# taz.de -- Auftakt zum Klimagipfel in Paris: Der lange Tag der Reden | |
> Gleich zu Beginn halten die Staats- und Regierungschefs ihre Ansprachen. | |
> Eine Übersicht über treibende Kräfte und Bremser des Klimaabkommens. | |
Bild: „Canada is back“: Der neu gewählte Premier Justin Trudeau könnte in… | |
US-Präsident Barack Obama will mit als grünster Präsident der USA in die | |
Geschichte eingehen, und dafür bringt er auf den heute beginnenden | |
Weltklimagipfel in Paris einiges mit. Seine Liste an Reformen, die er zu | |
Hause durchgesetzt hat, ist lang: Die Umweltbehörde EPA will | |
Kohlekraftwerke und Autos sauberer machen, die USA geben 3 Milliarden | |
Dollar für den internationalen Klimaschutz und versprechen bis 2025 etwa 17 | |
Prozent weniger CO2 gegenüber 2005. Allerdings sind die Republikaner gegen | |
Obamas Kurs – und sie haben die Mehrheit im Kongress. Aussicht: Die USA | |
werden in Paris diplomatisch sehr aktiv sein. Wenn es schlecht läuft, plant | |
Obama sicher einen „G2-Deal“. | |
Und zwar mit China, dem inzwischen weltgrößten CO2-Verschmutzer. Präsident | |
Xi Jinping kann auf dem Weltklimagipfel damit glänzen, dass er sich bereits | |
2014 mit den USA geeinigt hat – außerhalb der UNO. Das Land will | |
erneuerbare Energien ausbauen und seine Emissionen ab 2030 nicht mehr | |
erhöhen. Xi entscheidet über Klimaschutz vor allem nach innenpolitischer | |
Stabilität: Zu viel Dreck in der Luft bringt Unmut in der Bevölkerung, zu | |
wenig Kohlestrom würgt das Wirtschaftswachstum ab. China gibt sich in den | |
Verhandlungen immer noch als Schutzmacht der Entwicklungsländer in der | |
„G77“ und bietet Hilfen von 3,1 Milliarden Dollar, mit Absicht 0,1 mehr als | |
die USA. Aussicht: Konstruktiv, aber potenziell nervtötend für | |
Industrieländer. | |
Wie die EU, die mit einem ehrgeizigen Ziel nach Paris kommt: minus 40 | |
Prozent Klimagase bis 2030, Ausbau der Erneuerbaren und der Effizienz. Wie | |
dieses Ziel auf die 28 Mitgliedstaaten verteilt wird, hat Brüssel | |
klugerweise erst für nächstes Jahr geplant. Das größte Problem sind Polen | |
und andere Ostländer, die an der Kohle festhalten wollen. Die neue | |
konservative Regierung in Warschau hat sich bereits offen gegen den | |
Klimaschutz gestellt, was die Position der EU schwächt. | |
Scheitern könnte alles an Indien. Premier Narendra Modi legt zwar zu Hause | |
ein riesiges Solarprojekt auf, fördert aber gleichzeitig die Kohle. Um | |
seine Milliardenbevölkerung aus der Armut zu holen, pocht Indien auf diese | |
dreckige Industrie, besteht auf mehr technische Hilfen aus den reichen | |
Ländern und auf sein Recht, auch die nächsten Jahrzehnte noch die | |
Emissionen zu steigern. Diplomaten klagen darüber, dass unterschiedliche | |
Stimmen in der Regierung völlig verschiedene Signale senden. Das kann | |
Taktik oder internes Chaos sein. | |
Wladimir Putin vertritt ein Russland, das klimapolitisch von seinen | |
riesigen Wäldern und immer noch vom Zusammenbruch der UdSSR zehrt: In der | |
Regel wird die Senkung des CO2-Ausstoßes immer auf Basis von 1990 | |
gerechnet. Das ermöglicht den Russen, in ihrem Klimaplan ein Minus von 25 | |
Prozent anzugeben. Experten sehen darin höchstens ein Minus von 10 Prozent, | |
weil sich Russland seine Wälder als CO2-Senker anrechnen lassen will. Ob | |
Putin bei seiner Rede etwas Positives anbietet, liegt auch daran, ob er die | |
Annäherung an den Westen in der Syrien-Frage mit seinem neuen „Alliierten“ | |
Frankreich weitertreiben will. | |
Der stellvertretende Kronprinz von Saudi-Arabien, Mohammed bin Salman bin | |
Abdulasis, wird als Letzter sprechen. Und dort steht das Land auch beim | |
Klimaschutz. Zum ersten Mal hat das Königreich einen Klimaplan vorgelegt, | |
in dem es verspricht, die Abhängigkeit vom Öl zu verringern. Allerdings | |
nur, wenn es weiter Öl verkaufen kann. Die Saudis werden die Konferenz | |
wieder bremsen, wo sie können. Was sie in der Vergangenheit oft sehr | |
effizient getan haben. | |
Ähnlich gute Diplomaten hat Brasilien, die allerdings oft hinter den | |
Kulissen Brücken bauen. Präsidentin Dilma Rousseff hat ihr Land dazu | |
verpflichtet, bis 2025 bis zu 37 Prozent der Emissionen zu sparen, vor | |
allem durch Öko-Energie. Auch ist Brasilien beim Besuch von Angela Merkel | |
im August als erstes Schwellenland auf den „Dekarboniserungs“-Pfad von | |
Deutschland eingeschwenkt. Allerdings bleibt Rousseff bisher beim | |
Waldschutz stumm. | |
Mit „Canada is back“ hat sich die neue liberale Regierung von Premier | |
Justin Trudeau zu Wort gemeldet. Die Zeiten sollen vorbei sein, wo Kanadier | |
wegen ihrer Kohlenstoffbombe der Teersandöle alles boykottierten. | |
Allerdings gelten noch die Klimapläne der konservativen Vorgänger. Trudeau | |
könnte also neue Ziele verkünden. | |
Seinen Aufruf wiederholen wird sicher Anote Tong, der Präsident des vom | |
Untergang bedrohten Inselstaats von Kiribati. Tong hatte im Sommer einen | |
offenen Brief an alle Regierungschefs der Welt geschrieben und sie gebeten, | |
keine neuen Kohleminen mehr zu eröffnen. | |
Interessant wird auch der Auftritt von Kardinal Pietro Parolin, | |
Staatssekretär des Vatikans: Welche Schlüsse zieht er für die Staatschefs | |
aus der Öko-Enzyklika von diesem Jahr, in der Papst Franziskus | |
leidenschaftlich für Klimaschutz kämpft? Er wird sicher die normalerweise | |
Unverantwortlichen an ihre Verantwortung erinnern. | |
29 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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