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# taz.de -- Die Grünen und der Gender-Star: Mehr als nur Mann und Frau
> Die Grünen wollen künftig den Gender-Star nutzen, um niemanden sprachlich
> auszuschließen. Daran gibt es hämische Kritik – die nach hinten losgeht.
Bild: Ganz schön viele Sterne
Die Grünen haben die Schwäche des Binnen-I erkannt. Nein, es ist nicht die
oft beschworene erschwerte Lesbarkeit der Texte. Es ist auch nicht der
angeblich phallische Charakter des Buchstaben und die männliche Dominanz,
die er vermeintlich ausdrückt. Das Problem ist viel grundlegender: Das
Binnen-I hat Frauen zu mehr Sichtbarkeit verholfen; immer noch unsichtbar
sind aber Menschen, die mit den Kategorien „Mann“ oder „Frau“ nicht
beschrieben werden wollen oder können.
Auf der Bundesdelegiertenkonferenz am Wochenende wollen die Grünen über den
neuen [1][Leitfaden geschlechtergerechter Sprache abstimmen] und das
Sternchen zum neuen Star des Genderns erheben. Dadurch sei sichergestellt,
„dass alle Menschen gleichermaßen genannt und dadurch mitgedacht werden“,
heißt es im Antrag des Bundesvorstandes. So werde man auch transsexuellen,
transgender und intersexuellen Personen gerecht.
Gefundenes Fressen für alle, die mit ungebrochener Hingabe an ihrem
generischen Maskulinum hängen. So weist Spiegel Online darauf hin, der
Bundesvorstand halte sich selbst nicht an die Anwendung des Sternchens.
Dort glaube man wohl, nur Männer wuchteten Koffer oder arbeiteten in
Onlineredaktionen, immerhin sei in einem Leitantrag die Rede „von den
Berufsbildern ‚Flughafenpacker‘ und ‚Onlineredakteur‘“.
Nun steht in dem Leitantrag zur Arbeitszeitpolitik, dass permanente
Verfügbarkeit zum Alltag vieler Arbeitender gehöre – „seien es der
Onlineredakteur oder die Projektmanagerin, der Flughafenpacker oder die
Servicekraft im Schnellrestaurant“. Es geht also um beispielhaft
ausgewählte Personen, nicht um das Berufsbild. Klar hätten die Grünen die
Geschlechter auch entgegen der gängigen Rollenbilder verteilen können.
Ihnen daraus einen Strick in Sachen Gender-Star drehen zu wollen ist aber
unangebracht.
Und in seiner Satire-Abteilung SPAM lässt Spiegel Online sein Publikum
unter der Überschrift „*innen,***innen*** oder *i*n*n*i*n*n*e*n?“ [2][über
die Pläne der Grünen abstimmen]. Zur Auswahl stehen Aussagen wie „So ein
ganz kleiner Busen mit noch kleinerer Brustwarze statt Stern – das wär’s�…
oder „Find ich super. Erinnert mich an die Häkeluntersetzer meiner Oma,
also doch ein wunderschönes Frauensymbol“. Schon in Ordnung, ist ja Satire.
Gut gemacht geht aber anders.
Auch etwas vorschnell ist [3][die Kritik der WAZ]. Diese bemängelt, dass
kein Wort über die viele Zeit falle, die Leser*innen durch die ungewohnte
Schreibweise verlieren würden. Um diese nur schwer erträgliche Belastung zu
verdeutlichen, hat die Redaktion den Text gleich ein zweites Mal ins Netz
gestellt – in der mit dem Sternchen durchgegenderten Variante.
Leider hat sie damit eindrucksvoll bewiesen, nicht einmal die weibliche
Form einiger Wörter zu beherrschen. So finden sich in dem Text Worte wie
„Bundesdelegiert*innenkonferenz“ und „Hochschulangestellt*innen“. Eine
Bundesdelegiertin? Eine Hochschulangestelltin? Nie gehört.
19 Nov 2015
## LINKS
[1] http://bdk.antragsgruen.de/39/motion/pdfcollection
[2] http://www.spiegel.de/spam/spam-satire-vote-fuer-das-gruene-gendersternchen…
[3] http://www.derwesten.de/politik/so-saehe-dieser-artikel-nach-dem-aenderungs…
## AUTOREN
Dinah Riese
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