# taz.de -- Kommentar Europas Flüchtlingspolitik: Im Rückwärtsgang | |
> Europa handelt, Europa hilft – das ist Augenwischerei. Die Sprache auf | |
> dem EU-Sondergipfel über Flüchtlinge in Europa ist eine andere. | |
Bild: Wo geht‘s lang in der Flüchtlingspolitik? Die EU weiß es auch nicht s… | |
Europa handelt, Europa hilft. Das sollte wohl die [1][Botschaft des | |
hektisch einberufenen EU-Sondergipfels] zur Flüchtlingskrise sein. Nach dem | |
wochenlangen sinnlosen Streit um die Quote wollten Kanzlerin Angela Merkel | |
und die anderen EU-Chefs die Reihen schließen und etwas tun. | |
Sie tun auch etwas. Doch wie in der Eurokrise ist es „too little, too late“ | |
– zu wenig, zu spät. Es klingt zwar beeindruckend, dass die EU nun eine | |
Milliarde Euro für humanitäre Hilfe in der Krisenregion rund um Syrien | |
bereitstellen will. Doch zuvor hatten viele EU-Länder ihre Zahlungen an die | |
UNO und die Weltgesundheitsorganisation WHO zusammengestrichen. | |
Sie haben ihre Augen vor der humanitären Krise im Nahen Osten verschlossen | |
und müssen jetzt die Folgen tragen. Das Geld kommt aber zu spät, um die | |
Lage noch zum Guten zu wenden. | |
Zudem geht es der EU gar nicht vorrangig darum, Not und Elend in den | |
Flüchtlingslagern zu lindern. Das kaum verhohlene Ziel ist es, Syrer, | |
Iraker und Kurden von der Flucht nach Europa abzuhalten. Die gesamte Region | |
soll zu einer Art Pufferzone werden. | |
## Der Sultan soll helfen | |
Besonders deutlich wird das am Umgang mit der Türkei. Selten wurde das | |
Reich des neuen Sultans Recep Tayyip Erdoǧan so hofiert wie heute. Mit | |
einer weiteren Milliarde aus dem EU-Haushalt wollen Merkel & Co. Erdoǧan | |
dazu bewegen, die Grenze nach Europa dichtzumachen. | |
Dass das gelingt, scheinen die EU-Chefs aber selbst nicht so recht zu | |
glauben. Deshalb bauen sie gleichzeitig die Festung Europa weiter aus. Die | |
„Frontstaaten“ sollen mehr Geld und Personal für die Sicherung der Grenzen | |
und die Erfassung und Abschiebung der Flüchtlinge erhalten. | |
Letztlich werden Griechenland und Italien zu Vorposten einer gescheiterten | |
Asylpolitik ausgebaut. Denn auch das wurde beschlossen: Am Dublin-System | |
wird nicht gerüttelt. Im Gegenteil: Die EU möchte zurück zum alten Zustand, | |
bei dem die „Frontstaaten“ allein fürs Asyl zuständig waren. | |
„Wir müssen unsere Politik offener Türen und Fenster korrigieren“, fasste | |
Gipfelchef Donald Tusk zusammen. Es geht also um ein Rollback, nicht um | |
eine zukunftsweisende Lösung. Europa handelt, Europa hilft – das ist | |
Augenwischerei. In Wahrheit legt die EU den Rückwärtsgang ein. | |
24 Sep 2015 | |
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[1] /EU-Gipfel-zur-Fluechtlingskrise/!5235588/ | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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