| # taz.de -- „Landschwärmer“ im WDR: Da wird die Sau geschlacht | |
| > In der zweiten Staffel von „Landschwärmer“ zeigt Lola Randl wieder die | |
| > Uckermark von ihrer harten und komischen Seite. Das ist schön anzusehen. | |
| Bild: Die Borsten werden abgefackelt. | |
| „Landschwärmer“ ist eigentlich der falsche Titel für Lola Randls | |
| Provinzbeobachtungen. „Landschwärmer“, das klingt als sei die Zeitschrift | |
| „Landlust“ Film geworden: hier eine Kräuterschnecke, dort eine witzige | |
| Bepflanzungsidee für den Garten und – hach – die Obstbäume, wie sie blüh… | |
| Dabei ist die Doku-Serie ganz anders. Da wird ein Schwein aus dem Anhänger | |
| getrieben und zack! Na gut, der Bolzenschuss wird nur durch eine Animation | |
| auf einer Kreidetafel dargestellt, aber danach wird alles gezeigt: Wie die | |
| Borsten erst abgeschabt und die restlichen Haare dann verbrannt werden; wie | |
| das gesammelte Blut permanent im Eimer umgerührt wird, damit es nicht | |
| gerinnt; wie das Schwein aufgeschnitten, die Augen rausgenommen, die Ohren | |
| abgehackt werden; wie es umgedreht aufgehängt und die Innereien | |
| herausgenommen werden – und wenn all das erledigt ist, gibt es erstmal | |
| einen Schnaps. | |
| „Die zweite Staffel ist düsterer“, sagt Lola Randl dazu. Das komme schon | |
| allein dadurch, dass diesmal im Herbst und Winter gedreht worden sei. „Was | |
| aufm Land schon hart ist“, sagt sie. In [1][der ersten Staffel] von | |
| „Landschwärmer“ war noch Sommer. Da geht immer alles leichter. | |
| Doch es sind nicht nur die grauen Wolken und das ewig trübe Wetter, es ist | |
| das archaische Moment, das Randl einfängt. Die Schlachtung hat etwas | |
| Explizites. Sie führt einem vor Augen, wie weit wir eigentlich entfernt | |
| sind von der Herstellung des Fleisches, das viele von uns (täglich) essen. | |
| Solche Momente hat Randl ganz alleine eingefangen. Ohne großes Team, ohne | |
| TontechnikerIn. Nur sie und die Protagonisten. „Wenn ein Kamerateam dabei | |
| ist, muss ich anfangen zu inszenieren“, sagt Randl. Alleine habe sie | |
| einfach dasitzen und abwarten können. Und überhaupt: „Das normale Drehen | |
| eines Films ist so sinnlos und verschwenderisch“, da müsste noch drei | |
| Straßen weiter alles ruhig sein. Und das ist es bei „Landschwärmer“ | |
| überhaupt nicht. Ständig Geräusche, es gibt keine Einführung in die | |
| einzelnen Folgen, das Ganze wirkt chaotisch, doch die rohe Form passt zu | |
| „Landschwärmer“, weil die Doku-Serie „so wenig ins Fernsehen passt“, w… | |
| Randl selbst sagt. | |
| Gegen das archaische Dorfleben schneidet sie Städter, die mal ein Häuschen | |
| auf dem Land suchen oder ein bisschen Urlaub machen wollen. „Gibt‘s hier | |
| WLAN eigentlich?“ oder „In einer halben Stunde könnte ich skypen mit Dir“ | |
| sind die Gesprächsfetzen, die man von denen aufschnappt. | |
| Doch Randl wertet nicht, sie zeigt – und zwar ihre Nachbarschaft. Randl, | |
| 35, lebt selbst seit acht Jahren in der Uckermark. Sie wollte damals | |
| einfach weg aus Berlin-Mitte: „Zu viele gleiche Leute, zu viele Projekte.“ | |
| Sie gab ihre Wohnung auf und zog um. Jetzt dreht sie quasi vor der Haustür | |
| und ihre zwei Kinder laufen im Hintergrund herum. | |
| Randl hat auf dem Land das gefunden, was sie gesucht hat. Den meisten geht | |
| es da anders. „Diese Sehnsucht nach dem Land hat mit der Realität nichts zu | |
| tun“, sagt sie. Deswegen hat sie die Realität eingefangen. Sie nennt es | |
| „einen Mix aus Belanglosem und Bedeutungsvollen“. Und genau das ist es. | |
| 10 Dec 2015 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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