| # taz.de -- Alternative Ernährung: Die Langsamkeit des Tofu | |
| > Bei „Terra Madre“ diskutieren Bauern und Aktivisten über nachhaltige | |
| > Ernährung. Und sie protestieren damit gegen die Weltausstellung Expo. | |
| Bild: Tofuproduktion in Indonesien: mit Bedacht und konzernfrei. | |
| Berlin taz | „Wir ernähren den Planeten!“ Unter diesem Motto hat am | |
| Wochenende in Mailand die politische Protestveranstaltung gegen die | |
| Weltausstellung Expo mit dem Schwerpunkt Ernährung begonnen. Der „Terra | |
| Madre“-Kongress wird organisiert vom Jugendnetzwerk der Slow-Food-Bewegung | |
| und bringt 2.500 junge Landwirte und Lebensmittelhandwerker aus 120 Ländern | |
| zusammen. Bis Dienstag wollen sich die Aktivisten über ein „zukunftsfähiges | |
| Lebensmittelsystem“ austauschen und einen Aktionsplan definieren und | |
| gleichzeitig einen Gegenpol zur Weltausstellung Expo setzen. | |
| „Auf dem Messegelände tummeln sich ausschließlich Großkonzerne, aber die | |
| wirklichen Erzeuger der Nahrungsmittel können hier nicht auftreten“, sagt | |
| die Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Ursula Hudson. Die | |
| Slow-Food-Bewegung, die in Deutschland 13.000 Mitglieder hat, setzt sich | |
| für nachhaltig produzierte Lebensmittel und ihren genussvollen Verzehr ein. | |
| „Die Probleme des globalen Lebensmittelsystems werden bei der Expo schlicht | |
| außen vor gelassen“, kritisiert Hudson weiter. Die Industrialisierung der | |
| Lebensmittelproduktion schreite voran mit der Folge, dass jede halbe Minute | |
| in Europa ein bäuerlicher Familienbetrieb von der Landkarte verschwinde. Um | |
| die Welternährung künftig zu sichern, seien „verantwortungsbewusste | |
| Handlungsstrategien zwingend notwendig“. Es gehe um ein Ernährungssystem, | |
| das „gute, saubere und faire Lebensmittel für alle“ bereitstelle. | |
| Darüber will der Terra-Madre- Jugendkongress nicht nur politisch | |
| diskutieren. Gleichzeitig werden unter den Teilnehmern Erfahrungen über | |
| eine alternative Landwirtschaft und Herstellung wie Vertrieb innovativer | |
| Lebensmitteln ausgetauscht. | |
| Unter den 35 Delegierten aus Deutschland sind auch die „Tofu-Tussis“ aus | |
| Berlin-Kreuzberg. Zwar gibt es dank des Booms veganer Ernährung immer mehr | |
| Angebote an Tofu- und Sojaprodukten. „Nur fehlte es uns dabei bisher an | |
| Frische und Transparenz“, sagt Franziska Schauren. „Also haben wir uns | |
| selbst an die Tofuherstellung gemacht.“ Seit einem Jahr produziert sie mit | |
| einer Partnerin im Keller der Kreuzberger Markthalle Neun Tofu und | |
| beliefert neben Berliner Märkten ihre Kunden auch direkt über einen | |
| Onlineshop. Auf Frische legen die beiden Wert, und wo es geht, wird auch | |
| auf die Plastikverpackung verzichtet. „In Mailand wollen wir uns mit | |
| anderen jungen Produzenten vor allem über neue Vertriebswege zum Kunden | |
| austauschen“, sagt Schauren. | |
| ## Slow Food mit Fleisch | |
| Die Ernährungsinnovation von David Peackock ist eigentlich die | |
| Wiederentdeckung des Alten. Auf seinem 200-Hektar-Hof im mecklenburgischen | |
| Wustrow hält er eine Rinderherde der beinahe ausgestorbenen Haustierrasse | |
| „Rotes Höhenvieh“. | |
| „Die Entscheidung für diese Art haben wir wegen der Qualität getroffen“, | |
| sagt Peacock. Das Fleisch ist bei den Slow- Food-Gourmets sehr beliebt. | |
| „Wir sind Direktvermarkter und bestimmen selbst den Preis“, sagt der aus | |
| England stammende Öko-Agronom. „Das ist der Schlüssel.“ Die Produkte sein… | |
| Hofs, den er zusammen mit seiner Frau betreibt, werden zu jeweils einem | |
| Drittel ab Hof, in die regionale Gastronomie und auf zwei | |
| Food-Assembly-Märkte ins 85 Kilometer entfernte Berlin geliefert. | |
| Am Ende wollen die Teilnehmer des Jugendgipfels einen Aktionsplan vorlegen | |
| zur Bekämpfung der Probleme des gegenwärtigen industriell ausgerichteten | |
| Lebensmittelsystems. Vorgestellt werden soll der Plan am Dienstag – mit | |
| einem gemeinsamen Besuch der Teilnehmer auf der Expo. | |
| 4 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Manfred Ronzheimer | |
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