| # taz.de -- Zwischenstand der Klimakonferenz: Hoffen auf die zweite Halbzeit | |
| > Die Klimakonferenz weiß nach einer Woche endlich, worüber sie verhandeln | |
| > will. Städte und Gemeinden sind weiter: Sie fordern echte Fortschritte. | |
| Bild: Aktivisten fordern saubere Luft bei der COP21 in Paris. | |
| Paris taz | So kann man es auch sehen: „Wenn wir soweit sind, dass die | |
| Geheimdienste die Klimakonferenz abhören“, sagte der ehemalige Chef des | |
| UN-Klimasekretariats Yvo de Boer am Wochenende, „dann heißt das: Wir sind | |
| auf dem richtigen Weg.“ | |
| De Boer spielte auf die Debatte um die Hackerangriffe auf Delegierte an. | |
| Dazu kamen Meldungen, dass manche kleinen Staaten sich lieber unter freiem | |
| Himmel als in ihren Büros treffen, weil sie fürchten, abgehört zu werden. | |
| Allzu viel Brisantes werden aber auch die größten Lauscher auf dem | |
| Konferenzzentrum in Le Bourget in diesen Tagen kaum hören. Denn die | |
| Konferenz hat sich nach einer zähen ersten Woche ohne inhaltliche | |
| Fortschritte in der Nacht zu Samstag bisher nur darauf geeinigt, worüber | |
| die Minister in der nächsten Woche überhaupt verhandeln sollen. | |
| Statt eines 54-seitigen Papiers voller Kraut und Rüben gibt es jetzt 38 | |
| Seiten, die „intelligent strukturiert sind“, wie der deutsche | |
| Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth sagte. „Allerdings sind alle | |
| politischen Fragen weiter offen. Es liegt eine Menge Arbeit auf dem Tisch | |
| der Minister.“ | |
| ## Wortakrobatik und Streithähne | |
| So bescheiden sind die Ansprüche inzwischen geworden. Auch der Auftritt von | |
| über 150 Staatschefs am Beginn der Konferenz hat nicht dazu geführt, dass | |
| sich die Delegationen inhaltlich auch nur einen Millimeter bewegt haben. | |
| Eigentlich sollten die Minister im „high level segment“ der zweiten Woche | |
| mit etwa fünf bis sechs klar umrissenen Problemfeldern zu tun haben. Jetzt | |
| müssen sie in großer Runde gemeinsam Wortakrobatik betreiben. | |
| Geplant ist dafür eine Verhandlungsrunde für etwa 80 Parteien, aber mehr | |
| Plätzen in der zweiten Reihe, so dass alle Länder und Staatengruppen | |
| vertreten sind. Geführt wird dieses Gremium vom französischen Außenminister | |
| Laurent Fabius, der ab Samstag die Präsidentschaft der COP übernommen hat. | |
| Wenn es irgendwo hakt – und es wird haken – wird Fabius aus diesem Kreis | |
| die Streithähne zur Kompromissfindung vor die Tür schicken. | |
| Neben den eigentlichen Verhandlungen werden von allen Seiten | |
| Verhandlungs-Signale gefunkt. Nachdem die hartleibigen Entwicklungsländer | |
| die reichen Staaten immer wieder kritisiert hatten, weil nicht genug Geld | |
| für Klimahilfen versprochen werde, konterten die G7-Staaten am Samstag mit | |
| noch einmal 300 Millionen Dollar: Mit diesem Geld werden sie Versicherungen | |
| für die Opfer von Fluten und Stürmen in den ärmsten Länder absichern. | |
| „180 Millionen Menschen zusätzlich kommen dadurch an eine Versicherung | |
| gegen den Klimawandel“, sagte der Thomas Silberhorn, Staatssekretär im | |
| Bundes-Entwicklungsministerium. Diese Versicherungen sind eine Initiative | |
| der deutschen G7-Präsidentschaft und der Bund legt dafür 150 Millionen auf | |
| den Tisch. | |
| ## Reden, Aktionen und großer Beifall | |
| Um sich selbst Mut zu machen, hatte die Konferenz den ganzen Samstag zum | |
| „Klima-Aktionstag“ erklärt. Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal | |
| sagte: „Es gibt viele gute Nachrichten: Niemand bestreitet mehr die | |
| Wissenschaft vom Klimawandel, wir haben die nötigen Technologien, um ihn zu | |
| bekämpfen. Vieles davon sind Optionen, bei denen alle gewinnen.“ | |
| In einer langen Reihe von Reden und Aktionen durch Politiker und Prominente | |
| werden zum ersten Mal auf einer COP die Klimaschutz-Anstrengungen von | |
| Akteuren offiziell anerkannt, die keine Staaten sind: Städte, Gemeinde, | |
| Unternehmen, Investoren durften den ganzen Tag unter großem Beifall ihr | |
| Projekte vorstellen. | |
| Für das globale Bündnis für nachhaltige Städte ICLEI präsentierte der | |
| Bürgermeister von Seoul, Park Won-Soon, die Forderungen von weltweit etwa | |
| 1.000 Städten und Gemeinden an die COP: Ein ehrgeiziges Abkommen, das bis | |
| 2050 aus den fossilen Brennstoffen aussteigt und die Energieversorgung auf | |
| 100 Prozent Erneuerbare umstellt; alle fünf Jahre eine Überprüfung der | |
| Klimapläne der Länder, finanzielle Hilfe dafür durch die Reichen – und zwar | |
| jährlich 35 Milliarden aus Steuergeldern – und eine Regelung für | |
| Entschädigung bei Klimaschäden. | |
| Kurz: Eine sehr weit gehende und ambitionierte Liste. Sollte sie auch nur | |
| ansatzweise umgesetzt werden, dürfte sich für die Details durchaus der eine | |
| oder andere heimliche Mithörer interessieren. | |
| 5 Dec 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Pötter | |
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