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# taz.de -- „Sexuelle Vielfalt“ bei Maischberger: Bier, Wurst, Analverkehr
> Sandra Maischberger lädt zum Talk über „sexuelle Vielfalt“. Alice
> Schwarzer diskutiert mit der AfD. Und ein ESC-Star schwieg leider viel zu
> lange.
Bild: Fürs Showbiz geeignet, fürs EU-Parlament nicht, findet die AfD: Conchit…
BERLIN taz | Die Gästeliste versprach Krawall, das Thema auch. „Sexuelle
Vielfalt. Mann, Frau, egal?“, dazu Conchita Wurst und Alice Schwarzer auf
der einen, AfD-Mann Björn Höcke sowie die Katholikin Michaela Freifrau
Heereman auf der anderen Seite und dazu noch ein bisschen homo- und
transsexuelles Beiwerk aus dem echten Leben.
Doch die Maischberger-Runde am Dienstagabend verläuft überraschend
entspannt und unaufgeregt: Die Homo-Gegner langweilen mit der Kinderkeule,
Conchita schweigt und Schwarzer spielt Schwarzer.
Nein, für das Mainstream-Fernsehen ist es nicht einfach, über das Thema
sachgerecht zu berichten. Überall lauern (sprachliche) Fallen. Auch die
Maischberger-Redaktion tappt in einige: Frau Wurst sei eine „Erscheinung“,
alles geht wild durcheinander (Geschlechteridentitäten, sexuelle
Orientierung, Transsexualität). Aber wir wollen nicht zu streng sein.
Streng dagegen ist Sandra Maischberger an diesem Abend. Journalistische
Unparteilichkeit? Unnötig bei diesem Thema. Wohltuend eindeutig sind ihre
Sympathien verteilt. Gleich zu Beginn fragt sie AfD-Mann Höcke, ob er denn
nüchtern sei. Immerhin habe er vor der Sendung angekündigt, dass er die
Sendung zwar irgendwie ertragen werde, [1][aber vielleicht nur dank
vorherigen Bierkonsums.] „Wir werden ihre Toleranz auf die Probe stellen",
droht Maischberger an.
## Das lange Schweigen der Conchita Wurst
Und spielt damit auf Conchita Wurst an. Der einzige Star der Runde darf in
gewohnt sympathisch-zurückhaltender Art von den Erfahrungen des vergangenen
Jahres berichten. Davon, wie sie nach ihrem Sieg beim Eurovision Song
Contest als Toleranz-Botschafterin durch die Welt tourte. Ab dann – um das
vorwegzunehmen – schweigt sie. Sehr lang.
Ähnlich ergeht es AfD-Rechtsaußen Höcke. Nein, er habe nichts gegen
Künstler, versucht er charmant zu wirken. Aber Showbiz sei von Politik zu
trennen, die Wurst habe deshalb nichts im EU-Parlament zu suchen. Und nach
nicht einmal 90 Sekunden bringt er sie endlich, die Kinderkeule („Ich sehe
mich als Anwalt der Kinder“). Es wird sein einziges Argument des Abends
bleiben.
Ihm zur Seite springt Freifrau Heeremann. Katholisch, Mutter und – so
scheint es – frisch von der Hirschjagd kommend. Nein, Menschen sollten
nicht diskriminiert werden, aber Schwierigkeiten mit dieser
„Genderideologie“ habe sie schon. Da komme sie nicht mehr mit. „Wir haben
ja eine Verantwortung für die Kinder“, denen sollte man in der Schule nicht
eintrichtern, dass sie ihr Geschlecht zu hinterfragen haben, wie es einige
Bildungspläne angeblich vorsehen.
Verstörend würde das die Kinder, wenn sie „entschuldigen Sie, dass ich so
konkret werden muss“, von Analsex und Oralverkehr erfahren würden. All das
fördere nämlich die Bisexualität. Und – es wird der Highlight-Satz der
Sendung werden – „mit der Bisexualität wird die Untreue mitgeliefert“. D…
Gesichtsausdruck von Conchita Wurst ist Kommentar genug. Buddhaesk erträgt
sie jede noch so krude Einlassung.
## Und überhaupt, die Kinder...
Nicht so Frau Schwarzer. „Die Grenzen sind fließend“, erklärt sie und das
mit der Bisexualität völliger Quatsch. Sie freut sich sichtlich, nach
längerer TV-Abstinenz (Steuerprobleme), wieder im gewohnten Terrain
unterwegs sein zu dürfen. Sie ist die einzige, die das Krawall-Versprechen
wenigstens in Maßen einlöst. Mal wirbt sie gekonnt für Akzeptanz, mal
kontert sie gewitzt und lautstark den Schwachsinn der konservativen Front.
Etwa den von Höcke, der aus seiner Lethargie erwacht und von der
„Normalität“ der „95 Prozent Heterosexuellen“ schwärmt. Im Wahlkampf …
das noch anders, da sprach er schon einmal von der „Geisteskrankheit der
Genderideologen“, die man „behandeln“ müsse, was ihm Maischberger
genüsslich vorhält. „Zuspitzung“ sei das gewesen. Und überhaupt, die Kin…
...
Wenn die homophoben Sprachführer des Landes derart einschläfernd
argumentieren, kann man sie mit ruhigem Gewissen in jede Sendung einladen,
ihnen eine Plattform zur Selbstentlarvung bieten.
Im Gegensatz zur [2][Plasberg-Sendung vor wenigen Wochen] liegt das
Schwergewicht des Maischberger-Talks ohnehin bei den fortschrittlich
Denkenden. Ein schwuler Mann berichtet von seiner Erfahrung als Vater, die
transsexuelle Unternehmerin Alicia King vom Leben mit ihrer Ehefrau.
Und dann meldet sich Conchita Wurst noch einmal zu Wort, nachdem sie eine
Stunde nur mit Blicken kommuniziert hat. „Wenn wir aufhören, über sexuelle
Orientierung von Menschen zu reden, sondern sie nur nach ihrem Charakter
beurteilen, dann wäre ich in einer Gesellschaft angekommen, in der ich
gerne leben will.“ Das war wohl selbst für AfD-Mann Höcke ganz ohne Alkohol
zu ertragen.
15 Apr 2015
## LINKS
[1] http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/956774/
[2] /!155683/
## AUTOREN
Paul Wrusch
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Conchita Wurst
Sexuelle Vielfalt
Maischberger
Gender
Transfeindlichkeit
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ZDF
Homosexuelle
Sexuelle Vielfalt
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