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# taz.de -- Spionage beim Klimagipfel: Geheimdienstsache Klimawandel
> Das Hackerkollektiv Anonymous will offenbar die Website der
> Klimakonferenz angreifen. Die Geheimdienste hören öfter mal ab.
Bild: Stille Post: Geheime Informationen sind beim Klimagipfel nicht so geheim,…
Paris taz | Mit der Attacke der Maskierten rechnet die UNO in jeder
Nanosekunde: Das Hackerkollektiv Anonymous steht offenbar kurz vor einem
Angriff auf die Website der Klimakonferenz. „Wir haben von unseren
IT-Sicherheitsleuten die Warnung bekommen, dass Anonymous einen Angriff
vorbereitet“, hieß es am Mittwoch aus dem Organisationsteam der Konferenz
zur taz. „Im Internet sind schon mehrere mögliche Angriffspunkte auf unsere
Homepage veröffentlicht worden.“
Nach diesen Informationen hat die französische Behörde für IT-Sicherheit
ANSSI die elektronische Sicherung der prestigeträchtigen Konferenz
übernommen. Und darauf zielt wohl auch Anonymous. Der Angriff, so hieß es
aus Konferenzkreisen, soll eine Vergeltung für das rabiate Eingreifen der
Polizei bei den verbotenen Demonstrationen in Paris vom Wochenende zum
Auftakt der COP sein.
Wer genau hinter Anonymous steht, ist einmal mehr unklar. Hinter dem
vermeintlichen Hackerkollektiv können sich alle Arten von Akteuren
verstecken. Gemein ist ihnen lediglich, dass sie die gleiche Tarnidentität
verwenden.
Eine direkte Cyberattacke auf die Konferenz wäre neu. Mit der
Datensicherheit bei den Klimagesprächen ist es hingegen nicht allzu weit
her. Denn das bestgehütete Geheimnis auf Klimakonferenzen ist, dass es
keine Geheimnisse gibt. Die offiziell geltende „Vertraulichkeit
diplomatischer Informationen“ ist nur ein frommer Wunsch.
## Sensible Dinge dürfen nicht am Handy besprochen werden
Bereits 2009 beim Kopenhagen-Gipfel hatte der US-Geheimdienst NSA die
wichtigsten Länder in der Klimafrage ausgespäht, wie Edward Snowden später
enthüllte. Während des Gipfels sicherten die Lauschangriffe den
US-Delegierten einen Informationsvorsprung etwa über ein entscheidendes
Papier der dänischen Verhandlungsführer und über Gespräche zwischen Indien
und China. In der heißen Phase der Verhandlungen spiele das Abhören der
anderen Delegationen „ohne Zweifel eine wichtige Rolle, um unsere
Delegation so gut informiert wie möglich zu halten“, heißt es in dem
publizierten Schreiben aus dem Snowden-Fundus.
Ein Jahr später waren es die Briten. Der Geheimdienst Ihrer Majestät GCHQ
schleuste einen Agenten in die britische Delegation ein, der dort Zugang zu
den Daten, Informationen und Mitgliederlisten aller Länderdelegationen
hatte. Die Nachrichten des Spions waren zwar wenig brisant: Die 23-seitige
Powerpoint-Präsentation zeigt Fotos von Echsen und Affen auf dem Gelände
des Luxushotels oder die Tür des chinesischen Delegationsbüros.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich dennoch empört: „Alle
diplomatischen Informationen sind unantastbar. Sie sollten in ihrer
gesamten Vertraulichkeit geschützt werden.“ Er ordnete eine Untersuchung
an. Ein Jahr später war diese abgeschlossen, aber UN-Sprecher Farhan Haq
gibt sich auf Anfrage nun kurz angebunden. „Dieses Thema wurde mit dem
betroffenen Mitgliedstaat erörtert“, erklärt er. „Mehr habe ich dazu nicht
zu sagen.“
Alle Diplomaten wissen, dass sensible Dinge nicht am Handy besprochen
werden dürfen. Trotzdem hat die Spitze der französischen Delegation extra
für die Konferenz neue und verschlüsselte Smartphones angeschafft, heißt
es. Andere Länder lassen elektronische Geräte im Flugzeug zurück, wenn sie
französischen Boden betreten. Die US-Delegation etwa zieht sich zu geheimen
Gesprächen in ihre Pariser Botschaft zurück, die besser gegen Spionage
gesichert ist. Und die deutschen Verhandler nutzen nur Laptops und
Smartphones, die nicht mit dem IT-System der Bundesregierung verbunden
sind.
