# taz.de -- Gespräche der EU mit Erdogan: „Der bestmögliche Partner“ | |
> Der türkische Präsident Erdogan wird in Brüssel wieder hofiert. Der | |
> Grund: Er soll der EU die Flüchtlinge vom Hals halten. | |
Bild: Man braucht einander: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und … | |
Brüssel taz | Wird die Türkei zum neuen Auffanglager für Flüchtlinge auf | |
dem Weg nach Europa? Diese Frage ist auch nach dem ungewöhnlich | |
zuvorkommenden Empfang des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan in | |
Brüssel offen. Nach einem exklusiven und vertraulichen Dinner mit Erdogan | |
am Montag hielten sich die EU-Spitzenvertreter am Dienstag ungewöhnlich | |
bedeckt. | |
Die EU-Kommission wollte nicht einmal türkische Medienberichte | |
kommentieren, wonach Erdogan ein EU-Entgegenkommen im Streit um die | |
geteilte Mittelmeerinsel Zypern gefordert habe. Man habe sich auf die | |
Flüchtlingskrise konzentriert, könne aber noch keine Details bekanntgeben, | |
sagte ein Sprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. | |
Dabei sind die Fronten klar: Auf der einen Seite steht Erdogan, der sich | |
von der EU schlecht behandelt fühlt. Es sei ein Fehler gewesen, „politische | |
Barrieren“ gegen den EU-Beitritt seines Landes aufzubauen. Und die EU müsse | |
ihren Kurs gegenüber der „Terrororganisation“ PKK korrigieren, die Erdogan | |
in einem Atemzug mit dem Islamischen Staat nannte. | |
Auf der anderen Seite steht die EU, die die Türkei um Hilfe bei der Lösung | |
der Flüchtlingskrise bittet und dabei große Rücksichten nimmt. So wurde ein | |
EU-Plan zur gemeinsamen Überwachung der türkisch-griechischen Seegrenze in | |
der Ägäis bis Dienstag unter Verschluss gehalten, um Erdogan nicht zu | |
verärgern. Zudem wagten Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk kein Wort | |
der Kritik, etwa gegen den Militäreinsatz in den Kurdenregionen oder die | |
Repression der PKK. | |
## Keine Lektionen für Erdogan | |
Bei einer Debatte im Europaparlament rechtfertige Tusk sich mit dem | |
Hinweis, einem Politiker vom Schlage Erdogans könne man keine Lektionen | |
erteilen. Die Türkei sei „nicht einfach“, aber sie sei der „bestmögliche | |
Partner.“ Angesichts der Flüchtlingskrise sei ein „gemeinsamer Ansatz“ | |
notwendig, betonte der polnische EU-Politiker. Dies erfordere eine | |
„Revolution in unserer Denkweise.“ | |
Wie diese „Revolution“ aussehen könnte, deutete Juncker an: Wiederaufnahme | |
der seit zwei Jahren auf Eis gelegten EU-Beitrittsgespräche, rasche | |
Erleichterungen bei der Visa-Erteilung, massive Finanzhilfen – und | |
Anerkennung der Türkei als „sicheres Herkunftsland“. „Die Türkei gehör… | |
die Liste der sicheren Länder“, sagte Juncker. Wenn dies nicht zutreffe, | |
müsse die EU die Beitrittsverhandlungen mit Ankara abbrechen. | |
## Druck auf Parlament und Rat | |
Indirekt setzt Juncker damit das Europaparlament unter Druck, in dem sich | |
vor allem die Konservativen gegen einen EU-Beitritt der Türkei sträuben. | |
Der Kommissionschef geht aber auch auf Konfrontationskurs zum Ministerrat, | |
der die Türkei wegen anhaltender Menschenrechts-Verletzungen nicht auf die | |
Liste sicherer Herkunftsländer setzen will. | |
Dennoch zeigte sich Erdogan zugeknöpft. Statt Entgegenkommen in der | |
Flüchtlingspolitik zu signalisieren, warnte er vor drei Millionen Syrern, | |
die nach Europa kommen wollten – und schraubte so den Preis für eine | |
Einigung in die Höhe. | |
6 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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