# taz.de -- Nahost-Experte zu Gesprächen mit Assad: „Die Türkei muss einlen… | |
> Außenminister Steinmeier und Kanzlerin Merkel fordern Gespräche mit | |
> Präsident Assad. Das kann nur der erste Schritt sein, sagt Guido | |
> Steinberg. | |
Bild: „Da Assad auch noch fast vorbehaltlos von Russland und dem Iran unterst… | |
taz: Herr Steinberg, in der Bundesregierung hat sich der Konsens | |
durchgesetzt, dass es ohne Gespräche mit dem Assad-Regime keinen Frieden | |
geben wird. Warum? | |
Guido Steinberg: Die Regierung bestätigt damit nur die Realität. Schon 2011 | |
war Syrien-Experten klar, dass dieses Regime nicht so schnell abtreten | |
wird. Da Assad auch noch fast vorbehaltlos von Russland und dem Iran | |
unterstützt wird, gibt es ohne Gespräche keine Lösung. | |
Was könnte das Ziel solcher Gespräche sein? | |
Russland möchte Isis gemeinsam mit uns und Assad bekämpfen. Das geht auf | |
keinen Fall. Damit machen wir uns fast ganz Syrien zum Feind, weil wir alle | |
Verbrechen des Regimes gegen die eigene Bevölkerung ignorieren würden. Wir | |
können aber auch nicht durchsetzen, dass Assad abtritt. Russland hat durch | |
seine militärische Unterstützung klargemacht, dass es am Regime festhält. | |
Was wäre ein Kompromiss? | |
Das Regime stellt den Krieg gegen die Bevölkerung ein und zieht sich in die | |
Teile zurück, die es noch kontrolliert und wo seine Unterstützer stark | |
sind. Zumindest dieses Gebiet könnte sich dann etwas stabilisieren. Ich | |
muss aber gestehen, dass ich für diese Verhandlungen wenig | |
Erfolgsaussichten sehe. | |
Neben Russland und dem Iran könnte sich auch Saudi-Arabien querstellen: Die | |
Saudis wollen, dass Assad fällt. | |
Saudi-Arabien wird oft als einer der Hauptakteure in Syrien beschrieben, | |
das sehe ich aber anders. Die Türkei nimmt viel mehr Einfluss auf den | |
Konflikt. Assads Restsyrien kann man vielleicht ohne Ankara stabilisieren, | |
für alle anderen Aspekte ist es aber unabdingbar, dass die Türkei einlenkt. | |
Etwa im Umgang mit den Kurden in Nordsyrien? | |
Die PYD, die Partei der syrischen Kurden, ist zwar problematisch, weil sie | |
zur PKK gehört. Sie schützt aber zumindest die eigene Bevölkerung. Deshalb | |
sollten wir sie unterstützen. Das geht aber nur, wenn die Türkei es duldet. | |
Und so lange sie im eigenen Land gegen die PKK kämpft, wird das nicht | |
geschehen. Da sehe ich eines der größten Versäumnisse der westlichen | |
Politik der letzten Jahre: Hätten wir unser Interesse an einer Lösung des | |
Kurdenproblems in der Türkei deutlicher artikuliert, könnten wir die | |
Kurdengebiete in Syrien jetzt einfacher stabilisieren. | |
Falls Assad die Waffen fallen lässt und sich die Türkei mit den Kurden | |
einigt, steht im Osten des Landes immer noch Isis. Wie wollen Sie das | |
Kalifat bekämpfen? | |
Luftangriffe halte ich für richtig, daran sollte sich auch Deutschland | |
beteiligen, aber sie reichen nicht aus. Um den Islamischen Staat zu | |
vernichten, sind Bodentruppen nötig, die von der Bevölkerung nicht als | |
Besatzer angesehen werden – also am besten syrische arabische Sunniten. | |
Viele von denen kämpfen mittlerweile aber selbst für Isis oder andere | |
Islamisten. | |
Das ist richtig. Es gibt zwar noch einige Gruppierungen im Norden, | |
beispielsweise die, die gemeinsam mit den Kurden Kobani befreit haben. Es | |
führt aber kein Weg daran vorbei, neue Verbündete zu rekrutieren. | |
Bleiben noch syrische Gebiete, die derzeit zwar nicht von Isis kontrolliert | |
werden, dafür von anderen islamistischen Gruppen. Was kann dort geschehen? | |
Das ist im Moment nicht die dringendste Frage. Wichtig wäre es aber, dass | |
die Türkei aufhört, diese Gruppen zu unterstützen. | |
24 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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