Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Medienausschuss des Bundestags: Risikoberuf Journalist
> Seit Monaten beschimpfen und attackieren Demonstranten Medienvertreter.
> Das interessiert inzwischen auch die Politik.
Bild: Besonders Demos von Pegida und Legida werden für Journalisten gefährlic…
BERLIN taz | Es ist schon ein paar Wochen her, dass ihr vor laufender
Kamera die Polizei helfen musste, um zu verhindern, dass aus einer Rangelei
mit rechtspopulistischen Demonstranten mehr wird. Doch eine Sache bekommt
Britta Hilpert immer noch nicht aus dem Kopf. „Ich verstehe nicht, wie man
demonstrieren und dann erwarten kann, dass die Presse nicht darüber
berichtet“, sagt Hilpert. Und nicht nur sie ist es leid, die plumpen
„Lügenpresse“-Vorwürfe zu hören.
Hilpert sitzt zusammen mit ein paar Kollegen vor dem Kultur- und
Medienausschuss des Bundestags, um über ihre Arbeitsbedingungen zu reden.
(Titel: „Beschimpfungen, Bedrohungen und tätliche Angriffe“). Es sind
vertauschte Rollen, denn dieses Mal stellen die Politiker die Fragen und
die JournalistInnen antworten. Allen hier ist klar: Dieser Ausschuss wird
wenig tun können – Polizeiarbeit und damit auch der Schutz auf Demos ist
Ländersache. Doch diese Veranstaltung ist ein politisches Signal: Der
Bundestag sorgt sich um die Pressefreiheit im Land.
Die JournalistInnen stimmen in dasselbe Klagelied ein: Die Polizei schaute
bisweilen zu, ReporterInnen bräuchten auf Kundgebungen von Pegida und Co
Bodyguards, erste JournalistInnen verweigerten gar den Vor-Ort-Einsatz.
„Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen“, sagt Hilpert, „wir leb…
inzwischen in einem Land, wo manche Journalisten Angst haben, über
bestimmte öffentliche Kundgebungen zu berichten.“
MDR-Chefredakteur Stefan Raue wirft den „Lügenpresse“-GegnerInnen gar
„Bürgerkriegsrhetorik“ vor und berichtet, sein Sender habe den Schutz auf
Demonstrationen in den Volontärslehrplan aufgenommen.
## Gleichgültigkeit unter JournalistInnen
Das wohl Gefährlichste an der Entwicklung sind allerdings nicht die
einzelnen Parolen und Flaschenwürfe, sondern die Gleichgültigkeit, die sich
teilweise unter JournalistInnen auszubreiten scheint. Eine Kollegin, die
neulich ein Feuerzeug abbekam, nehme dies hin, ohne Anzeige zu erstatten,
berichtet Hilpert, die vor den Politikern auch für „Reporter ohne Grenzen“
Position bezieht. Ihre Organisation müsse stärker denn je auch auf
Deutschland schauen.
Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), Frank Überall,
will bei seinen Einsätzen auf Demos in Köln Ähnliches beobachtet haben. Die
Gewalt hier: Flaschenwürfe gegen einen Wasserwerfer der Polizei. Das mache
dem Wagen „herzlich wenig aus, das Ding ist gepanzert“, aber: „Das Ziel
dahinter ist, dass die Journalistinnen und Journalisten, die sich mit ihren
Kameras dort in direkter Nähe aufhalten, von den mit hoher Wucht
herumfliegenden Scherben getroffen werden. So manche Kollegin und so
mancher Kollege sagt dann allerdings, so eine Schnittwunde ist doch gar
nicht so schlimm.“
## Keine Pauschalkritik
Überall hat gerade die Seite [1][augenzeugen.info] gestartet, um
kontinuierlich über die Gewalt gegen JournalistInnen zu berichten. „Ich
habe mir vor ein paar Jahren noch nicht vorstellen können, dass so etwas
passiert – vielleicht in Krisengebieten, aber nicht in unseren
Großstädten“, sagt der DJV-Vorsitzende im Ausschuss.
Er hat keinen Appell an die PolitikerInnen mitgebracht, wohl aber an die
Polizei. Die müsse JournalistInnen besser auf ihrem Radar haben. „Aber
keine Pauschalkritik – Polizisten sind teils überfordert“, sagt er.
Als Chef-Lobbyist für JournalistInnen will der DJV-Vorsitzende nun mit
Innenpolitikern Kontakt aufnehmen. „In den Einsatzbesprechungen und
Einsatzbefehlen der Polizei muss deutlich gemacht werden: Journalistinnen
und Journalisten sind zu schützen.“
Auch den Bund der Richter und Staatsanwälte hat Überall mit im Blick, „weil
wir auch beobachtet haben, dass zum Teil in den Ermittlungsbehörden
Nötigungstatbestände und andere Dinge (gegen JournalistInnen) nicht so
intensiv verfolgt werden.“
Die Runde zeigt also, traurig aber wahr: Journalismus in Deutschland, das
ist im Jahr 2016 nicht zuletzt auch ein Risikoberuf.
6 Jul 2023
## LINKS
[1] http://www.augenzeugen.info/
## AUTOREN
Daniel Bouhs
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Schwerpunkt Pegida
Journalist
Legida
Schwerpunkt Pegida
Matthias Brandt
Schwerpunkt Pegida
Journalismus
Journalismus
Flüchtlinge
## ARTIKEL ZUM THEMA
Blog über Gewalt gegen Journalisten: „Lügenpresse – auf die Fresse“
Immer wieder werden Journalisten auf rechten Demos attackiert. Die Polizei
greift nicht ein. Das „Augenzeugen“- Blog des DJV soll aufklären.
„Polizeiruf 110“ aus München: Ich war‘s! Ich war‘s!
Verkehrte Krimiwelt: Ein vermeintlicher Täter will Hanns von Meuffels von
seiner Schuld überzeugen. Doch der Kommissar will davon nichts wissen.
Geplanter Schutz für JournalistInnen: Soll das die Lösung sein?
Eine Journalistin wurde kürzlich auf einer Legida-Demo angegriffen. Nun
will der MDR MitarbeiterInnen nur noch mit Wachleuten losschicken.
Studie zu Angriffen bei Pegida-Märschen: Feindbild Journalist
Viele Anhänger der Bewegung rufen „Lügenpresse“. Das Leipziger Zentrum f�…
Pressefreiheit hat Attacken gegen Medienvertreter untersucht.
D-Radio-Journalistin über Pegida-Demos: „Grenzüberschreitungen jeglicher Ar…
Sachsen-Korrespondentin Nadine Lindner hat für das Deutschlandradio viele
Pegida-Demos besucht. Sie wünscht sich eine erhöhte Aufmerksamkeit der
Polizei.
Angriffe auf Journalisten bei Pegida: Mit der Faust ins Gesicht
Die fremdenfeindlichen Bewegungen Pegida in Dresden und Legida in Leipzig
erhalten wieder Zulauf. Es kommt auch zu Übergriffen auf Journalisten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.