
sich dafür kein Platz finde, reiche es aber aus, muslimischen SchülerInnen
außerhalb der Unterrichtszeiten eine Rückzugsmöglichkeit zum Gebet zu
geben: „Das kann auch der Karten- oder der Physikraum sein.“
Den Christdemokraten aber reicht das nicht – offenbar beherrscht viele die
Furcht vor einer Bevorzugung des Islams. So wird in der Partei diskutiert,
wie etwa orthodoxe Christen den Muslimen gleichgestellt werden könnten.
Selbst islamische Grabfelder erwecken Verdacht: Für die ist ein
„privatrechliches Benutzungsentgeld“ vorgesehen – in der CDU geht deshalb
die Sorge vor einer Privatisierung der Friedhöfe und ein Ende des
„Sargzwangs“ um.
Entsprechend „frustriert“ geben sich deshalb VertreterInnen der Islamischen
Glaubensgemeinschaften wie Ditib-Sprecherin Emine Oguz. Zwar will
Niedersachsens Landesregierung die Vertragsentwürfe am kommenden Montag
billigen. Danach soll eine möglichst breite Mehrheit im Landtag gesucht
werden – wie auch bei ähnlichen Vereinbarungen mit christlichen Kirchen
oder dem Zentralrat der Juden.
Eine schnelle Einigung aber ist nicht in Sicht: CDU und FDP haben bereits
angekündigt, den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags
einzuschalten: Der soll unter anderem klären, ob und wie lange auch
kommende Landesregierungen an die Vereinbarungen gebunden sind.
Viele Bedenken könnten längst ausgeräumt sein, glaubt dagegen
Ditib-Sprecherin Oguz – so hätten Muslime natürlich keine eigenen
Gebetsräume an Schulen gefordert. „Aber Herr Thümler“, klagt sie, „spri…
nicht mit uns.“
9 Dec 2015
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Religion
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Islam
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Niedersachsen
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Islam
Heinz Buschkowsky
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