| # taz.de -- Rettungsinsel für Flüchtlinge: Größenwahn als Kunstprojekt | |
| > Das Zentrum für Politische Schönheit verankert eine Rettungsplattform im | |
| > Mittelmeer – als Vorgeschmack auf ein „Jahrhundertprojekt“. | |
| Bild: Gräber vor dem Reichstag: Für kontroverse Kunstaktionen ist das Zentrum… | |
| Berlin taz | Vom Hafen der sizilianischen Stadt Licata aus geht es aufs | |
| Meer. Am Sonntag wollen Mitglieder der Berliner Künstlergruppe Zentrum für | |
| Politische Schönheit (ZPS) im Mittelmeer eine Rettungsplattform für | |
| schiffsbrüchige Flüchtlinge verankern. Angaben zum genauen Standort der | |
| Plattform machte die Gruppe im Vorfeld nicht. | |
| Umfangreich ausgestattet mit Positionslichtern, Lebensmittelreserven, | |
| Notrufgerät, Photovoltaikmodulen, Fahnenmast, Rettungsring und Kamera soll | |
| die sechs mal sechs Meter große Insel Schiffsbrüchigen zwischen Tunesien | |
| und Italien das Leben retten und den Kontakt zu Rettungsbooten ermöglichen. | |
| Sie trägt den Namen „Aylan 1“, nach dem Anfang September auf der Flucht | |
| gestorbenen Aylan Kurdi, dessen Bild um die Welt ging. | |
| Mit der Aktion macht die Künstlergruppe ein weiteres Mal auf das Sterben | |
| geflüchteter Menschen vor den Außengrenzen der Europäischen Union | |
| aufmerksam. Natürlich wolle man das als Kritik am Verhalten der | |
| EU-Mitgliedsstaaten verstanden wissen, sagt Projektsprecher Leopold | |
| Bärenthal der taz: „Die EU hat dem Sterben im Mittelmeer zugesehen.“ | |
| Die Plattform soll die erste von 1.000 sein, die kontinuierlich im | |
| Mittelmeer verankert werden sollen und die selbst Vorbote eines | |
| „Jahrhundertprojektes“ seien, mit dem das ZPS ein Zeichen für Humanität | |
| setzen will. Bereits am Montag haben die Aktionskünstler mitgeteilt, | |
| Österreich wolle in Kooperation mit dem ZPS und auf Initiative von | |
| Flüchtlingskoordinator Christian Konrad eine 230 Kilometer lange | |
| Steinbrücke vom tunesischen Küstenort Al Huwariyah nach Agrigento auf | |
| Sizilien bauen. | |
| Das gigantische Projekt soll im Frühjahr 2017 starten, 13 Jahre dauern und | |
| 230 Milliarden Euro kosten. Die Brücke werde „Jean Monnet“ heißen, nach | |
| einem Wegbereiter der europäischen Einigungsbestimmungen. Mit seiner Größe | |
| würde das Bauwerk die bisher längste Brücke der Welt zwischen den | |
| chinesischen Metropolen Nanjing und Shanghai (164,8 Kilometer) bei Weitem | |
| überbieten. Finanzieren soll das gigantische Vorhaben der österreichische | |
| Raiffeisenverband, dem Konrad 18 Jahre lang vorstand. | |
| ## Glaubwürdigkeit: zweifelhaft | |
| [1][Um die Aktion glaubwürdig wirken zu lassen, haben die Künstler ein | |
| aufwendiges Projektvideo animiert.] Darin schwebt eine Kamera im | |
| Sonnenuntergang über das Bauwerk, eine sonore Stimme kündigt die Brücke als | |
| Lebensader zweier Kontinente und als wirksamstes Mittel gegen Schlepper und | |
| Schleuser an. Mit österreichischem Akzent kommt auch eine Stimme zu Wort, | |
| die sich als Christian Konrad ausgibt. | |
| Umfang und Kosten des Projekts lassen an dessen Realisierbarkeit und der | |
| Echtheit des Videos zweifeln. Darauf angesprochen reagiert Bärenthal mit | |
| Verwunderung. Christian Konrad sei eben kein Mann der großen Worte, sondern | |
| ein Macher. Konrad selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. | |
| Dass er jedoch vor seinem offiziellen Amtsantritt am heutigen Donnerstag | |
| ein solches Projekt in die Wege leitet, ist unwahrscheinlich. | |
| Dass das ZPS für seine neue Aktion ausgerechnet auf Österreich als | |
| vermeintlichen Initiator kommt, könnte an einer Kooperation mit dem | |
| österreichischen Kulturprojekt Wienwoche liegen. | |
| PR-Stunt? Kunstaktion? Realsatire? Die Grenzen verlaufen bei Aktionen des | |
| ZPS seit jeher fließend. Im Juni schaufelte eine Gruppe von 10.000 | |
| DemonstrantInnen unter dem Titel „Die Toten kommen“ [2][rund 100 | |
| symbolische Gräber vor dem Bundeskanzleramt], um der tausenden Flüchtlinge | |
| zu gedenken, die auf dem Weg nach Europa sterben. Die Aktion sorgte für ein | |
| breites Medienecho, PolitikerInnen kritisierten sie als pietätlos. | |
| Welche Tragweite das neue Projekt einnehmen wird, ist schwer abzuschätzen. | |
| Reaktionen von politischer Seite blieben bisher aus. | |
| Update: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, das Verankern | |
| der Rettungsplattform finde am 01. Oktober ab 6:30 Uhr statt. Dem Zentrum | |
| für Politische Schönheit zufolge wurde dieser Termin wegen schlechten | |
| Wetters verschoben, auf voraussichtlich Sonntag, 04. Oktober. | |
| 1 Oct 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.youtube.com/watch?v=EhY7TMZVWYM | |
| [2] /Kunstaktion-gegen-Fluechtlingspolitik/!5203989/ | |
| ## AUTOREN | |
| Ronny Müller | |
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