# taz.de -- Falsche Meldung zu Ryanair: Billigflieger lässt Flüchtlinge stehen | |
> Eine große Nachrichtenagentur fällt auf eine gefälschte Pressemitteilung | |
> rein. Flüchtlinge brauchen weiterhin ein Visum für ihr Ticket. | |
Bild: Nassgemacht, aber ohne Flüchtlinge an Bord: Ryanairflieger am Boden. | |
BERLIN taz | Der irische Billigflieger Ryanair will keine Flüchtlinge ohne | |
EU-Visa in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union fliegen. Das wäre | |
eigentlich keine Meldung – wenn nicht zuvor die gegenteilige Nachricht die | |
Runde gemacht hätte. Die hatte die Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch | |
verbreitet – offensichtlich aufgrund einer gefälschten Pressemitteilung. | |
Um 11.52 Uhr hatte dpa berichtet, dass Ryanair ab 12. Oktober Flüchtlinge | |
ohne Visa-Prüfung in andere EU-Länder bringen wolle. Das Unternehmen werde | |
auf Flügen von Kos in Griechenland, dem slowakischen Bratislava und Ungarns | |
Hauptstadt Budapest Passagiere nicht mehr daraufhin überprüfen, ob sie das | |
Recht zur Einreise haben. | |
Das aber ist nach derzeitiger Rechtslage vorgesehen. Denn nach einer | |
EU-Richtlinie zum Schengen-Abkommen dürfen Fluggesellschaften Passagiere | |
ohne gültiges Visum nicht ins Land bringen. Tun die Airlines dies doch, | |
müssen sie mit Geldstrafen von mindestens 3.000 Euro pro Einzelfall | |
rechnen. Zudem müssen sie die Kosten für den Rückflug der Flüchtlinge | |
übernehmen. | |
Das sollte Ryanair laut dpa nicht mehr schrecken. „Wir werden die gesamten | |
Kosten dieses Verstoßes mit Stolz tragen“, zitierte die dpa den Ryanairs | |
Marketingchef Kenny Jacobs auch noch in einer zweiten kurz nach 13 Uhr | |
verbreiteten Meldung. „Das Unternehmen wolle damit einen kleinen Beitrag | |
zur Hilfe für Flüchtlinge leisten, sagte Jacobs in einer schriftlichen | |
Erklärung.“ | |
Die aber erwies sich dann als Fake, wie die Nachrichtenagentur per | |
Eilmeldung um 14.13 Uhr bekannt gab. In der angeblichen Ryanair-Mitteilung | |
wiedergegebene Äußerungen von Marketingchef Kenny Jacobs seien vollständig | |
erfunden, teilte das Unternehmen selbst mit. Die dpa zog die Meldung zurück | |
und entschuldigte sich [1][auf Twitter] bei ihren Kunden und der | |
Fluggesellschaft. | |
Da fand sich die Meldung längst auf vielen Onlineprotalen, etwa bei | |
[2][focus.de], [3][faz.net] oder [4][handelsblatt.de]. | |
Die gefälschte Pressemitteilung findet sich auch auf der offensichtlich | |
eigens eingerichteten Webseite [5][ryanfair.org]. Dort begründet der | |
Marketingchef der Fluggesellschaft die Aktion mit den Worten: „Wir stehen | |
vor der größten humanitären Notlage unserer Zeit, in der es um die | |
Bestätigung unserer Mission geht: Flugreisen für die Massen zu | |
ermöglichen“. | |
30 Sep 2015 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/dpa/status/649209521898946561 | |
[2] http://www.focus.de/finanzen/news/billigflieger-kuendigt-an-ryanair-will-fl… | |
[3] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ryanair-will-fluechtlinge-ohne-visa-p… | |
[4] http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/billigflieger-r… | |
[5] http://ryanfair.org | |
## AUTOREN | |
Gereon Asmuth | |
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