| # taz.de -- Neuer Empathie-Button für Facebook: Kein One-Klick-Hate-Inferno | |
| > Facebook arbeitet an einer Ergänzung zur Like-Funktion. Natürlich ohne | |
| > negative Bewertungen zuzulassen. Gefällt Ihnen nicht? Selbst schuld! | |
| Bild: Die neuen Empathie-Buttons bei Facebook: „Haha, du bist echt zum Schie�… | |
| Das Problem ist so alt wie bekannt: Die Welt ist nicht so einfach, dass ein | |
| blauer Daumen nach oben reicht, um einen Austausch über alle Menschliche, | |
| was auf Facebook geteilt wird, auszudrücken. Wie soll man sie mögen – Posts | |
| über den Krebstod eines geliebten Menschen, berührende Reportagen über | |
| Flüchtende, die auf Meeren ertrinken, Enthüllungen über Spionage und | |
| Korruption? | |
| Forscher wie Nutzer fordern seit Jahren immer wieder, das Spektrum der | |
| emotionalen Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern. Rufe, die umso lauter | |
| wurden, je akzeptierter Likes als soziale Währung unserer Zeit wurden. | |
| Nun zieht Facebook Konsequenzen. Dass es wichtig sei, den Leuten mehr | |
| Optionen als nur einen „Like“-Button zu geben, sagte Marc Zuckerberg am | |
| Dienstag bei einem Auftritt in Kalifornien – und dass Facebook gerade daran | |
| arbeite. Geplant ist jedoch kein wirklicher Gefällt-mir-nicht- | |
| beziehungsweise Dislike-Button. Facebook plane keine Option, mit der man | |
| Posts heruntervoten könne, sagte Zuckerberg. Und wusste zu berichten: Was | |
| die Leute wirklich wollten, sei ein Button, mit dem man Empathie ausdrücken | |
| könne. Einen Emo-Button. Eine Klickfläche, die viel Raum für | |
| Missverständnisse bietet. | |
| Doch selbst wenn es Facebook gelänge, Nutzer so zu führen, dass sie den | |
| Button eindeutig benutzten, würde Facebook damit nur die Frage lösen, wie | |
| man auf der Plattform anständig kondoliert, vor den eigentlichen | |
| Herausforderungen drückt sich das soziale Netzwerk mit diesem Knöpfchen | |
| aber weiter. Das zeigt zum Beispiel das Rumgeeiere beim Umgang mit | |
| fremdenfeindlichen Hasskommentaren auf Facebook in Deutschland: Auch mit | |
| Emo-Button würde jede Möglichkeit fehlen, jenseits von Repliken und Melden | |
| klare Ablehnung gegen derartige Posts auszudrücken. | |
| ## Niemand hat die Absicht, Werbetreibende zu dissen | |
| An einem tatsächlichen Dislike-Button hat Facebook einfach kein Interesse. | |
| Facebook ist ein börsennotiertes Unternehmen. Menschen vernetzen, sie mit | |
| Informationen zu versorgen und Buttons klicken zu lassen, hat den ganz | |
| banalen Zweck, sie möglichst gut kennenzulernen. Je besser Facebook seiner | |
| NutzerInnen kennt, desto wertvoller sind sie bei der Vermarktung. | |
| Ein viel diskutiertes Experiment, bei dem Facebook Newsfeeds von Nutzern | |
| frisierte, um ihre emotionale Beeinflussbarkeit zu untersuchen, zeigte 2014 | |
| einmal mehr: Facebook ist am Ende wurscht, was seine Nutzer wollen. | |
| Facebook will ihnen ins Hirn kriechen. Und mit den Erkenntnissen machen, | |
| was sie wollen. Die einzige rote Linie dabei: Nutzer nicht so weit | |
| verschrecken, dass sie die Schnauze voll haben und ihren Account löschen. | |
| Hinzu kommt: Natürlich will Facebook kein Umfeld schaffen, in dem Nutzer | |
| die Posts von Shell, Nestlé, Ashley Madison und anderen Werbetreibenden | |
| disliken können. Und: Auch bei Facebook weiß man gut, welche Schlachten | |
| digital um Themen wie Feminismus, Religion und Homorechte geschlagen | |
| werden. Kommentarkriege herrschen dazu längst. | |
| Diese mit einem potenziellen One-Klick-Hate-Inferno anzuheizen und damit | |
| alle zu verschrecken, denen die Flut der schnellen Ablehnung zu sehr | |
| zusetzt, widerspricht Facebooks Geschäftslogik ebenfalls. Anders als die | |
| Information, was seine Nutzer emotional betroffen macht. Denn auch das ist | |
| am Ende vermarktbar. | |
| ## Marktmacht bringt soziale Verantwortung | |
| Das Problem ist nur: Je stärker sich Gesellschaft, Medien, Wirtschaft und | |
| Behörden auf Facebook als Verbreitungskanal stützen – gerade auch in | |
| Ländern, in denen andere Wege zunehmend versperrt sind –, desto höher | |
| steigen die Anforderungen an eine Firma. Weil die Organisation sozialer | |
| Interaktionen so wichtig wie komplex ist. Wenn Gesellschaften gereckte | |
| Daumen als Stimmungsbild akzeptieren und als Beleg für Wichtig- oder | |
| Wurstigkeit, dann darf Facebook nicht nur einer rein ökonomischen | |
| Vermarktungslogik folgen. | |
| Aber alle Appelle, soziale Verantwortung zu übernehmen, werden an Facebook | |
| so lange abprallen, solange das soziale Netzwerk darin keinen Mehrwert | |
| erkennen kann. Gut ist das nicht. Wird aber von allen mitgekauft, die | |
| Facebooks Dienste nutzen. | |
| 16 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Meike Laaff | |
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