# taz.de -- TV-Kritik „Hart aber fair“: Genderwahn recycelt | |
> Gegen Plasbergs Talkshow zu Ampelmännchen und Unisextoiletten im März gab | |
> es Proteste. Jetzt wurde die gesamte Diskussion wiederholt. | |
Bild: Schönenborn, Mattfeldt-Kloth, Wizorek, Hofreiter, Thomalla, Kubicki, Kel… | |
Das war also ein „Fernsehexperiment“: Der [1][umstrittene „Hart aber | |
fair“-Talk zu Ampelmännchen und Unisextoiletten] wurde einfach nochmal | |
aufgelegt. Weil es [2][nach der Sendung im März massenhaft Kritik] an der | |
Sendung, an der Moderation und teilweise an den Gästen gab und der | |
WDR-Rundfunkrat das Ganze auch noch rügte, spielte man am Montagabend | |
„Zurück auf Los“: gleiche Sendung mit denselben Gästen. Diesmal sollte | |
alles fundierter, politisch korrekter und nicht so feindlich gegenüber dem | |
„Genderwahn“ sein. | |
Und da saßen dann FDP-Krawalltüte Wolfgang Kubicki, Antifeministin Birgit | |
Kelle, Schauspielerin Sophia Thomalla, Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter | |
und Bloggerin Anne Wizorek wieder nebeneinander – so wie einst im März. | |
Damals stritten sich die Fünf heftig über Mädchen- und Jungsspielzeug, | |
röhrende Hirsche, Unterstriche in der Sprache, Lohnungleichheit, | |
Frauenquote und Komplimente. | |
Sie warfen sich „Gendergaga“, „Machogehabe“ und Unwissen vor. Wizorek | |
kritisierte, dass keine Gender-Expertin eingeladen war. Das ließ das Team | |
um Moderator Frank Plasberg nicht auf sich sitzen und lud für den Montag | |
flugs Sybille Mattfeldt-Kloth vom Landesfrauenrat Niedersachsen aufs | |
Podium. Das ist jener Verein, der sich beim WDR über die März-Sendung | |
beschwert hatte. | |
Nun hätte es volle Kanne losgehen können mit der ernsthaften Debatte und | |
den sachlichen Argumenten zu Genderforschung und Gender Mainstreaming. Aber | |
das geht eben nicht so einfach bei einem „Fernsehexperiment“. Denn das muss | |
ja zunächst erklärt werden. Und so beschäftigte sich „Hart aber fair“ ei… | |
lähmende Langeweile lang mit sich selbst und dem Vorwurf der Zensur. | |
WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn, der sich anfangs auch noch aufs | |
Podium quetschte, erklärte, wieso die März-Sendung nach der heftigen Kritik | |
zunächst aus der Mediathek gelöscht und später wieder reingestellt wurde. | |
Mattfeld-Roth musste mehrfach versichern, dass der Landesfrauenrat keinen | |
Druck auf den WDR ausgeübt, sondern lediglich ein Recht genutzt hat, das | |
jeder und jedem zusteht: Unmut zu äußern. | |
## Kein Mehrwert, aber Unterhaltungswert | |
Mal ehrlich: Eine Person, die sich über Gender Incorrectness aufregt und | |
das auch noch öffentlich anmahnt, die stellen sich viele vermutlich als | |
eine dauerhaft beleidigte Spaßbremse vor, die mit heruntergezogenen | |
Mundwinkeln und Professorenprosa die Trolle dieser Welt zurechtweist. | |
Manche Klischees halten sich hartnäckig, Feministinnenklischees im | |
Besonderen. Nur: Mattfeldt-Roth entsprach dem so gar nicht. Im Gegenteil: | |
In der, nun ja, Schlichtheit einer Sophia Thomalla beispielsweise erkannte | |
die Juristin wenn schon keinen Mehrwert für „Hart aber fair“, dann | |
wenigstens einen Unterhaltungswert. | |
Für Kubicki blieb das trotzdem alles „Absurdistan“, und Kelle ließ sich | |
neben stilistisch ausgefeilten Aussagen wie „dieser ganze Schwachsinn“ – | |
sie meinte dieses Genderzeugs – zu populistischen Thesen hinreißen wie: | |
„Was wird als nächstes aus der Mediathek genommen, wenn die nächste | |
Lobbygruppe kommt?“ Später wird sie weiter zuspitzen und von „ständig neu… | |
gekränkten Minderheiten“ faseln. Worauf Wizorek dazwischen geht: „Was für | |
eine Gesellschaft sind wir, wenn uns Minderheiten egal sind?“ | |
Und ansonsten? Musste Hofreiter nochmal erzählen, warum es Knieprothesen | |
extra für Frauen geben muss und was das mit Gender zu tun hat. Kelle durfte | |
ihre Erkenntnis wiederholen, dass Frauen und Männer unterschiedlich sind, | |
und Sophia Thomalla mit ihren Haaren spielen. Es gab ein bisschen | |
Selbstkritik (positive Gender-Beispiele sind Frauentaxis und Helme für | |
Frauen auf dem Bau) und zum Schluss eine Straßenumfrage: Wie häufig putzen | |
Männer zu Hause? Einer antwortete auf die Frage, was er im Haushalt nicht | |
mache: „Fragen Sie lieber, was ich mache: viel Dreck.“ | |
Lohnt sich eben, so ein „Fernsehexperiment“. | |
8 Sep 2015 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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