# taz.de -- Flüchtlingszelte aufs Tempelhofer Feld?: Feldrandbebauung light | |
> Auf dem früheren Flughafengelände sollen nach dem Willen des Senats | |
> Flüchtlingsunterkünfte entstehen. Das Volks-Gesetz müsste dafür | |
> korrigiert werden. | |
Bild: So wie hier in Bayern könnte es im kommenden Sommer auch auf dem Tempelh… | |
Der Senat hat einen Medienbericht bestätigt, wonach er Flüchtlinge am Rande | |
des Tempelhofer Felds unterbringen will. Laut Vize-Regierungssprecher | |
Bernhard Schodrowski geht es um Traglufthallen, nicht um feste Gebäude. | |
Doch auch dafür müsste das Abgeordnetenhaus erst das Bauverbot lockern, das | |
seit dem erfolgreichen Volksentscheid vom Mai 2014 für das frühere Flugfeld | |
gilt. Die baupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Iris Spranger, | |
kündigte gegenüber der taz Zustimmung zu einer Gesetzesänderung an, sofern | |
es bei derartigen Hallen bleibe. Aus CDU-Kreisen war hingegen Skepsis zu | |
hören. Oppositionsvertreter lehnten den Vorschlag durchweg ab. | |
Die Morgenpost hatte am Donnerstag berichtet, der Senat prüfe derzeit, auf | |
dem Tempelhofer Feld Unterkünfte zu errichten. Sie sollen am westlichen | |
Rand längs des Tempelhofer Damms auf einem 200 Meter breiten Streifen | |
entstehen. Dort hatten die vom Volksentscheid vor eineinhalb Jahren | |
gestoppten Baupläne des Senats rund 1.700 Wohnungen vorgesehen. Der | |
Vorschlag kommt aus der Senatskanzlei von Regierungschef Michael Müller, | |
verantwortlich ist Staatssekretär Björn Böhning (beide SPD). | |
Böhning schlägt vor, das „Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes“ um | |
einen Absatz zu ergänzen, der die Traglufthallen dort erlauben würde. In | |
jetziger Form untersagt das Gesetz in § 5 „Gebäude und Bauwerke zu | |
errichten“ und „bauliche Anlagen“ herzustellen. Verboten ist gemäß § 8 | |
zudem auch „jede Form von Camping und provisorischen Behausungen“. | |
## Gesetz nicht aushebeln | |
Von der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus war zu hören, ihr liege kein | |
entsprechender Entwurf vor, weshalb man auch keinen Kommentar abgeben | |
könne. Der Vorschlag soll am Dienstag im Senat in vertraulicher Sitzung | |
kurz vorgestellt, aber noch nicht beschlossen worden sein. Hinter | |
vorgehaltener Hand hieß es bei den Christdemokraten, die | |
Flüchtlingsunterbringung dürfe nicht dazu genutzt werden, das | |
Tempelhof-Gesetz auszuhebeln. | |
Das will auch SPD-Baupolitikerin Spranger nicht. „Für dauerhafte Bauten | |
oder Container fasse ich das Gesetz nicht an“, sagte sie der taz, „aber wir | |
müssen die Flüchtlinge doch über den Winter bringen“. Wieder abbaubare | |
Traglufthallen sind für sie immer noch besser, als immer mehr Sporthallen | |
zu Unterkünften umzufunktionieren und sie damit Schulen oder Vereinen zu | |
nehmen. | |
Grüne, Linke und Piraten im Abgeordnetenhaus lehnten jegliche Veränderung | |
am Tempelhof-Gesetz ab. „Der Senat darf die dringend notwendige | |
Flüchtlingsunterbringung nicht gegen den Volksentscheid ausspielen“, sagte | |
Antje Kapek, die Chefin und Stadtentwicklungsexpertin der Grünen-Fraktion. | |
Es gebe eine Reihe von Grünflächen, die man eher nutzen könne, etwa die vor | |
dem Reichstag. Auch für Linksfraktionschef Udo Wolf versucht der Senat | |
erneut, das Ergebnis des Volksentscheids zu korrigieren, statt andere | |
Immobilien als Unterkünfte zu nutzen – etwa wie von seiner Fraktion | |
vorgeschlagen das frühere „Haus der Statistik“ am Alexanderplatz. | |
Für Piraten-Fraktionschef Martin Delius lösen Traglufthallen grundsätzlich | |
nicht das Problem. „Zynisch“ nennt er es, aus der Flüchtlingssituation | |
Kapital schlagen zu wollen. Es sei auch der falsche Weg, am Tempelhofer | |
Feld, nur wenige Meter von den bereits als Groß-Unterkünften genutzten | |
Hangars, noch stärker massenhaft Menschen unterzubringen. | |
## Leerstehende Bürofläche | |
Die Initiative „100% Tempelhofer Feld“, die den Volksentscheid auf den Weg | |
brachte, spricht sich ebenfalls gegen den Senatsplan aus. Sie verweist | |
darauf, dass in Berlin fast eineinhalb Millionen Quadratmeter Bürofläche | |
leer stünden, die sich als Unterkunft nutzen ließen. Der frühere Kopf der | |
Initiative, Felix Herzog, schlug vor, Zelte oder Traglufthallen nicht auf | |
dem geschützten früheren Rollfeld, sondern auf dem betonierten Vorfeld des | |
Flughafengebäudes zu errichten, wo das THF-Gesetz nicht gelte. | |
Von der Grundidee her ist es für den Verein „Mehr Demokratie“ nicht | |
ausgeschlossen, das Ergebnis eines Volksentscheids zu verändern. | |
„Tatsächlich könne es sinnvoll sein, die Debatte nochmal zu öffnen, wenn | |
sich die Umstände deutlich geändert hätten“, äußerte sich der Sprecher | |
Oliver Wiedmann. „Allerdings darf der Volksentscheid nicht einfach gekippt | |
werden, sondern die Bürger müssen erneut die Möglichkeit zur Abwägung und | |
Diskussion bekommen.“ | |
5 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
Uta Schleiermacher | |
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