Auch Umweltgruppen, die manchmal in engem Kontakt zu Regierungen stehen,
sind vorsichtig. Manche nutzten die App „Signal“, um ihren SMS-Verkehr zu
verschlüsseln. Christoph Bals von der Entwicklungsorganisation Germanwatch
sagt: „Wir nutzen sichere Software für E-Mails und den Umgang mit
Dokumenten.“ Klar sei aber auch, dass „wirklich sensible Unterlagen nicht
elektronisch verschickt werden.“
Die NGOs erzählen von einem japanischen Aktivisten, dem auf einer
Klimakonferenz sein Laptop gestohlen worden sei – mutmaßlich von
Klimaleugnern. Und sie erinnern sich noch an die Aufregung, als aus einer
anonymen Quelle kurz vor dem Gipfel von Kopenhagen gehackte E-Mails von
Mitgliedern des UN-Klimarats IPCC veröffentlicht wurden.
## Begehrte Patente
Den besten Zugriff auf die vertraulichen Gespräche haben allerdings immer
noch die Gastgeber. So entstand „durch ein technisches Versehen“, wie die
Dänen erklärten, eine Tonaufzeichnung der entscheidenden
Hinterzimmerverhandlung beim gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen. Auf
den fast 90 Minuten langen Sounddateien, aus denen das Magazin Der Spiegel
2010 zitierte, ist zu hören, wie dem französischen Präsidenten Nicolas
Sarkozy der Geduldsfaden reißt, wie der chinesische Verhandler die
Forderungen nach Emissionsgrenzen zurückweist und wie auch US-Präsident
Barack Obama die Klimaziele für einen Kompromiss verwässert.
Ob auch die Franzosen lauschen? Nach den Terrorangriffen in Paris hat
Präsident François Hollande jedenfalls den Geheimdiensten im dreimonatigen
Ausnahmezustand mehr Rechte und Freiheiten zugestanden.
Auch die Klimaverhandler nutzen Erkenntnisse ihrer „Dienste“ über die Lage
in den anderen Staaten. „Das sind gut lesbare Zusammenfassungen von meist
öffentlichen Informationen“, sagt ein erfahrener Gipfelteilnehmer.
Aufpassen müsse man allerdings „bei taktischen Überlegungen für die
Verhandlungen“. Und gut gesichert müssten Dokumente von wirtschaftlichem
Interesse sein, etwa Patentunterlagen für begehrte Technologien.
Schließlich geht es bei den Konferenzen auch um Milliardensummen und um
ökonomische Vormachtstellungen.
Allerdings nehmen es manchmal selbst die Chefs mit der Sicherheit nicht so
genau. In Kopenhagen, berichtet eine Teilnehmerin, hätten die Vertreter von
USA, China und den wichtigsten Ländern ihre vertraulichen Unterlagen nach
der entscheidenden Sitzung einfach auf den Tischen vergessen. Und der
Staatssekretär im Umweltministerium und Veteran der Klimakonferenzen,
Jochen Flasbarth, sieht die Vorkehrungen eher sportlich: „Bei den
Delegationsbüros sind doch die Wände meistens aus Pappe. Wer da beim
Nachbarn lauschen will, muss nur sein Ohr an die Wand legen.“
2 Dec 2015
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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