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# taz.de -- D-Radio-Journalistin über Pegida-Demos: „Grenzüberschreitungen …
> Sachsen-Korrespondentin Nadine Lindner hat für das Deutschlandradio viele
> Pegida-Demos besucht. Sie wünscht sich eine erhöhte Aufmerksamkeit der
> Polizei.
Bild: Deutschtümelnd und intolerant: Pegida-Anhänger am 21. Oktober.2015 in D…
taz: Frau Lindner, als Journalistin Pegida-Demonstrationen begleiten – wie
heftig ist das?
Nadine Lindner: Montagabends kommt es mittlerweile leider regelmäßig zu
tätlichen Übergriffen. Vor ein paar Wochen ist ein russischer Kameramann
geohrfeigt, rund um den Jahrestag der Pegida-Demos sind Leute richtig
verprügelt worden. Mitunter ist es an einem Abend aber auch mal total
ruhig. Dennoch darf man nicht das grundsätzliche Klima vergessen: Auf
Facebook und in der Hörerpost nehme ich seit einem guten Jahr eine
radikalere Sprache und höhere Aggressivität wahr.
Wurden Sie denn auch schon persönlich angegangen?
Ich hatte Glück. Frauen, die allein unterwegs sind, sind immer noch eine
Hemmschwelle. Außerdem werde ich als Radio-Frau nicht gleich als
Journalistin identifiziert. Die Aggression entlädt sich eher an Kollegen
mit Kameras. Aber auch mir hat man schon hinterhergespuckt, mich durch die
Menge verfolgt und nachgesagt, ich arbeite für einen Lügen- und
Koranschulen-Sender. Man wird angerempelt und erlebt da
Grenzüberschreitungen jeglicher Art.
Wie schützen Sie sich?
Ich arbeite mittlerweile mit einem neutralen Windschutz: einem grauen statt
dem knall-orangen vom Deutschlandradio. Seitdem ist der
Aufmerksamkeitspegel ein bisschen runtergegangen. Ich halte mein Mikrofon
aber trotzdem öffentlich. Das gehört zu meinem Berufsverständnis: Wenn ich
etwas aufnehme, dann kann das jeder sehen.
Versuchen sich Kollegen inzwischen eher zurückzunehmen?
Nein, da hat jeder seine eigene Strategie. Was man aber beobachten kann,
ist ein gewisser Erschöpfungsprozess. Man hat ja mit dem Hass und der Angst
schon seit über einem Jahr zu tun, und das breitet sich eher noch aus: In
Glauchau hat man den Kollegen der Lokalzeitung Pflastersteine in die
Redaktion geworfen. Ich habe den allergrößten Respekt vor den lokalen
Kollegen, die sich trotzdem nicht unterkriegen lassen und weiter
Hintergründe zur Pegida-Bewegung recherchieren.
Teilen Sie den Eindruck des Journalistenverbands DJV, die Polizei sei
bisweilen damit überfordert, das Grundrecht auf Pressefreiheit zu schützen?
Bei einer Demonstration mit Tausenden Menschen bekommen Polizisten
natürlich nicht alles mit. Kollegen berichten aber auch von
Demonstrationen, bei denen nur zwei Polizisten vor Ort waren – das
funktioniert natürlich nicht.
Müssen Journalisten um Schutz bitten?
Das muss von beiden Seiten kommen. Man darf als Journalist die Leute nicht
ohne Ende provozieren, aber man sollte natürlich seine Arbeit machen
können. Ich wünsche mir da ein höheres Maß an Sensibilität bei der Polizei
und dass sie auch mal von sich aus eingreift. Einige Situationen hätten,
glaube ich, anders ausgehen können.
Fragen die Polizeibeamten, ob denn bei Ihnen alles in Ordnung ist?
Das ist mir ehrlich gesagt noch nicht passiert. Manchmal fängt man sogar
blöde Sprüche. „Sind Sie genervt?“, fragte mich neulich eine Beamtin, als
sie mich kontrollierte. Ich habe manchmal das Gefühl, dass Polizisten uns
als Teil des Problems wahrnehmen. Das ist aber meine subjektive
Wahrnehmung.
Wird man die, die jetzt „Lügenpresse!“ schimpfen, noch überzeugen können…
Natürlich müssen wir mit ihnen reden. Das sind Leute, die gehören zu
unserer Gesellschaft weiterhin dazu. Die Zustimmung auf der Straße
bröckelt. Aber ob die, die wieder zu Hause bleiben, die „Tagesschau“
einschalten, ist schwer zu sagen. Ich habe eher das Gefühl, dass sich
dieses Denken bis in die bürgerliche Gesellschaft ausbreitet.
7 Dec 2015
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
Journalismus
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Sachsen
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Schwerpunkt AfD
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Heimat
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