# taz.de -- Pflanzenzucht für Tofu-Produzent: Kein Sommerurlaub wegen Soja | |
> Ein Tofu-Hersteller will mit Hilfe von HobbygärtnerInnen den Anbau von | |
> Soja ausweiten. Bisher wird in Deutschland nur eine Sorte geerntet. | |
Bild: Soja aus der brasilianischen Region Mato Grasso - in den Händen des Grü… | |
BERLIN taz | Sechs Quadratmeter Gartenfläche und die Bereitschaft zum | |
Verzicht auf einen langen Sommerurlaub. Das müssen interessierte | |
GärtnerInnen mitbringen, um am Projekt „1000 Gärten“ des | |
Biotofu-Herstellers Taifun teilzunehmen. In Zusammenarbeit mit der | |
Universität Stuttgart-Hohenheim will das Unternehmen in bundesweit tausend | |
Gärten neue Soja-Züchtungen darauf prüfen, wie geeignet sie für den Anbau | |
in der jeweiligen Region sind. | |
„Wir suchen momentan Hobbygärtner, die bereit sind, einen Teil ihres | |
Gartens für den Sojaanbau zur Verfügung zu stellen – egal wo“, sagte Lina | |
Cuypers, Pressesprecherin von Taifun. Geld gibt es dafür nicht, auch die | |
Ernte müssen TeilnehmerInnen zu einem großen Teil abgeben. | |
Die Freiburger Firma stellt seit knapp 30 Jahren aus Soja Tofu her – bio, | |
ohne Gentechnik und möglichst aus regionalem Anbau. Aufgrund des milden | |
Klimas liegen die Felder momentan vor allem in Süddeutschland – in der | |
Pfalz, in Baden und am Oberrhein. Da die Produktion in Deutschland die | |
Nachfrage nicht deckt, bezieht Taifun aus Österreich und Frankreich | |
weiteres Soja. Etwa ein Zehntel kommt aus Kanada. | |
In Deutschland kommt lediglich eine Sojasorte zum Einsatz: die Sorte | |
„Primus“, die ursprünglich aus Kanada stammt. Das soll sich nun ändern. D… | |
neuen Sojasorten sollen in Zukunft auch in kälteren, trockeneren oder | |
höheren Regionen Deutschlands wachsen. Etwa tausend Züchtungen hat die | |
Universität Hohenheim dafür durch Kreuzungen hergestellt. Die sollen nun | |
ausprobiert werden. | |
Denn Soja stößt auch in Deutschland auf zunehmende Beliebtheit. Seit | |
einiger Zeit boomt deshalb auch die Produktion. 17.300 Hektar betrug die | |
Anbaufläche dieses Jahr, 2014 waren es noch 10.000 Hektar. Dagegen stehen | |
4,5 Millionen Tonnen Sojaimporte, vor allem aus Brasilien, China und den | |
USA, wo häufig gentechnisch verändertes Saatgut in Monokulturen zum Einsatz | |
kommt. Gegessen wird das Soja selten direkt. 90 Prozent gehen in die | |
Futtermittelproduktion für Kühe, Schweine und Geflügel. | |
## Die Ökobilanz von Soja ist gut | |
Da die Nachfrage für Tierfutter so hoch ist, werden Bauern auch auf lange | |
Sicht Soja importieren. Volker Hahn, der das Vorhaben für die Universität | |
Hohenheim betreut, ist trotzdem zuversichtlich: „Mit den neuen Sorten | |
können wir in Deutschland die Versorgung für die menschliche Ernährung | |
sicherstellen“, sagte er. Ohnehin kämen als Futtermittel oft andere Sorten | |
zum Einsatz, die aufgrund der Beschaffenheit und des Geschmacks nicht für | |
die Tofu-Produktion geeignet sind. | |
„Wenn wir am Schluss zwei bis drei Sorten nutzen können, ist das ein sehr | |
gutes Ergebnis“, sagte Hahn. Bei erfolgreicher Züchtung werden die Sorten | |
in einer Datenbank an der Universität Hohenheim eingetragen. ZüchterInnen | |
können dort gegen eine Gebühr das Saatgut erwerben – auch Taifun muss für | |
die Lizenz Geld zahlen. | |
Markus Wolter vom WWF begrüßt die Initiative, denn die Ökobilanz von Soja | |
sei gut. Im Gegensatz zu anderen Nutzpflanzen nimmt es Stickstoff direkt | |
aus der Luft auf und muss deshalb kaum gedüngt werden. Was die Ausweitung | |
der Produktion in Deutschland betrifft, ist er zuversichtlich. „Vor einigen | |
Jahrzehnten hat auch niemand daran geglaubt, dass wir Mais in ganz | |
Deutschland anbauen können“, sagte er. „Dank neuer Züchtungen hat das | |
geklappt.“ | |
Uneigennützig ist das Projekt von Taifun nicht. Neue Anbaugebiete in der | |
Nähe bedeuten weniger Transportkosten, mehr Tofu – und damit mehr Gewinne | |
für die Firma. „Klar, Taifun ist ein Unternehmen“, sagte auch Wolter. „A… | |
die Firma hat ein nachhaltiges Konzept.“ Angebote, die dazu führten, dass | |
VerbraucherInnen weniger Fleisch essen würden, seien daher ein Gewinn für | |
die Umwelt. | |
28 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Jonas Seufert | |
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