# taz.de -- Allianzen auf der Klimakonferenz: Wer mit wem? | |
> In der zweiten Woche der Pariser Klimakonferenz entstehen neue Bündnisse. | |
> Sie entscheiden über den Ausgang der Verhandlungen. | |
Bild: Große Auswahl: Für Allianzen kann jeder Staat aus 194 anderen Teilnehme… | |
PARIS taz/dpa | Innerhalb der Klimaverhandlungen gibt es eine Reihe von | |
Verhandlungsgruppen mit langer Tradition: Die Europäische Union verhandelt | |
als Block, eine Reihe von Industrieländern hat sich unter Führung der USA | |
zur sogenannten Umbrella-Gruppe (Kanada, Japan, Norwegen, Russland, die | |
Ukraine, Neuseeland, Island und Australien) zusammengeschlossen. Die | |
Entwicklungs- und Schwellenländer verhandeln als „G77+China“. | |
In der zweiten Woche der Pariser Klimakonferenz werden die Verhandler neue | |
Allianzen schmieden, die über diese traditionellen Gruppen hinausgehen. | |
Diese Bündnisse sind entscheidend für den Ausgang der Klimakonferenz: Sie | |
entfalten eine neue Dynamik und verschieben Verhandlungs- und | |
Konfliktlinien. Ob die Allianzen an Maximal- oder Minimalzielen | |
ausgerichtet sind, ist entscheidend für den Ausgang der Konferenz von | |
Paris. | |
In Durban beispielsweise kooperierte die Europäische Union mit der Gruppe | |
der kleinen Inselstaaten und am wenigsten entwickelten Länder. Die USA | |
kollaborierte mit der Gruppe der größten Schwellenländer, den BRICS-Staaten | |
(Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika). | |
Beim Treffen der Staatschefs zu Beginn der Pariser Klimakonferenz traf sich | |
Präsident Obama mit Vertretern der kleinen Inselstaaten; ein Bündnis der | |
USA und diesen kleinen Staaten scheint zumindest beim Thema | |
Klimafinanzierung denkbar. Es ist aber kein Bündnis, das die Verhandlungen | |
bestimmen wird. | |
## USA gemeinsam mit China | |
Bereits ein Jahr vor der Klimakonferenz verkündeten China und die USA bei | |
einem bilateralen Treffen gemeinsame Emissionsziele und das Vorhaben, die | |
Erderwärmung auf 2 Grad zu beschränken. Innerhalb der Klimaverhandlungen | |
wird die Verbindung beider Staaten daher auch G2-Bündnis genannt. | |
Beobachter trauen China und den USA zu, gemeinsam das Ruder in Paris zu | |
übernehmen. | |
Sie sind die beiden Staaten mit dem größten Schadstoffausstoß und | |
gleichzeitig die finanzstärksten Länder. Das bilaterale Statement von China | |
und USA skizziert bereits sehr deutlich, wie ein Abkommen unter der Regie | |
beider Mächte aussehen könnte: Es würde kaum auf ein Null-Emissionen-Ziel | |
bis zum Ende des Jahrhunderts abzielen und noch weniger auf hundert Prozent | |
erneuerbare Energien bis 2050. | |
## Das Bündnis der EU | |
Bereits in der ersten Woche sprachen sich einige EU-Staaten dafür aus, die | |
Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen. Das war so etwas wie ein | |
erster öffentlicher Flirt mit den Inselstaaten. | |
Die Europäische Union und ein Bündnis von 79 afrikanischen, karibischen und | |
pazifischen Staaten haben am Dienstag ein neues Bündnis verkündet. | |
Insgesamt über 107 Staaten sind bisher teil davon. | |
Das Bündnis hat vier Kernforderungen: Ein Klimavertrag muss verbindlich | |
sein und soll sich zum Ziel setzen die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu | |
begrenzen. Die bisherigen Klimaschutz-Ziele sollen alle fünf Jahre | |
überprüft werden. Viertens soll regelmäßig überprüft werden, ob die | |
nationalen Klimaschutzzusagen auch eingehalten werden. | |
Laut Medienberichten könnte dieses Bündnis jedoch noch weit größer werden: | |
