# taz.de -- Pestizide in der Landwirtschaft: Ackergift soll teurer werden | |
> Forscher raten, Pestizide extra zu besteuern. Der Gebrauch von | |
> Chemikalien würde dadurch teuer und könnte in der Folge stark | |
> zurückgehen. | |
Bild: Lecker Apfel? Viele Verbraucher haben Angst vor Pestizidrückständen in … | |
BERLIN taz | Eine Steuer auf Pestizide würde Wissenschaftlern zufolge den | |
Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland um 35 Prozent senken. | |
Das zeigt ein [1][Gutachten], das Schleswig-Holsteins Agrarminister Robert | |
Habeck (Grüne) beim [2][Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung] in Auftrag | |
gegeben hat. Denn wenn die Bauern wegen der neuen Abgabe je nach Art der | |
Produkte im Durchschnitt bis zu 20 Prozent ihres jetzigen Gewinns pro | |
Hektar verlören, würden sie auf einen Teil der umstrittenen Chemikalien | |
verzichten. | |
Pestizide töten Unkräuter und Schädlinge, die die Ernte schmälern. Die | |
Chemikalien tragen aber auch zum Aussterben von Pflanzen- und Tierarten | |
bei. Im Grundwasser – der Hauptquelle für das Trinkwasser – seien | |
Rückstände „in relevantem Ausmaß“ zu finden, sagt Habeck. Zudem hätten | |
viele Verbraucher Angst vor Pestiziden in Nahrungsmitteln. | |
Zuletzt hatten Tumorforscher der Weltgesundheitsorganisation den | |
meistgenutzten Wirkstoff, Glyphosat, als [3][“wahrscheinlich | |
krebserregend“] eingestuft. Trotz der Probleme werden heute in Deutschland | |
laut Gutachten 37 Prozent mehr Pestizide verkauft als vor 20 Jahren. | |
Um diesen Trend umzukehren, empfehlen die Forscher, dass der Bund oder die | |
Länder die Menge eines Pestizids, die auf einem Hektar ausgebracht werden | |
darf, um mindestens 20 Euro verteuern. Dazu sollen Aufschläge kommen, die | |
für gefährlichere Mittel höher sind als für harmlosere Substanzen. So | |
würden Pestizide etwa mit strengeren Grenzwerten unattraktiver. | |
## Umweltfolgen reduzieren | |
Allein der Basissatz von 20 Euro würde den Preis der jeweiligen Chemikalie | |
den Helmholtz-Forschern zufolge im Median um mehr als 40 Prozent erhöhen, | |
bei häufig genutzten Mitteln sogar um über 50 Prozent. | |
Insgesamt könnte der Fiskus so jedes Jahr rund 1 Milliarde Euro zusätzlich | |
kassieren. Ein Teil des Geldes sollten die Zweige der Landwirtschaft mit | |
starkem Konkurrenzdruck aus dem Ausland bekommen, die wegen der Steuer | |
nicht mehr rentabel wären, raten die Wissenschaftler. Der Rest müsse zum | |
Beispiel Subventionen finanzieren, um die Umweltfolgen des | |
Pestizideinsatzes zu reduzieren – etwa für pflanzenschutzmittelfreie | |
Feldränder. | |
Die Millionen könnten auch in die Forschung zu nichtchemischen | |
Pflanzenschutzmethoden fließen. Zudem wollen die Gutachter, dass die Abgabe | |
die Aufbereitung von Wasser unterstützt, das mit Pestiziden belastet ist. | |
Bislang zahlen das vor allem die Wasserverbraucher. Der [4][Deutsche | |
Bauernverband] dagegen lehnte eine Steuer auf Pflanzenschutzmittel ab. „Sie | |
würde die Kosten erhöhen und die Wettbewerbssituation der deutschen | |
Landwirte verschlechtern“, sagte Pressesprecher Michael Lohse der taz. | |
Minister Habeck hält dagegen, die Einnahmen müssten in die hiesige | |
Agrarbranche zurückfließen. Der [5][Industrieverband Agrar], der | |
Pestizidhersteller vertritt, hält die Abgabe für überflüssig. Schon jetzt | |
seien Lebensmittel aus konventioneller Landwirtschaft nach den offiziellen | |
Rückstandsuntersuchungen „gesund und sicher“, argumentierte Sprecher Martin | |
May. | |
17 Sep 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.agrarheute.com/mediaarchiv/grab_pic_chris.php?id=643111 | |
[2] http://www.ufz.de/ | |
[3] /Studie-ueber-Pflanzenschutzmittel/!5015595/ | |
[4] http://www.bauernverband.de/ | |
[5] http://www.iva.de/ | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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