# taz.de -- Blog über Gewalt gegen Journalisten: „Lügenpresse – auf die F… | |
> Immer wieder werden Journalisten auf rechten Demos attackiert. Die | |
> Polizei greift nicht ein. Das „Augenzeugen“- Blog des DJV soll aufklären. | |
Bild: Kein schöner Ort für Journalisten – und auch sonst: Pegida-Demo in K�… | |
Berlin taz | Am 8. Dezember 2015 wird Marcus Arndt, freier Autor für | |
[1][das Blog Ruhrbarone], auf einer Pegida-Demo in Duisburg mit Steinen | |
beworfen. „Pressehuren verfi… euch, sonst helfen wir nach“, rufen die | |
Werfer aus den Reihen der Demonstranten. Arndt sagt, während ihm die | |
Polizei anfangs noch half, hieß es gegen Ende: „Sie als Pressevertreter | |
provozieren die Rechten und müssen sich daher nicht wundern.“ | |
Arndt ist nicht der einzige Journalist, der solche Erfahrungen gemacht hat. | |
Reporter ohne Grenzen zählte 2015 mindestens 39 gewalttätige Übergriffe auf | |
Journalisten in Deutschland. Viele der Opfer kritisieren: Die Polizisten | |
seien häufig überfordert oder griffen nicht ein. | |
Marcus Arndt hat seine Erfahrung auf dem Blog [2][augenzeugen.info] | |
aufgeschrieben. Seit Januar existiert diese Plattform für Journalisten, die | |
Opfer vornehmlich rechter Gewalt geworden sind. Verantwortlich für das | |
Projekt ist Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen | |
Journalisten-Verbands (DJV). Ziel sei es, darauf aufmerksam zu machen, dass | |
Polizei und Politik bei diesem Thema „zumindest extrem zurückhaltend“ | |
seien, sagt Überall. | |
Als „extrem zurückhaltend“ würde der Leipziger Journalist Hendrik Pupat d… | |
Verhalten der Polizisten nicht bezeichnen. Er geht weiter: Auf dem Blog | |
berichtet er, wie er auf einer Legida-Demonstration körperlich angegriffen | |
wurde. Pupat schreibt, als er sich an die Polizei wendet, sei ihm sein | |
Angreifer gefolgt und behauptete, Pupat habe ihn als „perverser Deutscher“ | |
beschimpft. | |
Die Polizisten, sagt Pupat, hätten sich auf die Seite der Angreifer | |
geschlagen: „Meine Bitte um Hilfe haben sie abgelehnt, stattdessen wendeten | |
sie sich dem Angreifer zu, der eine Anzeige wegen angeblicher Beleidigung | |
gegen mich aufgab. Mit der Überprüfung meiner Personalien haben sich die | |
Polizisten so viel Zeit gelassen, dass ich die Redner verpasst habe“. | |
Danach habe er einen Platzverweis erhalten. | |
## Austausch mit der Polizei gesucht | |
Zum Projekt augenzeugen.info gehört nicht nur das Blog, sondern auch der | |
Austausch des DJV mit der Polizei. „Wir haben uns schon vor Blogstart | |
darauf verständigt, dass der DJV aktiv werden muss, vor allem in | |
Zusammenarbeit mit der Polizei“, sagt Ine Dippmann, DJV-Landesvorsitzende | |
und Landeskorrespondentin für MDR-Aktuell in Sachsen. | |
In Sachsen, wo auch Reporter ohne Grenzen die meisten Fälle von Gewalt an | |
Journalisten aufgezeichnet hat, gebe es Fortschritte. „In Leipzig gab es | |
Runden, bei denen Journalisten und Polizisten zusammenkamen, um über die | |
Probleme zu sprechen“, so Dippmann. Auf den Einsatzbesprechungen vor Demos | |
soll auf die Belange von Journalisten hingewiesen werden. „Natürlich sind | |
diese Errungenschaften nicht ausschließlich auf den Blog zurückzuführen. Er | |
gibt uns aber wichtige Informationen an die Hand.“ | |
Das sächsische Innenministerium bestätigt, dass es im März Gespräche | |
zwischen Beamten der Bereitschaftspolizei Dresden und Medienvertretern | |
gegeben habe. Solche Treffen sollten nun alle sechs Monate stattfinden. Aus | |
Sicht des Innenministeriums habe sich die Kooperation auf Demos verbessert. | |
Hinsichtlich der Forderung nach mehr Ansprechpartnern für Journalisten | |
wären aber die „Grenzen der polizeilichen Möglichkeiten“ aufgezeigt worde… | |
Der sächsische Polizeiinspekteur Dieter Hanitsch habe vorgeschlagen, dass | |
„Journalisten ihre Arbeit auch Polizeianwärtern in Ausbildung“ vorstellen | |
sollten. Von den Journalisten fordere man, Angriffe häufiger zur Anzeige zu | |
bringen. | |
Hendrik Pupat will das nicht. Erst nach der Veröffentlichung seines | |
Augenzeugenberichts, kam eine Reaktion: „In meinem Fall hat das Blog | |
zumindest dafür gesorgt, dass der Polizeipressesprecher meine Mail | |
beantwortete.“ Man stimme ihm „uneingeschränkt zu“, dass der Sachverhalt | |
„nicht optimal“ behandelt worden wäre. Die Beamten seien an die „Grenzen | |
der Belastungsfähigkeit“ gestoßen, deshalb könne es sein, dass nicht jede | |
Anzeige sachgemäß geprüft worden wäre. Diese Antwort war Pupat wichtig. In | |
seinen Augen sollte es ein ähnliches Blogprojekt wie augenzeugen.info auch | |
vonseiten der Polizei geben. Des gegenseitigen Verständnisses wegen. | |
22 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ruhrbarone.de/ | |
[2] http://www.augenzeugen.info/ | |
## AUTOREN | |
Michelle Sensel | |
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