Seit Sommer diesen Jahres gab es offenbar geheime Treffen auf | |
Ministerebene. Nach dem Schulterschluss mit den afrikanischen, karibischen | |
und pazifischen Staaten will die EU nun auch die USA mit ins Boot holen | |
sowie eine Reihe lateinamerikanischer Staaten. Gespräche dazu waren am | |
Mittwoch nach Angaben aus EU-Kreisen im Gange. Gleichzeitig wurde mit | |
Spannung ein neuer Textentwurf für einen Weltklimavertrag erwartet. Ein | |
solch großes Verhandlungsbündnis wäre eine Neuheit und hätte enormen | |
Einfluss. | |
Der amerikanische Außenminister John Kerry sagte, sein Land verkünde an | |
diesem Tag formell die Teilnahme an einer Koalition der Ehrgeizigen. Was er | |
damit meinte, machte Kerry nicht deutlich. Bei früheren Auftritten hatte | |
US-Verhandler Todd Stern mit dieser Formulierung eine Allianz mit den am | |
wenigsten entwickelten Staaten, bestimmten Entwicklungsländern, der EU und | |
einer Gruppe von Industrieländern bezeichnet. | |
## Was liegt bisher auf dem Tisch? | |
Besonders stark betroffene Staaten fordern, dass eine maximale Erderwärmung | |
um 1,5 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts festgeschrieben wird. Diese | |
Option ist weiterhin im Rahmenentwurf zum Klimaabkommen enthalten. Zum | |
ersten Mal sprachen sich in Paris auch Industriestaaten dafür aus, | |
einschließlich Deutschland, Frankreich und Kanada. | |
Bereits heute richtet der Klimawandel unwiederbringlichen Schaden an – sei | |
es weil Ackerland zu Wüste wird oder der steigende Meeresspiegel Inseln | |
überspült. Die betroffenen Länder fordern deshalb finanzielle | |
Entschädigungen. Die gute Nachricht ist: Das Streichen von „Loss & Damage“, | |
wie es im Verhandlungssprech heißt, ist keine Option mehr. Unsicher ist | |
weiterhin, ob Entschädigung für Klimaschäden ein eigenständiger Teil des | |
Klimavertrags sein wird. | |
## Was fehlt bisher? | |
Schon im Vorfeld der Pariser Klimakonferenz reichte ein Großteil aller | |
Staaten nationale Klimaschutzpläne ein. Das Abkommen von Paris baut | |
wesentlich auf diesen Klimaschutzplänen (INDCs) auf. Sie sind aber weit | |
davon entfernt, die Erwärmung auf 2 oder gar 1,5 Grad zu beschränken und | |
laufen aktuell auf etwa 3 Grad Erwärmung hinaus. | |
Die meisten Beobachter und viele Staaten fordern deshalb einen sogenannten | |
Ambitionsmechanismus: Alle fünf Jahre sollen bisherige Klimaschutzziele | |
überprüft und ehrgeiziger formuliert werden. Der aktuelle Entwurf sieht | |
aber keine Nachbesserung an den Klimaschutzzielen bis 2024 vor. So würden | |
unzureichende Klimaschutzpläne für die nächsten neun Jahre festgelegt. | |
Seit dem ersten Klimagipfel wird bei den Klimaverhandlungen zwischen | |
Entwicklungs- und Industrieländern unterschieden. Diese Differenzierung | |
beruht noch heute auf den Wirtschaftsdaten von damals. Katar und Singapur | |
gelten immer noch als Entwicklungsländer, obwohl sie eines der höchsten | |
Pro-Kopf Einkommen überhaupt haben. Besonders die USA werden einem | |
Klimadeal nicht zustimmen, wenn diese Länder als Entwicklungsländer geführt | |
werden und somit weniger Verantwortung übernehmen müssen. | |
Andreas Sieber ist 24 Jahre alt und wird während der Klimakonferenz in | |
Paris mit dem journalistischen „[1][Climate Tracker Stipendium]“ gefördert. | |
9 Dec 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://adoptanegotiator.org/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Sieber | |
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