# taz.de -- Flüchtlingsunterbringung: Der Bund dreht den Geldhahn auf | |
> Berlin bekommt vom Bund nicht nur Grundstücke für Flüchtlingsunterkünfte, | |
> sondern auch gleich noch den Umbau bezahlt. Das beschloss der | |
> Haushaltsausschuss. | |
Am Geld können neue Flüchtlingsunterkünfte nun nicht mehr scheitern: Der | |
Bund wird zahlen, was immer es kostet, Gebäude auf bundeseigenen | |
Grundstücken in Berlin herzurichten oder ganz neu zu bauen. Das hat jetzt | |
der Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossen. Sozialsenator Mario | |
Czaja (CDU) und das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) waren | |
bislang zögerlich, die von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben | |
angebotenen Grundstücke umfassend zu nutzen: manche seien nicht geeignet, | |
Bau oder Umbau seien zu aufwändig und teuer, so die Begründung. | |
Doch diese Ausreden ziehen jetzt nicht mehr: „Die Bundesanstalt für | |
Immobilienaufgaben erstattet gegen Nachweis die entstandenen notwendigen | |
und angemessenen Erst-Instandsetzungs- und Erschließungskosten | |
(Herrichtungskosten)“, heißt es in dem Beschluss des Ausschusses. | |
Bemerkenswert: Eine Obergrenze für die Kosten findet sich in dem Papier | |
nicht. Kurzfristig ist die Sache auch nicht gerade angelegt: Die | |
Bundesbehörde, kurz Bima, soll dem Haushaltsausschuss nicht etwa in | |
Monatsabständen, sondern einmal jährlich über die entstandenen Kosten | |
berichten. Czajas Senatsverwaltung begrüßte den Beschluss des Ausschusses | |
grundsätzlich. Die zusätzlichen Investitionen seien ein klares Signal des | |
Bundes, sagte seine Sprecherin Regina Kneiding der taz. | |
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und Haushaltspolitikerin Lisa Paus drängt | |
nun den Sozialsenator: Der soll die neuen Möglichkeiten nutzen und parallel | |
zur Suche nach Notunterkünften Neu- oder Umbauten auf den Bundesimmobilien | |
anschieben. „Da muss man jetzt zu planen beginnen, nicht erst im nächsten | |
Jahr“, mahnte Paus. Sie schreibt es auch ihrer Partei zu, dass der Bund | |
seine Immobilien zur Verfügung stellt: „Ohne den Einsatz von grüner Seite, | |
gerade in Berlin, wäre das sicher nicht so schnell passiert.“ | |
Die Bima, die die bundeseigenen Grundstücke verwaltet, hatte dem Land | |
Berlin vor gut einem halben Jahr eine Liste mit 60 solcher Immobilien | |
geschickt. Einige davon werden inzwischen als Flüchtlingsunterkünfte | |
genutzt, beispielsweise die frühere Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Spandau. | |
Doch nach Kenntnis der grünen Landesparlamentarierin Canan Bayram lehnte | |
das Lageso zehn dieser Vorschläge ab. | |
## Inkompetenz und Arroganz | |
Das wundert Bayram schon mal grundsätzlich: „Im September war das Lageso | |
längst nicht mehr für die Unterkunftssuche zuständig“, sagte sie der taz. | |
Auch inhaltlich hat Bayram kein Verständnis dafür, dass Grundstücke | |
abgelehnt wurden. In einem Papier von ihr, Paus und der Grünen-Abgeordneten | |
Clara Herrmann heißt es: „Die Inkompetenz und Arroganz von Mario Czaja | |
führte dazu, dass nicht längst viel mehr Bima-Flächen genutzt werden.“ | |
Bayram vermutet, dass nicht allein fachliche Fragen wie Bausicherheit oder | |
Kosten eine Rolle spielen, sondern auch fachfremde Aspekte: Sie habe einmal | |
ein Aktenstück zur Nutzung einer Immobilie gesehen, in dem es hieß, das | |
müsse Czaja noch mit der CDU-Fraktion besprechen. | |
Die Grüne drängt nun darauf, die Grundstücksangebote des Bundes zu nutzen – | |
gerade nach dem Angebot des Bundes, die Kosten zu übernehmen. „Es kann ja | |
nicht sein, dass viele Turnhallen in der Stadt auf lange Sicht von | |
Flüchtlingen belegt bleiben“, sagt Bayram. Da die Unterkünfte auf den | |
bundeseigenen Flächen so schnell nicht zur Verfügung stehen, wollen die | |
Grünen so vorgehen wie das SPD-geführte Hamburg und kurzfristig Flüchtlinge | |
in leerstehenden Büro- und Gewerberäumen unterbringen. | |
17 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
Rolf Lautenschläger | |
Susanne Memarnia | |
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