# taz.de -- Die Streitfrage: Glutenfrei und Spaß dabei | |
> Glutenfrei, laktosefrei, fruktosefrei. „Frei-von“-Produkte erobern den | |
> Lebensmittelmarkt. Sinnvoll, notwendig oder Marketingtrick? | |
Bild: Naschen geht: Am besten aber gluten-, fruktose- und laktosefrei. | |
[1][„Frei-von“-Produkte] sind heute in jedem Supermarkt zu finden. Von | |
glutenfreiem Brot über laktosefreie Milch bis hin zur fruktosefreier | |
Marmelade - alles gibt es. Selbst erdnussfreie Erdnussbutter ist zu haben. | |
Doch was hat es mit der „Frei-von“-Bewegung wirklich auf sich? Ist es ein | |
ausgeklügelter Marketingtrick der Industrie oder eine ernst zu nehmende und | |
längst notwendige Entwicklung für Menschen mit Unverträglichkeiten? | |
Ursula Hudson vom Verein „Slow Food Deutschland“ steht dem „Frei-von“-H… | |
skeptisch gegenüber. „Essen ist die normalste Sache der Welt“, sagt sie. | |
Doch viele Menschen könnten es sich als selbstbestimmte Handlung gar nicht | |
mehr vorstellen. Die Fülle des Angebots mache die überforderten Konsumenten | |
immer abhängiger von dem, was angeblich gerade als Trend vermarktet werde, | |
meint sie. Und „wenn die Industrie entdeckt, dass „frei von“ der | |
Wachstumssektor ist, dann muss es eben „frei von“ sein.“ | |
Auch Bianca Maurer, Ernährungsmanagerin der Deutschen Zöliakie | |
Gesellschaft, äußert sich kritisch. „Für gesunde Menschen bringt die | |
glutenfreie Ernährung keine gesundheitlichen Vorteile. Für | |
Zöliakiebetroffene, also Menschen, die an Gluten-Unverträglichkeit leiden, | |
ist sie dagegen lebensnotwendig. Daher sehen wir das unbegründete Werben | |
für glutenfreie Produkte kritisch.“, sagt sie. Selbst wenn dies zu einem | |
stärkeren öffentlichen Fokus führe, habe es zahlreiche Missverständnisse | |
und Nachteile zur Folge. | |
Ist der Hype um „Frei-von“-Produkte also kompletter Irrsinn? Brauchen wir | |
das gar nicht? Sind wir am Ende alle essverstört, weil wir uns ohne Grund | |
einschränken? | |
„Wir sind nicht alle essverstört! Nur lassen sich viele Menschen allzu gern | |
verleiten. Manche aus Neugier, weil sie etwas ändern wollen, andere weil | |
sie es sich einreden lassen.“, schreibt taz-Leser Jens Peter Schwitalla. | |
Ein Koch, mit dem er befreundet ist, flachse gerne darüber, dass ständig | |
Gäste kommen und meinen, dies und jenes nicht zu vertragen. Da hake sein | |
Freund dann gerne nach, ob es wirklich zu körperlichen Beschwerden führe | |
oder ob der Betreffende es einfach nur nicht möge. | |
Für Menschen mit Unverträglichkeit wie taz-Leserin Christiane Quandt ist es | |
hingegen gut, dass immer mehr glutenfreie Produkte auf den Markt kommen. | |
Doch ist sie genervt von den vielen Trend-Verzichtern. Als Betroffene einer | |
Zöliakie findet sie es „ätzend“, mit all jenen, die man als essverstört | |
bezeichnen könne, „in einen Topf geworfen zu werden.“ In ihrem Falle ist | |
falsche Ernährung eine echte Bedrohung: „Landet auch nur ein Brotkrümel auf | |
meinen Teller, geht es mir schlecht.“ | |
Die Leserin kritisiert außerdem, dass die Kennzeichnung von Nahrungsmitteln | |
mit allergenen Stoffen nicht ausreichend ist und „Frei-von“-Produkte viel | |
zu teuer sind: „Das erlebe ich als Diskriminierung!“ | |
In der [2][taz.am wochenende vom 1./2. August 2015] diskutieren über die | |
Frage „Sind wir alle essverstört?“, außerdem der Diplompsychologe Günter | |
Reich, die Geschäftsführerin des Beratungszentrums für Essstörungen Dick & | |
Dünn e.V. Martina Hartmann, der Vorstandsvorsitzende von McDonald‘s | |
Deutschland Holger Beeck und der Präsident des Bundesverbandes Deutscher | |
Ernährungsmediziner e.V. Johannes G. Wechsler. | |
31 Jul 2015 | |
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## AUTOREN | |
Kim von Ciriacy | |
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