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# taz.de -- Radikale Wechsel in der Umweltpolitik: Und plötzlich Klimaschutz
> Politische Machtwechsel entscheiden über die ökologische Zukunft eines
> Landes. Auf der COP21 führt das derzeit zu ungewohnten Koalitionen.
Bild: Kanada, einst Vorreiter der Klimabewegung, hatte sich unter den Konservat…
Paris taz | „Klimapolitik ist Sache der Regierung“, lächelt Claudia
Salerno, während sie beim Pariser Klimagipfel durch Halle 2 stürmt und auf
ihrem Smartphone herumtippt. „Und wir sind immer noch die Regierung. Warum
sollten die Wahlen daran etwas ändern?“
Viele Menschen in Paris hoffen genau darauf. Denn Salerno,
Klimabotschafterin von Venezuela mit Hang zu lautstarken
antikapitalistischen Auftritten, hat seit Sonntag in Caracas ein Parlament,
in dem nicht mehr die Sozialisten die Mehrheit haben, sondern Konservative
und Liberale. Das ändert zwar nichts an Venezuelas Abhängigkeit von
Ölexporten – aber ob das Land weiterhin so auf die Industrieländer
schimpfen wird wie bisher, ist fraglich. Vielleicht, so die Hoffnung,
könnte „Drama-Claudia“ sich in der entscheidenden Nacht der Verhandlungen
ein wenig zügeln.
Geschwächt wird damit auch die Achse der Linksregierungen von Ecuador,
Bolivien und Nicaragua, die bei Klimakonferenzen immer mal wieder für
Krawall sorgen. Nicaragua und Venezuela gehören zu den wenigen Staaten, die
vor Paris keine nationalen Klimapläne vorgelegt haben; Nicaragua bezeichnet
sie als „trojanische Pferde“ der Yankees.
## Klima ist Innenpolitik
An starken Worten hat es den kleinen sozialistischen Regierungen auf der
Klimabühne nie gefehlt.Denn Klimapolitik auf der UN-Konferenz ist für viele
Länder vor allem Innenpolitik. Ob sich ein Land im Klimaschutz engagiert
oder an den Fossilen festhält, hängt nicht nur an seiner industriellen
Struktur, sondern auch an den politischen Mehrheiten zu Hause. Wird eine
Regierung abgewählt, wechselt ein Land auch auf der Klimakonferenz manchmal
ganz schnell und radikal die Seiten. Plötzlich sind in der UN bis dato
unmögliche Koalitionen denkbar.
Jüngstes Beispiel: Kanada. Nach dem Wahlsieg des Liberalen Justin Trudeau
im November verkündete seine neue Umweltministerin Catherine McKenna:
„Canada is back!“ Der Nordstaat, einst Vorreiter der Klimabewegung, hatte
sich unter den Konservativen zum Ökoschurken entwickelt: Subventionen für
die dreckigen Teersände, Abschied aus dem Kiotoprotokoll und unzureichende
Klimapläne.
Die neue Regierung will vieles besser machen und ist in Paris sehr
engagiert, hat aber ein großes Problem: Der alte Klimaplan gilt noch. Und
ehe die Bundesregierung in Ottawa ihn ändern kann, „müssen wir die
Provinzen konsultieren, die für Ressourcen und Elektrizität zuständig
sind“, gestand McKenna vor der Konferenz. Zumindest seine finanziellen
Klimazusagen hat das Land sofort erhöht.
Auch in Australien hatten die Klimaschützer Mitte September Grund zur
Freude. Der klimaskeptische Premier Tony Abbott wurde in seiner
konservativen Partei als Premier gestürzt und durch den moderateren Malcom
Turnbull ersetzt. Der kündigte am ersten Tag in Paris an, sein Land werde
endlich das Kiotoprotokoll ratifizieren. Und seitdem hat Australien auf der
COP den Fuß von der Bremse genommen.
## Vom Bremser zum Antreiber
Den größten Umschwung für die klimapolitische Großwetterlage hat sicher
2008 die Wahl von Barack Obama in den USA gebracht. Zwar scheiterte der
US-Präsident in Kopenhagen und an der Heimatfront der Republikaner mit
seiner Idee, Umweltgesetze im Konsens zu erlassen. Aber sein Alleingang zur
Regulierung der Kohle, der Auto-Emissionen und seine Deals mit China haben
die USA wieder vom Bremser zum Antreiber auf der COP gemacht – und die acht
Jahre voller Ökograusamkeiten von George W. Bush revidiert.
Aber der Schuss kann auch nach hinten losgehen. Die neue erzkonservative
PiS-Regierung in Polen hat klar gemacht, dass sie hinter die EU-Klimapläne
zurückfallen will. Auch die neue konservative Regierung in Dänemark hat
gerade von den Umweltverbänden auf der Konferenz den Schmähpreis „Fossil
des Tages“ bekommen, weil sie die Förderung der Windenergie zu Hause
gestutzt und die Klimafinanzhilfen für arme Staaten halbiert hat.
Ausgenommen von diesen schwankenden Konjunkturen im Klimaschutz ist
Deutschland. Unter drei KanzlerInnen und fast allen denkbaren politischen
Konstellationen hat sich die deutsche Klimapolitik kaum verändert.
Ähnliches gilt für China. Denn ein Problem der westlichen Demokratien habe
das Land nicht, sagte eine chinesische Journalistin: „Bei uns wechselt die
Regierung nicht.“
9 Dec 2015
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Kanada
Barack Obama
Australien
Umweltpolitik
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USA
Ökostrom
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