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# taz.de -- „Lügenpresse“ trifft besorgte Bürger: Was ist Wahrheit?
> Der Evangelische Medienverband Sachsen diskutiert mit besorgten Bürgern
> über Vertrauen. Viel guter Willen begegnet reichlich Unkenntnis.
Bild: Pegida-Veranstaltung am 26. September in Dresden
Dresden taz | Nach zwei Stunden Tischgesprächen zwischen Dresdner Bürgern
und Journalisten wurde der Ruf nach Wiederholung einer solchen
Veranstaltung laut. Zum wiederholten Male bestätigte sich im Dresdner Haus
an der Kreuzkirche die Erfahrung, dass zumindest die dialogbereiten Bürger
solche unmittelbaren und kleinteiligen Diskussionsformate bevorzugen. An
den mit maximal acht Personen besetzten Tischen mussten sich die
Teilnehmer, zu etwa einem Drittel Journalisten, aufeinander einlassen.
Eingeladen hatte der Evangelische Medienverband Sachsen, der in Leipzig
bereits ein ähnliches Gesprächsformat erprobt hatte. Die Überschrift „Wo
bleibt die Wahrheit?“ erinnert an die berühmte Pilatus-Frage bei der
Verurteilung Jesu „Was ist Wahrheit?“. Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer,
im Landeskirchenamt auch für Medien zuständig, bezog sich in seiner
Begrüßung auf diese Stelle im Neuen Testament. Zugleich warb er um
Vertrauen, dass der andere tatsächlich auf der Suche nach der Wahrheit sei.
Dieses Vertrauen schien bei den etwa 50 Teilnehmern nicht sonderlich
ausgeprägt. Ihre Zusammensetzung seitens der Medienrezipienten weckte
Vergleiche mit Pegida-nahen Gesprächsrunden. Überwiegend Männer waren
erschienen, nach Alter mindestens in die zweite Lebenshälfte vorgerückt.
Ihre zunächst spürbare Skepsis erhielt auch noch Nahrung vom Direktor der
Sächsischen Landesmedienanstalt Michael Sagurna, Kooperationspartner der
Veranstaltung. „Der Journalismus hat sich fraglos zum Schlechteren
verändert“, stieg der frühere Regierungssprecher Kurt Biedenkopfs in
Sachsen ein. Den „Einbruch im Qualitätsjournalismus“ führte Sagurna dann
auf den hohen Kostendruck vorwiegend im Printbereich zurück.
## Selbstkritik von Journalisten
An den Tischen entstand keine eindeutige Frontlinie zwischen besorgten
Bürgern und Journalisten, unter ihnen auch leitende Redakteure und
Korrespondenten überregionaler Medien. Die Unterstellung, Journalisten
dienten sich den Regierenden im Interesse der eigenen Karriere an, ließen
sich nicht lange halten.
An einem Tisch wurde leidenschaftlich darüber diskutiert, ob Medien eben
gerade nicht belehrend und einseitig meinungsbildend wirkten, sonder
vielmehr den angenommenen Erwartungen der Leser und Zuschauer
hinterherliefen. Beispielsweise bei sprichwörtlichen „Säuen, die durchs
Dorf getrieben werden“. Hier war auch Selbstkritik von Journalisten zu
vernehmen, wobei das Konkurrenzverhalten gar nicht zulasse, aktuelle
Großlagen zu ignorieren. Auf Schlüsselbegriffe wie Maß und Ausgewogenheit
konnte man sich aber verständigen.
Hartnäckig hält sich bei den Medienkritikern die Unkenntnis über
tatsächliche Redaktionsabläufe. Auch die Unterstellung, alle etablierten
Medien unterstützten die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel, zeugt von
mangelndem Überblick. Hier ließ sich mit Fakten einiges geraderücken. Dass
die erschienenen Gäste durchweg zuhören, auf Argumente eingehen und
Lernbereitschaft zeigen konnten, trug zu einer wohltuend fairen und
unpolemischen Atmosphäre bei.
Von „Lügenpresse“-Rufen war man hier weit entfernt. Der kirchliche Rahmen,
bekräftigt durch einen Schlusssegen von Kirchenrat Bauer, tat ein Übriges.
29 Sep 2016
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Schwerpunkt Pegida
Sachsen
Schwerpunkt „Lügenpresse“
Schwerpunkt Pegida
Polizei
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Pegida
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